Die Grundsteuerreform macht Wohnen in Köln für viele teurer. Laut Stadt steigt die Steuerlast auf Wohn- und Gewerbegrundstücke in mehr als jedem dritten Fall um über 100 Euro. Der Ruf nach getrennten Hebesätzen wird lauter.
Neue Bescheide für 2025Vervierfachte Grundsteuer schockt Hausbesitzer in Köln

Bei Kölner Wohnungen jüngeren Datums kann die Grundsteuerlast ab 2025 auch sinken, doch für die Mehrzahl der Kölner steigt sie an - teils enorm.
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Die rund 315.000 neuen Grundsteuerbescheide, die die Stadt am Montag verschickt hat, haben viele Immobilienbesitzer schockiert. „Wir werden mit Anfragen förmlich überrannt. Jetzt haben es die Eigentümer schwarz auf weiß, was sie in Zukunft bezahlen müssen. Und bei vielen ist der Schreck groß, weil sich ihre Grundsteuerbelastung enorm erhöht und zum Teil vervierfacht hat“, berichtet Thomas Tewes, Hauptgeschäftsführer des Haus- und Grundbesitzervereins Köln.
Betroffen von einer stark steigenden Grundsteuerlast sind vor allem Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern, insbesondere älteren Baujahrs. Zwei Kölner Hauseigentümer haben uns ihren Bescheid gezeigt. Sie müssen für ihr rund 100 Jahre altes, 120 Quadratmeter großes Reihenhaus statt 122,47 Euro künftig 458,71 Euro Grundsteuer pro Jahr bezahlen. Das ist fast das Vierfache der bisherigen Summe und eine Erhöhung um stolze 275 Prozent.
Für ein anderes Reihenhaus in Nippes mit ebenfalls 120 Quadratmetern Wohnfläche, das deutlich jüngeren Datums ist, werden anstatt 535,60 Euro in Zukunft 774,96 Euro fällig – eine Steigerung um 239,36 Euro (plus 45 Prozent). Mehr bezahlen muss auch die Mieterin einer 50-Quadratmeter-Wohnung aus den 1950er-Jahren in Niehl. Statt 122,57 Euro sind es jetzt 173,19 Euro im Jahr (plus 41 Prozent). Vermieter können die Grundsteuer auf ihre Mieter umlegen, die Erhöhung betrifft also praktisch jeden in Köln. Wie viel sie ab sofort mehr bezahlen müssen, erfahren die meisten Mieter jedoch erst im folgenden Jahr über die Nebenkostenabrechnung.
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Grundsteuer: Hausbesitzer in Köln müssen teils das Vierfache zahlen
„Der Gedanke, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral sein soll, ist für viele Eigentümer in Köln nicht nachvollziehbar“, resümiert Tewes. Jetzt passiere genau das, wovor man gewarnt habe: eine massive Verschiebung der Steuerlast von Gewerbe- zu Wohnimmobilien. „Wohnen in Köln wird dadurch für viele noch teurer.“
Die Stadt Köln beteuert auf Nachfrage, die Reform sei sehr wohl „aufkommensneutral“. Will heißen: Die Stadt nimmt 2025 über die Grundsteuer nicht mehr Geld ein als 2024, das Gesamtaufkommen bleibt gleich. Man gehe für 2025 von Einnahmen in Höhe von 236,75 Millionen Euro aus. Das entspreche dem Betrag, den man auch ohne Grundsteuerreform vereinnahmt hätte.
Wohngrundstücke machen rund 55 Prozent der Grundsteuereinnahmen der Stadt Köln aus. Da die Mehrzahl der Wohnimmobilien seit der Grundsteuerreform (siehe Infotext) höher bewertet werden, steigt hier die Steuerlast tendenziell, während Gewerbeimmobilien tendenziell niedriger besteuert werden.
Steuer steigt jeder dritten Immobilie in Köln um mehr als 100 Euro
Wie stark sich die Steuerlast in Köln von Wohnen zu Gewerbe verschoben hat, könne man nicht sagen, so die Stadt, da sich die Systematik geändert habe. Klar sei aber: Von den insgesamt 315.000 Objekten in Köln erhöhe sich die jährliche Grundsteuer in rund 123.000 Fällen um mehr als 100 Euro. In 40.000 Fällen sinke sie um mehr als 100 Euro, in den restlichen 152.000 Fällen betrage die Änderung weniger als 100 Euro im Jahr.
Die Verwaltung räumt zwar ein, „dass insbesondere Ein- und Zweifamilienhäuser in Summe höher bewertet wurden als bisher“. Sie betont aber, bei Wohnungseigentum sei „keine Änderung der Grundsteuerlast in Summe zu verzeichnen“. Bei etwa 87.000 Wohnobjekten in Köln sei „die Grundsteuerlast gleichgeblieben oder gesunken“, so die Stadt. Als Beispiel führt sie etwa eine 65 Quadratmeter große GAG-Wohnung in Ehrenfeld an, für die sich die Steuerlast um 64,26 Euro auf 191,22 Euro verringert habe.
68.900 Kölner haben Einspruch gegen Grundsteuerbescheid eingelegt
Wer mit der Höhe seiner Grundsteuer nicht einverstanden sei, könne jetzt nicht mehr viel tun, außer den Bescheid auf Rechenfehler zu prüfen, so Tewes. Widerspruch hätte man binnen eines Monats nach Erhalt des Grundsteuerwertbescheids einlegen müssen. Das haben in Köln 68.900 Betroffene getan, davon 10.200 erfolgreich (wir berichteten). „Die Stadt Köln sollte differenzierte Hebesätze für Wohnen und Gewerbe einführen, um die Steuerlast für Wohngebäude zu senken“, fordert Tewes. Das Finanzdezernat und das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt hatten dies wegen rechtlicher Bedenken abgelehnt, sie befürchteten Klagen dagegen. „Auch wir hätten uns differenzierte Hebesätze gewünscht“, betont Hans Jörg Depel, Geschäftsführer des Mietervereins. Wohnen in Köln sei ohnehin schon teuer genug.
Die Grundsteuerreform
2018 erklärte das Bundesverfassungsgericht die bisherige Berechnung der Grundsteuer nach den veralteten Einheitswerten für verfassungswidrig und verlangte eine Reform bis spätestens 1. Januar 2025. Dafür wurden mit Stichtag 1. Januar 2022 alle betroffenen Grundstücke in Deutschland neu bewertet. Der so ermittelte Grundsteuerwert wird mit der Steuermesszahl multipliziert. Sie beträgt in NRW 0,31 Promille für Wohngrundstücke und 0,34 Promille für Nichtwohngrundstücke. Das Ergebnis ist der Steuermessbetrag. Diesen multipliziert die Kommune mit ihrem jeweiligen Hebesatz (in Köln 475 Prozent). Daraus ergibt sich der zu zahlende Grundsteuerbetrag. (fu)