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Kölns Ex-Stadtdirektor greift einEine letzte Chance für die Metropolregion Rheinland

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Rhein Köln Panorama

Ein Blick auf den Rhein in Köln

Köln – Es wird wohl die letzte Chance werden, den Verein Metropolregion Rheinland noch zu retten. Sein Auftrag: Die Region im Wettbewerb mit anderen Wirtschaftsstandorten erfolgreicher zu machen. Doch vier Jahre sind seit seiner Gründung verstrichen, ohne dass der Verein diesem Ziel messbar nähergekommen wäre. Im Gegenteil: Wie die Rundschau berichtete, droht er auseinanderzufallen.

Nun will Stephan Keller, Kölns ehemaliger Stadtdirektor und heute Oberbürgermeister von Düsseldorf, retten, was noch zu retten ist. Nach Informationen der Rundschau will er in der Mitgliederversammlung am 2. Juli zur Wahl des Vorstandsvorsitzenden antreten. Und er hat auch schon einen Sanierungsplan im Koffer.

In der Pkw-Industrie würde man von einem Montagsauto sprechen: Die Metropolregion Rheinland lief noch nie richtig rund. Monströse Strukturen, Zerwürfnis mit dem ersten Geschäftsführer und nun: Eine politisch besetzte Doppelspitze in der Geschäftsführung mit der Kölnerin Kirsten Jahn (Grüne) und der Aachenerin Ulla Thönnissen (CDU), die bisher deutlich hinter den Erwartungen nicht weniger Vereinsmitglieder zurückblieben.

Umstrittenes Projekt

Lobbyarbeit, wie sie sich die jetzige Geschäftsführung vorstellt. Auf verschiedenen Plakatmotiven prangt der Slogan „Wir erfinden Deutschland neu“, Das Gros der Plakate hängt im Gebiet der Metropolregion Rheinland. Aber auch in Berlin wurde plakatiert. Angesichts der bisher realisierten Projekte des Vereins, sagt Landtagsabgeordneter Horst Becker (Grüne), Stimmführer im Rhein-Sieg-Kreis: „Das ist Größenwahn.“

Gerade die in Lobbyarbeit erfahrenen Politiker in der Metropolregion kritisieren, dass Lobbyismus eben so nicht funktioniere. Statt plakativer und überzogener Slogans brauche es ein feines Netzwerken. (ngo)

Jahn und Thönnissen hätten eine Chance gehabt, das Blatt zu wenden. Ihnen oblag es, ein Evaluationspapier vorzulegen. Das war die Chance zu zeigen, wie es besser werden könnte mit dem Verein. Doch ihr Entwurf rief schon im Entstehungsstadium harsche Kritik hervor. Allen voran die Stimmführer des Rhein-Sieg-Kreises gaben einen Warnschuss ab. Die schmale Selbstanalyse zeige keine Perspektive auf. Nicht wie man wegkomme von Projekten wie der Förderung von angehenden Lehrern in Naturwissenschaftlichen Fächern oder den Ausbau des Kölner Bahnknotens, die doch allesamt schon von anderen Verbänden und Organisationen bearbeitet werden. Kritik auch an den Vorschlägen, wie die aufgeblähte Vereinsstruktur zu verschlanken sei. Rhein-Sieg drohte mit Ausstieg

Doch der Warnschuss verhallte. Jahn und Thönnissen stellten ihr gerade einmal siebenseitiges Evaluationspapier, von dem nur vier Seiten Zukunftsperspektiven aufzeigen, als Onlinepräsentation vor. Sehenden Auges lieferten sie sich der Kritik der Mitglieder aus.

Stellungnahme aus dem Rhein-Sieg-Kreis

Die Stimmführer des Rhein-Sieg-Kreises verfassten daraufhin einen geharnischten Brief an die Vereinsspitze. Horst Becker, Landtagsabgeordneter der Grünen aus dem Rhein-Sieg-Kreis, fasst zusammen: „Das Evaluationspapier ist inhaltsleer.“ Die Stellungnahme schließt: „Aus Sicht des Rhein-Sieg-Kreises sind die beschriebenen Defizite derart gravierend, dass es zu erheblichen Nachbesserungen kommen muss, damit der Rhein-Sieg-Kreis die Mitgliedschaft aufrecht erhalten kann.“

Die Stellungnahme des Landschaftsverband Rheinland (LVR) läuft aufs Gleiche hinaus. Der LVR denkt darüber nach, sich die Mitgliedsbeiträge von 20 000 Euro im Jahr zu sparen. Er will also eventuell aussteigen. Ohne Rhein-Sieg würde wohl auch Bonn über seine Mitgliedschaft nachdenken, ist zu erfahren. Der Verein würde zusammenfallen wie ein Kartenhaus.

Um das noch abzuwenden, haben sich der Düsseldorfer OB Stephan Keller, der Oberbürgermeister Mönchengladbachs, Felix Heinrichs, der Landrat des Oberbergischen Kreises, Jochen Hagt, der Landrat des Rhein-Kreises Neuss, Hans-Jürgen Petrauschke sowie die Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammern Kölns, Düsseldorfs, des Mittleren Niederrheins sowie des Bergischen zusammengetan. In einem Brief an die Metropolregion nehmen sie Bezug auf eine Stellungnahme des Vereins „Region Köln Bonn“, der Gaststatus bei der Metropolregion genießt. Mit seiner Stellungnahme hat er geliefert, was sich Keller und seine Mitunterzeichner als Evaluation gewünscht hätten: Eine klare Zielvorstellung, wohin es gehen soll. „Die professionelle Positionierung des Rheinlandes auf bundes- und europäischer Ebene“, empfiehlt „Region Köln Bonn“. Keller und Co dazu: „Unter den Unterzeichnern besteht Einigkeit, dass die Metropolregion Rheinland sich mit aller Kraft diesem primären Ziel widmen soll.“ Das müsse die Ausrichtung sein. Dafür müssten die Strukturen getrimmt werden.

Im Hintergrund hat der Düsseldorfer OB nach Informationen der Rundschau bereits Gespräche geführt, dass er Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker als Vorstandsvorsitzende ablösen will. Der Rundschau bestätigt er: „Ich kann mir das grundsätzlich vorstellen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.“ Das sei eben der Fokus auf die Lobbyarbeit. Denn: „So kann es nicht bleiben“, sagt Keller.

Was wird aus den Geschäftsführerinnen?

Heißt das, die Geschäftsführerinnen müssen gehen? „Unsere Kritik an deren Arbeit ist dazu Aussage genug“, sagt Horst Becker aus Rhein-Sieg. Kirsten Jahn ist Sprecherin der Geschäftsführung. „Die Lobbyarbeit gehört bereits heute zu unserem Aufgabenkatalog“, erwidert sie. Doch warum spielt sie im Evaluationspapier keine Rolle? Weil es da nur um die Strukturen gegangen sei. Kann sie denn Lobbyarbeit in dem geforderten Maß? Ihre Antwort: „Unsere thematischen und kommunikativen Projekte zielen darauf ab, den aktuellen gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen zu begegnen und dabei für innovative Projekte in der Region Fördergelder zu gewinnen.“

Insider gehen davon aus, dass die Verträge von Jahn und Thönnissen nicht mehr verlängert werden. Nach Informationen der Rundschau laufen sie im kommenden Jahr aus. Jahn will sich zu Vertragslaufzeiten nicht äußern.