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Rat der Stadt Köln„Wir befinden uns im Krieg“

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KR Windrad und Hochspannungsmast Symbolbild

Auch die Strompreise werden in Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine weiter steigen. Der Kölner Stadtrat will mit Beratungsangeboten für Verbraucher dagegenhalten.

Köln – Das Thema Energieknappheit und die bange Frage, ob im Winter kalte Wohnungen drohen und wie man die enorm steigenden Kosten für Heizung und Strom bezahlen soll, brennen derzeit vielen auf den Nägeln – da macht der Stadtrat keine Ausnahme. In einer ausführlichen Debatte legten die Fraktionen gestern ihre Positionen dar. „Wir befinden uns im Krieg. In der Ukraine werden auch unsere Freiheit und unsere Werte verteidigt“, betonte Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin . So viel Energie zu sparen wie möglich, sei jetzt das Gebot der Stunde. Damit schlage man „drei Fliegen mit einer Klappe: Wir wirken dem Energiemangel entgegen, wir schonen unseren Geldbeutel und wir schützen das Klima.“

Die Stadt habe bereits Einsparungen auf den Weg gebracht, nun wolle man 500 000 Euro bereitstellen, um Beratungsstellen für Verbraucher im Bereich Energie- und Schuldenberatung kurzfristig zu stärken, erläuterte Martin den Antrag des Ratsbündnisses, der mit großer Mehrheit beschlossen wurde. „Nicht mehr und nicht weniger sollten wir auf kommunaler Ebene tun“, sagte die Grüne.

Schweigeminute

Als die Nachricht vom Tod der britischen Königin Elizabeth II. gegen 19.35 Uhr den Ratssaal erreichte, bat Oberbürgermeisterin Henriette Reker alle Ratsmitglieder, sich „im Gedenken an die Königin und in Gedanken an unsere Freundinnen und Freunde im Vereinigten Königreich, besonders in unserer Partnerstadt Liverpool“ zu einer Schweigeminute zu erheben. Danach sprach sie im Namen der Stadt der Familie ihr Beileid aus: „Die Königin wird uns allen immer als großartiges Vorbild, kluges Staatsoberhaupt und starke Frau in Erinnerung bleiben.“ (fu)

Die Einführung einer Übergewinnsteuer auf Profite von Energiekonzernen, wie sie die Fraktion der Linken forderte, sei hingegen Sache des Bundes, deshalb lehne man diesen Antrag wegen Nichtzuständigkeit ab.

Menschen vor Not bewahren durch Beratung

Es gehe darum, Menschen zu beraten, die bisher nicht auf soziale Hilfen angewiesen sind, und sie so beraten, dass sie nicht in Not geraten, erklärte Ursula Gärtner (CDU). „Unser finanzieller Spielraum ist beschränkt“, sagte Christian Achtelik (Volt). Trotzdem wolle man einen Beitrag leisten, dass die Kölner im Winter nicht in kalten Wohnungen sitzen müssten.

SPD-Fraktionschef Christian Joisten sagte, mit einer Armutsquote von 18 Prozent liege Köln über dem Bundesschnitt von 16 Prozent. Hilfe müsse „bei denjenigen ankommen, die sie am dringendsten brauchen“. Dem Bündnis aus Grünen, CDU und Volt warf er vor, vor drei Wochen habe es einen Vorschlag von SPD und Linken für einen Energie-Hilfsfonds von einer Million Euro als nicht finanzierbar abgelehnt und komme jetzt mit 500 000 Euro für Beratung um die Ecke. „Ganz reale Hilfen mit Geld“ seien jetzt das Wichtigste für die Menschen, so Joisten.

Großprojekte

91 Millionen Euro hat die Stadt Köln im August für die Sanierung des Römisch-Germanischen Museums veranschlagt. Die SPD hat daraufhin in der Ratssitzung ein Untersuchungsgremium beantragt, das „Planung, Durchführung und Finanzierung von Kölner Großprojekten auf systemische und strukturelle Fehler untersucht“. Lino Hammer (Grüne) kritisierte, dass die SPD damit versuche, ein zu großes Geschütz aufzufahren, das es nur im Land- und Bundestag gebe. „Es mangelt nicht an den Erkenntnissen. Wir brauchen keine externen Experten.“ Mit dem Rechnungsprüfungsausschuss sei ein solches Gremium vorhanden. „Die Gemeindeordnung sieht ein solches Gremium gar nicht vor“, betonte zudem Bernd Petelkau (CDU).

Oberbürgermeisterin Henriette Reker erklärte: „Ich schlage vor, dass die Liste zum Stand unserer Bauvorhaben erstmal vorgelegt wird und wir dann einen Weg finden, mit den Ergebnissen umzugehen.“ Die Ratsmehrheit lehnte den Antrag ab. (rom)

Es drohe „eine Vertiefung der sozialen Spaltung unserer Stadt“, unterstrich Heiner Kockerbeck (Linke). Zu befürchten seien starke Kürzungen im Sozialbereich. Bund und Länder dürften die Kommunen jetzt nicht im Stich lassen wie seinerzeit bei Hartz IV.

Feicht: „Wir werden in eine schwierige Zeit kommen“

Vor der Debatte gab der neue Rheinenergie-Chef Andreas Feicht ein Lagebild ab. „Wir werden in eine schwierige Zeit kommen“, prophezeite er. Die Gasspeicher seien zwar zu 87 Prozent gefüllt, was für etwa zweieinhalb Monate reiche. Doch wenn der Winter kalt werde, sei eine Gasmangellage nicht auszuschließen. Man müsse „mindestens 20 Prozent“ Gas einsparen.

Die Industrie drossele bereits die Produktion, und es gebe erste Insolvenzen. Weitere Energieeinsparungen seien nötig, hierbei sei jeder Verbraucher gefragt. Auch im Winter 2023/2024 könne es Gasmangel geben, Entspannung sei erst danach zu erwarten, so Feicht.

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Alle Versorger hätten ihre Gaspreise stark erhöhen müssen, nun stehe eine Erhöhung beim Strom an. Sparen könne die Preissteigerung nur dämpfen, nicht kompensieren. Er sagte aber auch: „Der Gaspreis an den Börsen ist wieder etwas gefallen. Die Nachrichten könnten schlechter sein.“