- Jörg Frank verlässt nach 31 Jahren als dienstältestes Mitglied den Stadtrat.
- Lange war er einer der einflussreichsten Politiker im Rat.
- Ein Rückblick auf seine Karriere in Köln.
Köln – Als er am 1. Oktober 1989 in den Rat der Stadt Köln gewählt wurde, stand die Berliner Mauer noch. Der Oberbürgermeister hieß Norbert Burger, Oberstadtdirektor Kurt Rossa wurde bald von Lothar Ruschmeier abgelöst. Alle waren Mitglieder der SPD, die in Köln seit Jahrzehnten das Sagen hatte. „Die Grünen waren damals Outlaws. Die SPD beherrschte in einer stillen großen Koalition die Stadt. Die CDU wurde mit Posten ruhiggestellt und ließ sie gewähren“, beschreibt Jörg Frank (65) die Anfänge seiner politischen Laufbahn. 31 Jahre saß er ununterbrochen für die Grünen im Stadtrat. 18 Jahre bestimmte er als Geschäftsführer die Geschicke der Fraktion, er ist das dienstälteste Ratsmitglied. Doch bald ist Schluss, die Ratssitzung am 10. September wird seine letzte sein. Frank tritt nicht mehr an.
Einer der einflußreichsten Politiker
„Alles hat seine Zeit. Ich werde jetzt 66. Über 30 Jahre sind dann auch genug“, sagt Frank. Lange war er einer der einflussreichsten Politiker im Rat. Vor der Stadtwerke-Affäre 2018 war er auf dem Zenit seiner Macht, galt einigen gar als heimlicher Herrscher im Rathaus. Als Architekt des Reker-Bündnisses hatte er die schwarz-grüne Kooperationsvereinbarung von März 2016 entscheidend mitgeprägt. In der CDU klagte mancher später, man habe sich von den Grünen über den Tisch ziehen lassen. Neben der unerfahrenen Fraktionschefin Kirsten Jahn zog der bestens vernetzte Stratege im Hintergrund die Fäden, rang der CDU Zugeständnisse ab und organisierte wechselnde Mehrheiten für das schwarz-grüne Minderheitsbündnis.
Physik und Philosophie studiert
„Wer im Rat nichts zu sagen hat, ist selber schuld“, habe ihm Norbert Burger anfangs mal gesagt. Ein Satz, den Frank sich merkte. Er hatte Physik und Philosophie auf Lehramt studiert, sich zum SAP-Experten weitergebildet, war in der IT tätig. Die Ratsarbeit erledigte er anfangs parallel zum Job. „Er arbeitete sich mit enormem Fleiß und Akribie in die Themen ein, um auf Ballhöhe mit der Verwaltung zu kommen, oft bis spät in die Nacht“, erinnert sich ein Weggefährte. Ab 2003 bestimmten die Grünen im Rat mit – in Bündnissen mit der CDU (2003-2004 und ab 2016) oder der SPD (2006 bis 2015). „Themen, die einem sehr wichtig sind, muss man beharrlich durchsetzen. Notfalls auch mit anderen Partnern im Rat“, betont Frank. Wie 2013 zu Zeiten von Rot-Grün, als man die vorzeitige Inbetriebnahme der Nord-Süd-Stadtbahn mit CDU und FDP gegen die SPD durchgeboxt habe. Als Vorsitzender des Liegenschaftsausschusses und Finanz- und Wirtschaftsexperte der Grünen verfolgte Frank einen pragmatischen Kurs. Neben Themen wie mehr sozialer Wohnungsbau auf städtischen Flächen stritt er für Wirtschaftsförderung und Haushaltskonsolidierung. Ohne Steuereinnahmen und solide Stadtfinanzen lasse sich grüne Sozial- und Umweltpolitik nun mal nicht umsetzen, lautet sein Credo.
Unterstützung von OB Reker weiterhin richtig
Dass die Parteibasis im Juni bei der Listenaufstellung für den Rat vielen neuen Kandidaten den Vorzug gab, deren Aussagen „nur Allgemeinplätze für Klimaschutz beinhalten, ohne konkrete Vorhaben für Köln“, sieht er kritisch. „Die kommende Fraktion darf grüne Politik nicht verkürzen. Sozial-, Wirtschafts-, Kultur- und Umweltpolitik greifen ineinander.“
Dass die Grünen erneut Henriette Reker unterstützen statt einen eigenen OB-Bewerber, hält er für richtig. „OB-Kandidaten fallen nicht vom Himmel. Reker ist etabliert und bekannt“, so Frank. Gleichzeitig übt er Kritik an der Amtsinhaberin. „Bei der Verwaltungsreform hat sie sich in zu vielen Projekten verzettelt. Da hätte man sich zuerst auf Bauen und Verkehr konzentrieren sollen, um den Umsetzungsstau abzubauen.“
Fehler in der Stadtwerke-Affäre
In der Affäre um die Stadtwerke (SWK) griffen seine politischen Instinkte nicht. Er ließ sich auf Absprachen mit SPD und CDU ein, Martin Börschel (SPD) ohne Ausschreibung zum SWK-Chef zu machen. „Das war ein Fehler“, räumt er ein. Aber er habe dabei keinen persönlichen Vorteil gesucht. Ihm sei es um das Ziel der Grünen gegangen, Führungspositionen bei SWK-Gesellschaften künftig nicht mehr zwischen SPD und CDU nach Parteibuch zu vergeben, sondern nach Fachkompetenz an unabhängige Bewerber. Der Fehler kam ihn teuer zu stehen. Während CDU-Chef Bernd Petelkau nur den SWK-Aufsichtsrat verließ und Kirsten Jahn bald auf einen gut dotierten Lobby-Job wechselte, musste er auf Druck der Partei als hauptamtlicher Fraktionsgeschäftsführer zurücktreten, war fortan hoch umstritten. Eine erneute Ratskandidatur galt als aussichtslos.
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„Damals gab es für Grüne unwürdige und verletzende Angriffe auf meine Person, obwohl die Fraktion vorab mehrheitlich für die SWK-Entscheidung votiert hat. Manche schürten eine widerliche Kopf-ab-Stimmung und wollten alte Rechnungen begleichen.“ Was für ihn zähle, so Frank, seien 31 Jahre grüne Ratsarbeit „mit vielen Erfolgen und wachsendem grünen Einfluss“, an dem er oft entscheidend mitgewirkt habe. Die Grünen hätten bei der Gestaltung der Stadt viel erreicht, so Ende der 1980er den Köln-Pass für Menschen mit geringem Einkommen oder die Verhinderung des Verkaufs der städtischen Wohnungsgesellschaft GAG 2003. Für ihn sei wichtig, sich erfolgreich für sozio-kulturelle Freiräume eingesetzt zu haben. Zuletzt sei es gelungen, die aus Hausbesetzungen entstandenen Selbsthilfeprojekte LC36 und KAT18 dauerhaft zu sichern.
Macht es ihm Angst, dass er nach der Wahl in der Stadtpolitik keine Rolle mehr spielt? Frank verneint. Beruflich sei er noch für eine Stiftung tätig, die sich um die berufliche Integration Geflüchteter kümmert. Er wolle sich weiter stadtpolitisch engagieren. Einige Initiativen hätten angefragt und er arbeite bereits mit dem Bürgerverein Eigelstein zusammen, der sich um das Veedel kümmert, in dem der gebürtige Kölner seit Jahrzehnten lebt.