Köln – „Doppelt hält hoffentlich besser“, lautete der Kommentar von Andree Haack (48, CDU), nachdem ihn der Rat am Donnerstag zum zweiten Mal zum Stadtentwicklungsdezernenten berufen hatte. Um 15.56 Uhr war Haack mit den Stimmen von Grünen, CDU, Volt und SPD gewählt; Linke, FDP, AfD und Die Fraktion enthielten sich. Ein Déjà-vu für den Duisburger, der alles am 3. Februar schon mal erlebt hatte. Blumen gab es wieder frisch. Seine erste Wahl hatte die Bezirksregierung wegen Verfahrensmängeln beanstandet, die Stadt musste die Dezernentenstelle erneut ausschreiben (wir berichteten).
Er sei froh und erleichtert, dass er sich auch im zweiten Verfahren durchgesetzt habe, so Haack. „Was mich bestärkt hat, war die Reaktion der Bezirksregierung, dass nicht meine Qualifikation kritisiert wurde, sondern das Verfahren.“ Wann er in Köln anfängt, könne er noch nicht sagen. Obwohl seine erste Wahl geplatzt war, habe er seine Bewerbung nicht bereut, sagte Haack. In „diese großartige Stadt“ nach Köln zu wechseln, sei „eine große Chance“.
„Die Fraktion“ kündigte an, man behalte sich eine Beschwerde vor
Mit Beschluss vom 23. März 2021 hatten Grüne, CDU und Volt das Dezernat IX für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionale Zusammenarbeit neu geschaffen. Es zu besetzen, dauerte mehr als ein Jahr und klappte erst im dritten Anlauf, nachdem Niklas Kienitz (CDU), der im Juli 2021 zum Stadtentwicklungsdezernenten gewählt wurde, zurückgezogen hatte. Doch noch ist Haacks Berufung nicht in trockenen Tüchern. Die Bezirksregierung hat erneut vier Wochen Zeit, seine Wahl zu prüfen. „Die Fraktion“ kündigte an, man behalte sich eine Beschwerde vor. Sie hatte bereits im Februar bei der Bezirksregierung Kommunalaufsichtsbeschwerde gegen Haacks Wahl eingelegt. Sie kritisiert insbesondere, dass die Stadt bei der zweiten Ausschreibung eine kurze Bewerbungsfrist von nur zwei Wochen festgelegt hatte.
1124 neue Schulplätze an weiterführenden Schulen wurden in Köln in den letzten sechs Jahren geschaffen, erklärte Schuldezernent Robert Voigtsberger bei der Ratssitzung. In der aktuellen Stunde zum Chaos beim Schulanmeldeverfahren wies er darauf hin, dass in diesem Jahr zwei neue Gymnasien an den Start gegangen sind. „Doch so leid es mir tut, es reicht nicht aus.“ Obwohl zwar alle Kinder einen Schulplatz an einem Gymnasium bekommen haben, ist für einige Kinder auch jetzt noch nicht klar, an welche Schule sie ab dem Sommer gehen werden. In der aktuellen Stunde wiesen sich die Fraktionen gegenseitig die Schuld zu. Begonnen bei Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen: „Herr Voigtsberger bitte lenken Sie nicht wieder ab, das haben Sie bereits in den letzten Schulausschüssen getan. Ihr Haus ist dafür verantwortlich, dass das Anmeldeverfahren so geändert wurde, dass es in einem Fiasko endet.“
Voigtsbergers Parole „Schulbau first“, die er auch gestern wiederholte, entgegnete sie „Kinder zuerst“. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernd Petelkau sagte: „Wir sind uns einig, dass das diesjährige Schulplatzvergabeverfahren eine Katastrophe war.“ Auch wenn das Schulanmeldeverfahren nicht durch die Kommunen, sondern nur durch das Land geändert werden kann, wies er darauf hin, dass trotzdem keine andere Kommune in NRW derartige Probleme habe wie Köln.
6 schrieb Oliver Seeck von der SPD den Parteien CDU, Grüne und Volt ins Zeugnis. Man habe nichts gelernt und nichts geändert. „Wir wissen also genau, was im nächsten Jahr auf die Kinder zukommt.“ Klar ist dennoch für alle: Das Schulanmeldeverfahren muss geändert werden. Voigtsberger und FDP sehen schon eine Verbesserung durch eine Digitalisierung. Eine Lösung ist aber noch in weiter Ferne. (khe)
Ungemach könnte aber auch von unterlegenen Bewerbern drohen. Nach Haacks erneuter Wahl bekommen sie jetzt die formalen Absagen der Stadt zugestellt. Sollten sie Einspruch erheben wollen, haben sie dafür 14 Tage Zeit. Nach Rundschau-Informationen hat sich bereits eine Person aus dem Bewerberkreis über ein Anwaltsbüro bei Oberbürgermeisterin Henriette Reker beschwert und massive Kritik am Verfahren geäußert. In dem Schreiben an die OB ist von einer „Parteibuchbesetzung“ die Rede (das Vorschlagsrecht für Dezernat IX lag bei der CDU).
Dass die Leistungsbewertung der unterlegenen Bewerbung deutlich schlechter ausgefallen sei als die von Haack, beruhe auf „falschen Tatsachenbehauptungen“, man betrachte das als „Verleumdung“. Aus den Verfahrensfehlern ergebe sich, dass die unterlegene Person „eine erneute Entscheidung über ihre Bewerbung beanspruchen kann“. OB-Sprecher Alexander Vogel sagte auf Anfrage, die OB habe dem Rat mitgeteilt, eine Person sei mit dem Ergebnis des Verfahrens nicht einverstanden. Sollte sie Einspruch einlegen, habe das für Haacks Ernennung aufschiebende Wirkung, bis ein Gericht darüber entschieden habe.
Droht beim Dezernat IX also eine erneute Blamage für die Stadt? Man darf gespannt sein.