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Projekt der StadtWie „Wohnen auf Zeit“ Menschen in Köln aus der Obdachlosigkeit hilft

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An Mann steht neben einem Haus, an dem ein Schild angebracht ist, auf dem steht „Haus der sozialen Dienste des SKM Köln und Geschäftsstelle“.

„Ohne Wohnmöglichkeit hätte ich das nicht geschafft“, sagt Can S. Jetzt steht er vor seiner letzten Prüfung als Berufskraftfahrer.

Die Stadt Köln bietet mit „Wohnen auf Zeit“ langfristige Perspektiven für Obdachlose. Sie erhalten ein eigenes Zimmer und die Chance, ihren Problemen konstruktiv zu begegnen. Einer von ihnen ist Can S.

Auf dem Foto ist alles hell und sauber. Ein kleiner Schreibtisch, eine Kommode, auf der ein Mini-Aquarium steht, in dem sattgrüne Wasserpflanzen leuchten. „Das ist perfekt für Wasserschnecken, und kleine Garnelen leben da auch“, sagt Can S. mit Blick auf das Foto; es zeigt sein Zimmer im städtischen Projekt „Wohnen auf Zeit“. Das Aquarium bedeutet dem 43-Jährigen, der Motorradmechaniker gelernt und Industrieanlagen gewartet hat, viel. „Ich kümmere mich immer darum, wenn ich nach Hause komme.“

Nach Hause, das ist heute etwas anderes als vor 14 Monaten. Da war sein Zuhause die Straße und ein Zelt. Dreht man die Zeit weiter zurück, sah das Leben von Can S. aus, wie das von vielen Menschen in Köln. „Meine Partnerin, ihr kleiner Sohn und ich haben zusammen gewohnt. Ich habe gearbeitet“, erinnert er sich. Dann kam die Trennung.

Wohnungslose in Köln: Oft ist Trennung ein Grund

„Trennungen sind bei vielen unserer Gäste der Grund für ihre Wohnungslosigkeit“, sagt Fabian Daniels, Sozialarbeiter beim Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) und Leiter des Projektes „Wohnen auf Zeit“, das im Juni 2023 angelaufen ist. Seine Gäste, fünf Frauen und 14 Männer, haben zuvor auf der Straße gelebt. Wie Can S. haben sie in dem vom SKM und Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) Angebot der Stadt Köln ein Zimmer, das sie alleine bewohnen. Spülküche, Sanitäranlagen und einen Gemeinschaftsraum teilen sie sich, eine Kochgelegenheit gibt es in jedem Zimmer. Von hier aus sollen die Kölner und Kölnerinnen wieder Boden unter den Füßen bekommen und die Probleme, die sich angehäuft haben, mit Unterstützung angehen. „Bei einem Leben auf der Straße oder in einer Notunterbringung ist das sehr schwierig“, sagt Daniels.

Auch Can S. stand plötzlich ohne Wohnung da, vermisste seine langjährige Ex-Freundin und ihren Sohn, tingelte von Couch zu Couch. Bis seine Freunde „die Nase voll hatten“. Körperpflege, Wäsche waschen, an verschiedene Orten in Köln billiges Essen finden, das alles kostete viel Zeit. Er schlief schlecht, verlor seine Arbeit im Merkenicher Heizkraftwerk. „Wenn man obdachlos ist, erlebt man Sachen, die man nie mehr erleben möchte“, sagt er. „Das Verhalten der Mitmenschen, die Blicke im Vorbeigehen, das zieht Dich runter.“

In der „Mülheimer Arche“, einem spendenfinanzierten Hilfsangebot für obdachlose Menschen am Rande des Mülheimer Stadtparks, erzählt ihm die Sozialberaterin des SKM von dem Projekt „Wohnen auf Zeit“ in Merheim. Er bewarb sich mit ihrer Hilfe, bekam eine Zusage.

Etliche unserer Gäste wären soweit, wieder eigenständig zu leben — aber es gibt keine Wohnungen für sie.
Fabian Daniels, Leiter des Wohnprojektes

Da ging es ihm wie allen neuen Bewohnern und Bewohnerinnen. „Zwei, drei Wochen braucht man, um sich daran zu gewöhnen, dass man einen Platz für sich allein hat. Ein Zimmer, wo Du ausruhen kannst ohne Stress“, erzählt er. „Viele unserer neuen Gäste kommen erstmal kaum raus aus ihren Zimmern“, sagt Fabian Daniels. „Wir nutzen die Zeit, um erste Behördenangelegenheiten zu regeln. Wer länger obdachlos war, hat oft keinen gültigen Ausweis mehr, ist nicht krankenversichert oder hat Sozialleistungen, die ihm zustehen, nicht beantragt.“ Danach geht das Team zusammen mit den Bewohnenenden Probleme wie Schulden und körperliche oder seelische Erkrankungen an.

Bewohnende arbeiten aktiv mit an Verbesserung ihrer Lage

„Manche unsere Bewohner und Bewohnerinnen müssen wir sogar bremsen, sie möchten alles auf einmal schaffen, aber das ist oft eine Überforderung“, so Daniels. Teils kämen etwa psychische Probleme auch erst in der sicheren Umgebung des Wohnprojektes zutage. Für wieder andere stünde Suchtentwöhnung an erster Stelle.

19 Menschen leben derzeit in den Einzelzimmern

19 Menschen leben derzeit in den Einzelzimmern

„Wir erwarten von unseren Gästen, dass sie aktiv mitarbeiten, bis hin zur Suche nach einer Arbeitstätigkeit“, schildert Daniels eine Prämisse des Konzeptes, das SKM, SkF und Stadt Köln in enger Zusammenarbeit erstellt haben. Hier war auch die Idee entstanden, das leerstehende Gebäude neben der Unterkunft der Winterhilfe in Merheim dauerhaft zu nutzen. Gut ein Jahr nach projaktbeginn fällt die erste Bilanz positiv aus. „Es ist jetzt schon zu sehen, dass das Konzept funktioniert. Alles läuft viel besser und konfliktärmer als wir erwartet hatten – auch, weil jeder ein Zimmer als Rückzugsmöglichkeit hat.“

Weil die Stadt Köln mit dem Angebot Pflichtleistungen aus dem Bereich des Ordnungsbehördengesetz NRW und der im Sozialgesetzbuch vorgegebene ambulanten Hilfen erbringe, sei das Angebot grundsätzlich nicht zeitlich begrenzt, teilte die Stadt mit. Und: „Die Maßnahme wird solange finanziert, wie die angestrebten Erfolge damit erreicht werden und die Bedarfslage eine solche Maßnahme erfordern.“

Wieviel Zeit die teils langjährig obdachlosen Menschen bräuchten, um wieder Fuß zu fassen, sei sehr unterschiedlich, so Daniels. Zwei Bewohner haben mit Unterstützung bereits eine Wohnung gefunden. „Etliche unserer Gäste wären soweit, wieder eigenständig zu leben — aber es gibt keine Wohnungen für sie“, sagt der Sozialarbeiter. Wer ausgezogen ist, kann sich weiter an das Team wenden, wenn er Hilfe benötigt. Mehrere Bewohner haben eine Arbeit aufgenommen oder nutzen Bildungsgutscheine des Jobcenters.

Wie Can S. Er macht eine Ausbildung zu Berufskraftfahrer, musste dafür drei IHK-Prüfungen ablegen. Die Ausbildung läuft im Vollzeitmodus über acht Stunden. „Ohne Wohnmöglichkeit wäre das nicht gegangen“, sagt er. Gerade hat der 43-Jährige die anspruchsvolle Prüfung zum Fahrer von Gefahrguttransporten erfolgreich absolviert, „nur drei von zwölf Auszubildenden haben bestanden“, sagt er.

Wenn er auch den zweiten Teil der Fahrprüfung gemacht hat, ist er Berufskraftfahrer. Weil Ferntouren für ihn nicht infrage kommen, hat er sich auf Gefahrgut spezialisiert. So kann er jede Nacht zu Hause schlafen, vielleicht irgendwann auch in einer Wohnung. „Das ist mir sehr, sehr wichtig“, sagt der 43-Jährige. „Nicht zu wissen, wo ich abends einen Schlafplatz finde, das möchte ich nie mehr erleben. Das liegt endgültig hinter mir.“