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Rosenmontag in KölnWas unsere Leser über den „Jesus liebt Dich“-Wagen denken

Lesezeit 5 Minuten
Der Persiflagewagen zum Thema Missbrauch in der Kirche für den Rosenmontagszug spaltet.

Der Persiflagewagen zum Thema Missbrauch in der Kirche für den Rosenmontagszug spaltet.

Zu dem Persiflagewagen des Festkomitees für den Rosenmontagszug zum Thema Missbrauch in der Kirche, hat uns eine Vielzahl an Leserbriefen erreicht.

Ja, an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten ist der Missbrauch an Kindern in unserer Gesellschaft! Hier ist nichts zu relativieren. Wir müssen alles tun in Prävention und Intervention, dass diesem schrecklichen Leid der Kinder Einhalt geboten wird! Dass der Rosenmontagszug dieses Thema erneut aufgreift, mag man verstehen. Aber: Der Geschmacklosigkeit jeden Missbrauchs sollten wir nicht mit der Geschmacklosigkeit eines Mottowagens begegnen! Dass die Aussage „Jesus liebt dich“ mit verbrecherischem Handeln in Zusammenhang gebracht wird, ist nicht akzeptabel.

Solche Darstellungen unter der Gürtellinie helfen nicht den Betroffenen sondern lähmen die Kraft derer, die sich für notwendige Korrekturen einsetzen!

Gerd Bachner, ehemaliger Dompropst


Zugleiter Marc Michelske hat sich wie folgt äußert: „Wir sind in den letzten Tagen von vielen Seiten mit großer Betroffenheit auf diesen Motivwagen angesprochen worden“. Das ist gut so. Aber hat Herr Michelske sich wirklich einmal in die tatsächlich Betroffenen hinein versetzt? Wie sehr diese Menschen gelitten haben und sich nun in einer Persiflage wiederfinden? Aufarbeitung der verbrecherischen Taten – ja. Aber doch bitte nicht so! Und darüber hinaus, hat er sich wirklich Gedanken gemacht, wie sehr dies den sich um Aufklärung Bemühenden schadet? Christliche Mitmenschen, die ehrlich versuchen, diese Verbrechen in Zukunft zu verhindern? Meine Bitte in dieser uns schon sehr belastenden Zeit an Herrn Michelske: Verhindern Sie, dass dieser Wagen im Rosenmontagszug mitfährt. Damit helfen Sie den Betroffenen mehr, als mit einer weiteren – gegebenenfalls auch nationalen – Berichterstattung.

Dr. med. Beate Haas-Raßfeld, Bergisch Gladbach


Ich schließe mich dem Protest vieler Kölner gegen diesen Wagen an. Er ist nicht nur geschmacklos, sondern verletzt die religiösen Gefühle vieler Gläubigen. Mein Protest richtet sich nicht gegen die Meinungsfreiheit, sondern gegen das Festkomitee und die Zugleitung, die solch eine Entgleisung durchwinken. Da leisten sich Karnevalsgesellschaften einen Regimentspfarrer und veranstalten Messen im Dom und verhöhnen dann Gott und die katholische Kirche. Pfui!

Konrad Adenauer, Köln


Ich bin der Meinung, es gibt schlimmeres als diesen Wagen. Ja, der Missbrauch in der Kirche war sehr verabscheuungswürdig. Die Persiflage kommt etwas zu spät. Es ist die Zeit des Narrenspiegels, der Spiegel wird vorgehalten, auch der Kirche. Es ist ein Tag, Rosenmontag, danach ist alles vorbei. Das kann man gut aushalten,desto mehr Aufhebens gemacht wird, umso interessanter wird das Ganze. Missbrauch in der Kirche, gedeckt von der Obrigkeit, hat es gegeben.

Kordula Meixner, Köln


Der Persiflage-Wagen zum Thema Missbrauch ist meiner Meinung nach nicht an der Schmerzgrenze, sondern überschreitet sie ganz deutlich. Das Problem dabei ist gar nicht der Wagen selbst, sondern die Aufschrift „Jesus liebt Dich“. Das Thema Missbrauch gehört völlig zu Recht in die Öffentlichkeit, aber dann bitte auch mit denen, die sich schuldig gemacht haben. Es sind Priester und Vorgesetzte, mit anderen Worten Menschen. Es ist auch nicht, wie immer so schön betont wird „Die Kirche“. Nein es sind Menschen, so wie in allen Gesellschaftsschichten, in Sportvereinen, Schulen und Familien, die sich an Schutzbefohlenen vergehen. Ich habe im Übrigen noch nie derartige Darstellungen von Sportvereinen gesehen, wo das Thema ebenso an der Tagesordnung ist. Jesus hat damit aber auch rein gar nichts zu tun. Den Kern und Leitsatz des christlichen Glaubens derart zu verunglimpfen ist Blasphemie und verletzt die Gefühle sehr vieler Menschen. Immerhin würde sich knapp die Hälfte unserer Bevölkerung als christlich bezeichnen, ob nun Mitglied einer Kirche oder nicht. Diese Darstellung ist respektlos und verkehrt. Ich kann Herrn Ingo Schmitz nur ausdrücklich zustimmen, der Missbrauch darf nicht mit dem Christentum gleich gesetzt werden. Auch die ehemaligen OB der Stadt Köln haben völlig zu Recht beim Zugleiter und den Verantwortlichen gegen diese Darstellung protestiert. Die einzig richtige Reaktion! Ich mag mir den Aufschrei gar nicht vorstellen, wenn man so etwas mit anderen Religionen machen würde.

Der Satz „Jesus liebt Dich“ ist der Grundstein unseres Glaubens, den hunderte Ehrenamtler, Eltern und Lehrer unseren Kindern und Jugendlichen mit auf ihrem Weg ins Leben geben. In der Kommunionvorbereitung, bei der Firmung und Taufe. Als Stütze, Stärkung und Zuflucht. Diese Kinder stehen auch am Straßenrand und sehen diesen Wagen. Wie sollen sie so etwas einordnen? Unsere Messdiener engagieren sich in der Jugendarbeit, in Ferienfreizeiten und bieten so Treffpunkte für Kinder, die in unserer Gesellschaft fehlen und so wichtig sind. Da gibt es ein großes soziales Engagement. Wie fühlen sich all diese aktiven Menschen bei so einer Persiflage? Diese Darstellung des Messdieners wird Kindern nur die Botschaft vermitteln, da lieber nicht mitzumachen. Ja, man soll durchaus den Finger in die Wunde legen, aber bitte differenziert und bei den Richtigen!

Doris Pinsch-Jakovlev, Bedburg


Der Motivwagen„Jesus liebt Dich“ ist eine reine Blasphemie. Es ist mir unverständlich, warum dieser Wagen in der Form erlaubt ist. Jesus wird als „Kinderschänder“ dargestellt. Unglaublich. Man hätte zum Beispiel sagen können, „Papa Pastor“ liebt Dich oder Ähnliches. Für das Fehlverhalten seines „Bodenpersonals“ kann Jesus nichts. Hoffentlich wird dieser Wagen mit faulen Eiern beworfen.

Ingrid Le-Kim, Köln


Das Motiv erfasst die Strategien kirchlicher Täter sehr präzise. Aus unserer Arbeit mit Betroffenen sexualisierter Gewalt wissen wir, dass sie den Glauben von Kindern und Jugendlichen ausgenutzt haben, um sie sich gefügig zu machen. Missbrauchsgutachten belegen, dass gerade der Beichtstuhl ein bevorzugter Tatort war. Das Spiel mit Schuld und Scham war nicht nur in der Vergangenheit ein beliebtes Tatanbahnungsmuster.Der Vorwurf, hier werde Jesus selbst verunglimpft, ist abwegig, ein durchsichtiges Manöver, um von der Schuld der Täter und dem kirchlichen Schutz für ihre Perversion der christlichen Botschaft abzulenken. Nur wenn die Ursachen von Missbrauch und begünstigende Strukturen bekämpft werden, können Präventionsmaßnahmen greifen und Kinder und Jugendliche zukünftig vor sexualisierter Gewalt geschützt werden.

Maria Mesrian, Umsteuern, Robin Sisterhood e.V.