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Liste vorgelegtKöln plant Großbauprojekte für 7,7 Milliarden Euro

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Die geplante His­to­ri­sche Mitte am Rö­misch-​Ger­ma­ni­schen Museum.

Köln – Was kann sich die Stadt leisten? Was kann warten? Was kann nicht realisiert werden? Viele Fragen zu Großbauprojekten der Stadt Köln, die aufkamen, als Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) im September einen detaillierten Überblick aller Projekte ankündigte. Die Liste liegt der Politik nun vor, der Hauptausschuss führte bereits eine erste Diskussion (siehe Infotext). Doch was auf der Liste fehlt, ist eine Einschätzung der Profis, die sie erstellt haben.

Blanke Zahlen, Prognosen, mit oder ohne Baubeschluss. Diese Dinge sind in der Tabelle zu finden, die 122 Projekte auflistet; solche „mit einem Investitionsvolumen von mehr als zehn Millionen Euro“, so die Stadt. Insgesamt betragen die Kosten 7,7 Milliarden Euro.

Startschuss

Die Politiker stiegen im Hauptausschuss direkt in die Diskussion ein. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Christiane Martin, nannte die Veröffentlichung der Liste einen „Startschuss“ für die Diskussion in den Fachgremien und Ausschüssen. Sie stellte fest: „Sieben Milliarden auf 15 Jahre gerechnet ist nur eine halbe pro Jahr. Das ist für eine Stadt wie Köln nicht exorbitant.“ CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau sagte zur Liste: „Sie zeigt einmal mehr, wie groß der Sanierungsstau ist.“ Angesichts der Kosten sagte er: „Es besteht kein Zweifel, dass Köln keine Luxusprojekte hat, sondern notwendige.“

Christian Joisten sprach als Fraktionsvorsitzender für die Sozialdemokraten, die eine solche Liste im August beantragt hatten. „Es gibt keine zwei Meinungen, dass alles was sanierungsbedürftig ist, auch getan werden muss.“ Allerdings forderte er auch Nachbesserung, denn ihm fehle die Angabe der „Baukosten zur Zeit der Beschlussfassung“. Anhand dieser Zahl wollte die SPD die Kostenentwicklungen der Großprojekte deutlich machen, die zuletzt häufig drastisch stiegen. Die Linke in Person von Heiner Kockerbeck stellte gleich zwei Projekte in Frage: Den Tunnel der Ost-West-Achse und die Historische Mitte. Ralph Sterck kommentierte für die FDP die nun anstehende Arbeit mit der Liste: „Ich würde sagen, es ist eine nötige Priorisierung.“ (rom)

Eine Einschätzung des Dezernats Planen und Bauen, ob etwas warten kann, ob eines der vielen Projekte möglicherweise aktuell zu teuer ist, sucht der Leser vergebens. Henriette Reker erklärte: „Wir haben es extra so gemacht, um Ihnen zu überlassen, wie sie damit umgehen. Wir schlagen Ihnen nicht vor, wie sie mit dieser Liste umgehen sollen. Das liegt offen gestanden an Ihnen.“

Bei den Erläuterungen stehen immerhin bei einigen Informationen, warum das jeweilige Projekt umgesetzt werden muss. So zum Beispiel beim Rheinufertunnel, dessen Sanierung für den Brandschutz notwendig ist. Die Prognose liegt hier bei 19,6 Millionen Euro.

Manch einer würde das im Vergleich zu den großen Projekten „Peanuts“ nennen. Die Grunderneuerung der Mülheimer Brücke soll am Ende 301,5 Millionen Euro kosten. Für die Ost-West-Stadtbahn gibt es noch keinen Baubeschluss, die Kosten werden aber mit 906,8 Millionen Euro prognostiziert. Dabei gibt es lediglich für den Anteil des Amts für Straßen und Radwegebau zwei Varianten: Eine mit Tunnel für 13,3 Millionen Euro und eine ohne – für zehn Millionen weniger.

Schulbau und Kulturbauten als größter Posten

Die größten Brocken stehen in den Bereichen Schulbau und Kulturbauten. Die 2020 beschlossene Universitätsschule auf dem Heliosgelände soll 111,6 Millionen Euro kosten. Der Masterplan Schulen soll 2,14 Milliarden Euro kosten – aufgeteilt auf die Ratsbeschlüsse von 2018 (714 Millionen) und 2020 (1,7 Milliarden). Die größte Investition in den nächsten 15 Jahren. Und das sind nur Beispiele.

Grafik Baukosten NEU

Erst ganz am Ende der Aufstellung kommen die Kulturbauten. Im August schockten Baudezernent Markus Greitemann und Kulturdezernent Stefan Charles die Öffentlichkeit mit Kosten von satten 91 Millionen Euro für die Generalinstandsetzung des Römisch-Germanischen Museums (RGM). Die großen Summen reihen sich in diesem Segment aneinander: Das Museum im Quartier (MiQua) mit 127 Millionen Euro, die Zentralbibliothek mit 81,1 Millionen Euro, die noch nicht beschlossene Generalinstandsetzung des Museums für Angewandte Kunst mit 72 Millionen Euro und die Kölner Bühnen.

Bei der Opernsanierung schreibt die Stadt von einem aktuellen Kostenbudget von mittlerweile 642,7 Millionen Euro. Der letzte Monatsbericht der Sanierung scheint bei den Machern der Liste nicht angekommen zu sein, denn dort sind die maximalen Kosten beim Eintritt aller Risiken mit 652 Millionen Euro bereits fast drei Millionen teurer kommuniziert, als noch in der Liste für die kommunalen Politiker.

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Hinzu kommen die geplante Historische Mitte und das Zentraldepot für die Kölner Museen mit geschätzten Gesamtkosten von 280 Millionen Euro. Als Kämmerin Dörte Diemert den Haushaltsplanentwurf vorstellte, war noch die Rede von 213,7 Millionen in den nächsten fünf Jahren. Bei der Historischen Mitte, die nach der Veröffentlichung der Kosten für die RGM-Sanierung erneut in der Politik zur Debatte stand, muss man genau hinschauen: Eigentlich soll der Bau 183 Millionen Euro kosten, davon sind 151 Millionen Euro der Anteil der Stadt, den Rest bezahlt die hohe Domkirche.

Nun liegt die Liste vor, doch die Frage, ob sich die Stadt gewisse Projekte nicht leisten kann oder aktuell lieber sparen möchte, bleibt unbeantwortet. Dabei betont die Stadt, dass die Corona-Pandemie, die Flutkatastrophe und der Krieg in der Ukraine erhebliche Auswirkungen auf die Inflation und die Preissteigerung im Bausektor sowie die Verfügbarkeit von Baumaterial und ausführenden Firmen haben. Das Limit scheint also noch nicht erreicht.