- Der Brüsseler Platz und der Stadtgarten sind auch in der Corona-Krise an lauen Sommerabenden beliebte Treffpunkte.
- Abstands-Regeln werden hier so gut wie gar nicht eingehalten.
- Grüne und Gastronomen haben deshalb vorgeschlagen, ein Stück der Vogelsanger Straße zu sperren, um eine Alternative zu bieten. Aber kann das funktionieren?
Köln – Lösen gesperrte Straßen das Problem der überfüllten Kölner Plätze, auf denen die Menschen an lauen Sommerabenden sich treffen und teils die Abstandsregeln während der Corona-Pandemie missachten? Eine Straße samt Biergarten als Treffpunkt für Menschen statt Verkehrsader für Autos?Der Innenstadt-Verband der Grünen fordert jetzt, ein 270-Meter-Stück der Vogelsanger Straße ab 19 Uhr für Autos zu sperren, vor allem am Wochenende. Sie soll eine Alternative zum Stadtgarten und dem Brüsseler Platz sein, beide Party-Treffpunkte liegen ganz in der Nähe im Belgischen Viertel.
Wegen der vielen Verstöße gegen die Abstandsregeln hatte das Ordnungsamt im Mai den Brüsseler Platz und den Rheinboulevard geräumt, am vorigen Wochenende folgten Stadtgarten und Schaafenstraße. Das Problem verlagert sich also. Martin Herrndorf von den Grünen sagt: „Wir brauchen eine Strategie, wo die Menschen sich treffen können.“ Herrndorf fordert ein vorausschauendes Handeln, es soll laut den Grünen nicht nur bei der Vogelsanger Straße bleiben.
Biergarten für 450 Gäste beantragt
Nur: Reicht es dafür, eine Straße zu sperren oder kommen die Menschen sich dann nicht einfach dort zu nah? Letzteres will die Interessengemeinschaft Gastro (IG) verhindern, sie hat einen Antrag an die Stadtverwaltung gestellt, auf der Straße einen Biergarten für 450 Menschen einzurichten. Vorstandsmitglied Daniel Rabe sagt: „Wir könnten die Hotspots ein bisschen entzerren. Die Leute müssen irgendwohin, und dort muss es gesittet ablaufen. Das können wir gewährleisten.“ Die Logik dahinter: Mehr Angebote, mehr Platz und weniger Verstöße gegen die Corona-Abstandsregeln.
Rabe und Co. haben auch den Kölner Stadtrat angeschrieben, viel Vorlauf benötigen sie laut eigener Aussage nicht. „Das könnten wir in wenigen Tagen hinbekommen, wir brauchen aber die Rückendeckung der Stadt.“ Damit meint Rabe auch die Strom- und Wasserversorgung. Laut seiner Aussage habe Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) die IG Gastro zuletzt bei einem Treffen zu dem Antrag ermuntert, die Stadt ließt am Mittwoch eine kurzfristige Anfrage der Rundschau unbeantwortet.
Wohin mit den Menschen?
Es ist eine der Fragen dieser Pandemie: Wohin mit den Menschen, die sich im Sommer am Abend treffen? Und daran anschließend: Sperrt die Stadt nach und nach die Plätze und sorgt möglicherweise so dafür, dass die Menschen einfach zum nächsten Platz weiterziehen? Oder schafft sie Alternativen? Oder lässt sie es laufen und kontrolliert mit harter Hand? Bislang reagierte die Stadt je nach Bedarf, vorige Woche hatte Stadtdirektor Stephan Keller gesagt: „Wir werden aber nicht generell Plätze sperren, sondern das je nach Lage entscheiden.“
Doch der Brüsseler Platz ist seit Ende Mai mit einem Verweilverbot belegt, der Aufenthalt auf der Fläche verboten. Am Stadtgarten ist vor allem das Mäuerchen zur Venloer Straße beliebt, um dort ein bisschen zu quatschen. Das bestätigte Innenstadt-Bürgermeister Andreas Hupke: „Der von uns befürchtete Verdrängungseffekt ist durch das Verweilverbot am Brüsseler Platz eingetreten und hat das nächtliche Treiben unter anderem auf die Mauer im Stadtgarten verlagert.“
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Zuletzt hatte Reker auch den Ebertplatz als Ausweichort genannt, doch Kölns Krisenplatz hat seit Jahren ein Dealer-Problem. Das hat sich zwar etwas gebessert, weil dort mehr Polizei-Kontrolle stattfindet und ein Gastro-Container für Belebung sorgt. Aber weiterhin gilt: Der Platz ist mehr ein Kessel im Verkehrslärm als ein heimeliger Treffpunkt mit Quartiersatmosphäre wie beispielsweise der Brüsseler Platz.
Die Einnahmen will die IG Gastro laut Rabe nicht selbst behalten. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder teilen sich die Betriebe sie, die den Biergarten bewirtschaften. In diesem Fall sollten es besonders von der Coronakrise betroffene Gastronomen sein. Oder die IG verteilt das Geld unter ihren Mitgliedern.