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Interview

Neuer Zugleiter Marc Michelske
„Wir müssen die Kosten nachhaltig in den Griff bekommen“

Lesezeit 5 Minuten
Marc Michelske steuert auf seinen ersten Rosenmontagszug als Zugleiter zu.

Marc Michelske steuert auf seinen ersten Rosenmontagszug als Zugleiter zu.

Marc Michelske steht als neuer Zugleiter des Rosenmontagszuges vor vielfältigen Herausforderungen.

Den Wunsch „einmol Prinz zo sin“ hat Marc Michelske sich bereits 2019 erfüllt. Nun tritt er ein weiteres wichtiges Amt an: Der Kölner ist seit dieser Session der Zugleiter des Rosenmontagszugs. Wie er mit gestiegenen Kosten und den Wahlen nur rund eine Woche vor dem Zug umgeht, erklärt er im Interview.

Die Position des Zugleiters gilt als sehr kreatives Ehrenamt. Wie haben Sie Ihre Kreativität bisher ausgelebt?

Bislang bezog sich meine Kreativität auf die Planung von Veranstaltungen. Für gute Zeichnungen von Motivwagen für den Rosenmontagszug fehlt mir absolut das Talent, aber ich habe viele Ideen und ein kreatives Verständnis.

Kunst war in der Schule also nie Ihr Lieblingsfach.

Ich sage mal so: Den Lehrerinnen und Lehrern dieses Fachs habe ich mit meiner Anwesenheit keinen Gefallen getan. Aber mein neues Ehrenamt verändert die Wahrnehmung von Nachrichten, ich versuche mich thematisch breit aufzustellen und ein Verständnis für Persiflage und Karikaturen zu entwickeln.

Vorstand und Geschäftsführung haben ein Budget aufgestellt, das ich gerne unterschreiten würde, um wieder einen finanziellen Puffer aufbauen zu können.
Marc Michelske, Zugleiter

Wie zeitintensiv ist dieses Ehrenamt?

Ich wäre gerne häufiger in der Wagenbauhalle, aber dieser Teil des Jobs ist eher die Kür. Aber die Wagenbauer verstehen ihr Handwerk, und bei der Entwurfsplanung im Team der „Kritzelköpp“ bin ich vollständig involviert und entscheide, welche Entwürfe umgesetzt werden.

Das Festkomitee befindet sich in einer finanziell angespannten Situation, die auch durch die Teuerungen rund um den Rosenmontagszug verursacht worden ist.

Vorstand und Geschäftsführung haben ein Budget aufgestellt, das ich gerne unterschreiten würde, um wieder einen finanziellen Puffer aufbauen zu können. Momentan müssen wir auch unliebsame Entscheidungen treffen, was die Beauftragung von Firmen betrifft. Und manche Vereine trifft auch die Erhöhung der Zuggebühr von 22 auf 44 Euro pro Teilnehmer hart. Aber diese Entscheidung mussten wir treffen. Einfach ist es nicht, weil es auch Härte erfordert. Ich gehe momentan auch davon aus, dass sich die Situation bis zum kommenden Jahr nicht grundlegend ändern wird. Die Kosten hatten zuletzt knapp drei Millionen Euro erreicht, das werden wir reduzieren.

Beim Wurfmaterial ließen sich sparen, denn diese Kosten kommen für alle Teilnehmende noch dazu.

Meist bewegen sich die Kosten zwischen 400 und 500 Euro. Viele Vereine legen auch eine Mindestabnahme von Wurfmaterial fest, damit niemand einfach nur winkend durch den Zug läuft. Aber im Rahmen der Nachhaltigkeit und des Kostenbewusstseins versuchen wir ein Umdenken zu erreichen. Denn es bringt nichts, tonnenweise Süßigkeiten zu werfen und die Hälfte bleibt liegen. Aber hier haben die Vereine schon selbst reagiert, um allen Mitgliedern die Teilnahme am Zug zu ermöglichen.

Werbung im Zug war immer tabu. Wird es dabei bleiben?

Dabei wird es bleiben. Der Rosenmontagszug ist eine Brauchtumsveranstaltung, die Bürgerinnen und Bürger sollen das Fest genießen.

Sie haben sich bislang um die Finanzen des Festkomitees gekümmert. Ist es Zufall, dass Sie in dieser Situation Zugleiter geworden sind?

Der Festkomitee-Präsident hat gefragt, ob ich mir dieses Ehrenamt vorstellen kann. Ich habe dies mit meiner Familie besprochen und dann zugesagt, und zwar nicht nur für ein Jahr, sondern längerfristig. Bislang war ich als Schatzmeister auch für Museum und Archiv verantwortlich, inhaltlich ist das eine gute Grundlage für das Ehrenamt des Zugleiters.

Aber das Minus ist zuletzt zu groß geworden, was an den massiv gestiegenen Kosten liegt.
Marc Michelske

Als Rechtsanwalt sind Sie auf Verkehrsrecht spezialisiert. Um im Bild zu bleiben: Ist die finanzielle Situation des Festkomitees, ein Kratzer, ein Blechschaden oder doch mehr?

Das ist schon mehr. Im Ehrenamt bedeutet eine schwarze Null schon einen Gewinn, denn wir wollen ja möglichst vielen Menschen Freude bereiten. Aber das Minus ist zuletzt zu groß geworden, was an den massiv gestiegenen Kosten liegt. Deshalb müssen wir die Kosten nachhaltig in den Griff bekommen. Es geht aber auch darum, dass wir als Veranstalter den Zugweg absichern und nicht auch noch andere Bereiche. Die Vollkasko-Absicherung, die bislang von der Stadt verlangt wurde, können wir nicht mehr leisten. Es sieht so aus, als sei die Stadt bereit, dieses Jahr wieder mehr Aufgaben selbst zu übernehmen. Nur so kann es funktionieren.

Der Sicherheitsaspekt hat in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Ist der Rosenmontagszug überbehütet?

Wir wollen keine Sicherheitsstandards aufweichen und sagen: Wird schon gutgehen. Mit diesem Anspruch ist niemand unterwegs. Aber es ist eine Überlegung wert, ob am Zugweg Intensivbetten und Ärzte bereitstehen müssen. Das ist in meinen Augen Daseinsvorsorge und damit nicht die Aufgabe des Veranstalters.

Neuer Zugleiter: Zwei kurzfristige Wagen nach der Bundestagswahl

Gespart wird unter anderem bei den Persiflagewagen. Statt 25 Wagen sollen 19 gebaut werden. Ein Problem?

Dennoch wollen wir viele gesellschaftsrelevante Themen aufgreifen. Viele Themen sind sehr ernst, da möchte ich nicht mehr von Persiflage sprechen. Aber wir werden uns mit den Tätern befassen. Dennoch haben wir Prioritäten gesetzt, die Gewichtung der Themen haben wir meiner Meinung nach gut hinbekommen. Für die Abbildung der Bundestagswahl werden wir zwei Wagen sehr kurzfristig bauen.

Müssen beim Rosenmontagszug 12.500 Menschen durch die Stadt laufen? Oder geht es auch etwas kleiner?

Es ist vor einiger Zeit ein Teilnehmerschlüssel ausgearbeitet worden, wo transparent festgelegt wird, welcher Verein mit wie vielen Menschen mitgehen darf. Der gilt für fünf Jahre, dann können Anpassungen vorgenommen werden. Es gibt immer mehr Vereine, die dem Festkomitee angeschlossen sind, wir müssen also überlegen, wie wir einen guten Wechsel hinbekommen. Denn wir wollen keinen Zug, der jedes Jahr gleich aussieht.

Wie lange wird es noch Pferde im Rosenmontagszug geben?

Dieses Jahr werden wieder Pferde dabei sein. Ich sehe mich momentan nicht in der Position, die Pferde im Zug abzuschaffen, denn vom Veterinäramt haben wir die Genehmigung, die Tiere mitzunehmen. Die Vereine haben glaube ich ein gutes Gespür dafür, ob das gesellschaftlich tragbar ist. Die Richtlinien werden gemeinsam mit dem Veterinäramt nachgeschärft. Als Dachverband sind wir für unsere Vereine da und solange dort der Wunsch besteht, Pferde mitzunehmen, werde ich das nicht ändern, solange das juristisch einwandfrei ist.

Wie wollen Sie den Rosenmontagszug entwickeln?

Es geht mir um Kreativität und Farbenvielfalt. Das Hauptanliegen ist es, den Menschen am Zugweg einen wunderschönen Tag zu bereiten. Sie sollen nach Hause gehen und sagen: das war ein tolles Erlebnis.