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VolksbühneWie Willy Millowitsch an die Aachener Straße zurückkehrt

Lesezeit 4 Minuten
Henning Krautmacher mit Susanne Pätzold (M.) und Annette Frier

Henning Krautmacher mit Susanne Pätzold (M.) und Annette Frier

Das Gesicht des früheren Volkstheaters wird mit einem eigenen Stück gewürdigt.

Es war der 4. Mai 1945, also noch vor der endgültigen Kapitulation Deutschlands, die den Zweiten Weltkrieg beendete, als ein Gespräch stattfand, das Geschichte schreiben sollte. „Ich will, dass Sie so bald wie möglich wieder Theater spielen! Die Leute sollen wieder wat zu lachen haben“, gab der wiedereingesetzte Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer dem jungen Theaterleiter Wilhelm Peter Millowitsch mit auf den Weg. Um die erforderlichen Genehmigungen bei den Ämtern solle sich Willy, so sein Rufname, keine Gedanken machen – da habe er, Adenauer, schon alles Erforderliche in die Wege geleitet. Ach ja – und wenn dann die erste Premiere stattfinde, hätte er gerne zwei Freikarten.

„Was heute kaum noch jemand weiß, ist dass der junge Millowitsch damit auch ein großes Risiko einging“, sagt Nina Gühlstorff. „Er selbst war damals ein Nobody. Anders als sein Vater Peter, der den Kölnern in seiner Paraderolle als ‚Tünnes‘ noch lebhaft im Gedächtnis war:“ Doch die Rechnung ging auf: Im Oktober 1945 feierte „Das Glücksmädel“ Premiere, war auf Anhieb ein großer Erfolg, wurde in den Folgemonaten täglich gespielt und markierte den Beginn einer Legende.

80 Jahre nach der ersten Premiere widmet sich ein ambitioniertes Theaterprojekt Willy Millowitsch und seinen Anfängen. Titel: „Millowitsch – Endlich wieder lachen“. Spielort ist die Volksbühne am Rudolfplatz. In deren Räumen an der Aachener Straße 5 befand sich von 1936 bis 2015 das Millowitsch-Theater. Zu sehen sein wird eine Neufassung besagten „Glücksmädels“, die durchsetzt ist mit dokumentarischen Szenen aus dem Leben Willy Millowitschs. Vieles davon entsteht aus Improvisationen im Probenprozess.

Henning Krautmacher spielt Adenauer und Gott

Regisseurin Gühlstorff gelang es, ein illustres Ensemble um sich zu versammeln. Allen voran Annette Frier, die – Überraschung – die Titelrolle spielt. „Ich wollte die Rollen nicht nach Geschlecht besetzen, sondern nach dem Kern der jeweiligen Persönlichkeit“, begründet Gühlstorff die ungewöhnliche Herangehensweise. „Willy Millowitsch hatte dieses Gespür für das Publikum. Das hat Annette auch.“ Ebenfalls dabei ist Susanne Pätzold. Die extrem wandelbare Schauspielerin, die unter anderem durch das Format „Switch Reloaded“ bekannt wurde, übernimmt mehrere Rollen im Stück, darunter Peter Millowitsch. „Also den Sohn von Annette Frier“, lacht sie. Dass er auf der Bühne nicht nur singen kann, wird der Ex-„Höhner“-Frontmann Henning Krautmacher in einer Doppelrolle beweisen – als Adenauer und als Gott. „Also eigentlich spielt er sich selbst“, witzelt die Regisseurin. „Hauptsache, der Bart bleibt dran“, kontert Krautmacher in Anspielung auf sein zwischenzeitlich verschwundenes Markenzeichen.

Ebenfalls dabei ist Nicole Kersten. Sie spielt Elsa Scholten, die Millowitsch in den Nachkriegsjahren eine kongeniale Bühnenpartnerin war. Last but not least sind Laurenz Leky und René Michaelsen beteiligt, die neben Bühnenerfahrung auch viel Kompetenz beisteuern können, wenn es um kölsche Legenden geht. In ihrem gegenübergelegenen Theater im Bauturm brachten sie bereits sehr erfolgreich Stücke über den Affen Petermann und die Volksschauspielerin Trude Herr auf die Bühne.

Einzig Gühlstorff ist keine Kölnerin, sondern „ne Immi“ aus Norddeutschland. Das sieht sie aber eher als Vorteil, denn es erlaubt ihr, bei aller Begeisterung, auch eine professionelle Distanz. „Man stelle sich vor, eine Kölner Regisseurin macht ein Stück über Willy Millowitsch“, sagt sie lachend. „Das würde doch mindestens eine Wochenend-Trilogie.“

Termine

Vom 27. September bis 12. Oktober finden insgesamt zwölf Spieltermine statt. Infos und Tickets (ab 19 Euro) unter volksbuehne-rudolfplatz.de

Zur Person

Geboren wurde Wilhelm Peter „Willy“ Millowitsch am 8. Januar 1909 in Köln in eine Schauspielerfamilie. Mit 13 Jahren verließ er die Schule, um der Familientradition zu folgen. 1936 mieteten die Millowitschs das Theater an der Aachener Straße, das bis 2015 ihren Familiennamen tragen sollte. 1940 übernahm Willy Millowitsch die Leitung des Hauses von seinem Vater Peter.

Nach der Wiedereröffnung 1945 begann der Siegeszug des Millowitsch-Theaters, wozu auch die seit 1953 stattfindenden Fernsehübertragungen beitrugen, die die Bühne und das Ensemble auch überregional bekannt machten. Mit seiner zweiten Frau Gerda hatte Millowitsch vier Kinder, darunter Mariele und Peter, dem er 1998 die Theaterleitung übertrug. Willy Millowitsch starb am 20. September 1999. (dab)