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Nach Wiederwahl„Ich werde nicht plötzlich ein Haudraufnix“

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„Die Firmen müssen doch ernsthaft zur Kenntnis nehmen, dass sich die Welt verändert“: Oberbürgermeisterin Henriette Reker will mehr Tempo beim Klimaschutz.

Zwei Tage nach ihrer Wiederwahl ist Oberbürgermeisterin Henriette Reker (63) zum Redaktionsgespräch ins Rundschau-Haus gekommen. Dabei sprach sie über ihre Ziele bis 2025.Frau Reker, in den vergangenen Tagen ging es häufig um die Vereinbarkeit von Klimaschutz und Wirtschaft. Passen die beiden Themen zusammen und wenn ja, wie?Henriette Reker: Bei all unserem Handeln müssen wir die Herausforderungen der Zukunft antizipieren und einbeziehen. So ist das auch mit der Wirtschaft und dem Klimaschutz. Der Klimaschutz ist ja kein Anhängsel, sondern eine wichtige Zukunftsaufgabe. Die Wirtschaft kann auf Dauer nur funktionieren, wenn sie sich dieser Aufgabe verschreibt. Es gibt auch Menschen, die denken, Autos mit Verbrennermotor müssten noch viele Jahre auf die Straße gebracht werden.

Und was denken Sie?

Ich bin der Meinung, die Firmen sollten ihr Geld besser investieren, um zukunftsgerechte Mobilität sicherzustellen. Das sichert Arbeitsplätze eher auf Dauer.

Das könnte aber einen Konflikt mit Ford geben, der fleißig Verbrennungsmotoren baut und beim Thema E-Auto eher hinterherhinkt.

Bei Ford ändert sich ja auch etwas. Mittlerweile fahre ich ja einen Hybrid und hoffe bald sehr auf einen Dienstwagen mit Elektroantrieb. Aber ja, es wird Konflikte geben – vor allem bei den Firmen, die sich nicht bewegen wollen.

Die Wirtschaft muss sich also bewegen, fordern sie?

Ich kann nicht von den Firmen einfordern, wie sie ihr Unternehmen ausbauen wollen, aber ich würde mich über deren Einsichtsfähigkeit freuen. Denn damit geht auch eine Zukunftsfähigkeit einher und Arbeitsplätze werden erhalten.

Zuletzt hat die Präsidentin der Industrie- und Handelskammer, Nicole Grünewald, an der Wirtschaftsfähigkeit der erstarkten Grünen gezweifelt.

Ich glaube, es wird gerade die Aufgabe sein, diese verschiedenen Perspektiven zusammenzubringen. Die Firmen müssen doch ernsthaft zur Kenntnis nehmen, dass sich die Welt verändert. Veränderungen müssen doch nicht immer bedrohlich sein, sondern können in die Zukunft führen. Ich denke übrigens, dass gar nichts anderes übrig bleibt: Wir müssen jetzt Schritte machen, die auch messbar sind. Wir können nicht aus Angst vor Konflikten die nötigen Veränderungen aufschieben.

Wörtlich hat Frau Grünewald gesagt, dass sie an einigen Stellen erklären muss, dass Wirtschaft die Grundlage unseres Wohlstandes ist.

Als ich noch Sozialdezernentin war, habe ich schon immer gesagt, dass das, was wir an sozialer Unterstützung ausgeben, erst einmal erwirtschaftet werden muss. Ich glaube, das muss Frau Grünewald niemandem erklären. Das weiß jeder – auch bei den Grünen.

Beim Ausbau der Ost-West-Achse sind Grüne und CDU uneins. Die Grünen wollen keinen Tunnel, die CDU möchte einen vom Heumarkt bis hinter den Aachener Weiher. Sie stehen auf der Seite der CDU und haben angekündigt, sich eine Mehrheit zu suchen.

Ich werbe bei allen demokratischen Parteien für den Tunnel. Wenn wir die Tunnel-Lösung jetzt beerdigen, verpassen wir eine einmalige Chance. Aber wir reden von einer langen Perspektive, das wird grob geschätzt 15 Jahre dauern. Bis dahin braucht es eine Interimslösung, um die längeren 90-Meter-Bahnen vorher zu realisieren.

Zur Person

1807 Tage ist Henriette Reker (parteilos) Oberbürgermeisterin ihrer Heimatstadt Köln. Die frühere Umweltdezernentin ist seit dem 21. Oktober 2015 im Amt. Reker gehört keiner Partei an und wird von CDU und Grünen unterstützt. In der Stichwahl setzte sich die 63-Jährige gegen Andreas Kossiski von der SPD durch, sie holte 59,27 Prozent und ist bis 2025 gewählt. (mhe)

Ich hoffe, dass die Skeptiker ihre Meinung ändern, wenn sie sehen, wie die 90-Meter-Bahnen die Stadt oberirdisch verstopfen. Es ist für mich aber vollkommen selbstverständlich, dass nach dem Tunnelbau nicht mehr Platz für Autos geschaffen wird.

Müsste der Tunnel auf dieser Strecke nicht nur der Anfang sein? Braucht Köln nicht einen deutlichen Ausbau des U-Bahn-Netzes? Verkehrsdezernentin Andrea Blome hat gesagt, sie könne sich 15 neue Kilometer U-Bahn vorstellen.

Das ist ein wichtiger Punkt.

Über die Ost-West-Achse hinaus?

Vielleicht auch das, wir müssen die Vorhersagen zum Bevölkerungswachstum ernst nehmen. Andrea Blome und ich werden Ideen bald diskutieren.

Nicht nur Sie haben am Sonntag gewonnen, sondern auch Stadtdirektor Stephan Keller, er wird nun Oberbürgermeister in Düsseldorf.

Das freut mich für ihn. Es wäre für ihn nicht so schön geworden zurückzukommen, wenn er verloren hätte. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass er von mir den Vorsitz in der Metropolregion Rheinland übernimmt.

Wer folgt nun auf Keller?

Ich möchte nicht spekulieren. Aber der Verwaltungsvorstand muss ausgebaut werden. Wir brauchen mindestens ein Dezernat mehr.

Für welches Thema? Klima?

Das könnte ich mir vorstellen. Aber nur Klima ist mir zu wenig. Es sollte um Zukunftsthemen gehen, beispielsweise Digitalisierung und Klimaschutz. Das könnte ich mir vorstellen.

Sie gehen in Ihre zweite Amtszeit und haben etwas mehr Beinfreiheit. Werden Sie Ihre Amtsführung ändern?

Merkt man das noch nicht?

Es könnte ja mehr kommen.

Ich werde meine Stil jetzt nicht ändern und plötzlich ein Haudraufnix werden. Aber ich habe in den letzten fünf Jahren erkannt, welche Möglichkeiten der Einflussnahme ich habe.

Sie mussten lernen, sich nicht herumschubsen zu lassen?

Ach, mich hat niemand herumgeschubst, das lasse ich mir gar nicht gefallen. Aber ich habe gelernt, dass wir mehr Einfluss nehmen wollen auf die Tochterunternehmen der Stadt. Das wollen wir so fortführen und ausbauen. Ich werde häufig für Sachen verantwortlich gemacht, für die ich nichts kann, beispielsweise die kaputten Aufzüge oder Rolltreppen bei der KVB. Das muss besser werden.

Wer ein 365-Euro-Ticket wie Sie fordert, muss also für mehr Einfluss bei der KVB sorgen?

Ja. Und nicht nur an der Stelle, sondern auch an anderen Stellen, etwa bei der Rheinenergie und der Frage, wie schnell wir die Energiewende umsetzen, ohne dass die Energie unbezahlbar wird. Es muss mehr geschehen als bisher, das wollen die Wähler.

Corona hat drastische Auswirkungen, vor allem auf die Gastronomie. Überall fehlt Geld.

Ich möchte jetzt richtig verstanden werden, wenn ich sage: Am Geld kann es nicht liegen. In diesem Jahr werden wir einigermaßen davon kommen, im nächsten Jahr wird es schwieriger.

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Mir geht es darum, Strukturen zu erhalten, auch um Gewerbesteuern zu erhalten. Das ist keine reine Menschenfreundlichkeit, sondern wir brauchen das Geld, damit diese Stadt funktioniert. Dann müssen wir uns Geld leihen und das können wir auch.

Wie wird die Stadt mit dem Karneval umgehen? Wird es eine Platzsperre geben auf dem Heumarkt?

Das weiß ich noch nicht, es kann vielleicht ein Alkoholverkaufsverbot ab bestimmten Uhrzeiten geben. Es gibt viele Maßnahmen, es muss ein Paket sein.