AboAbonnieren

Konzept beschlossenWie Köln die Wohnungslosigkeit bekämpfen will

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau schiebt alles, was sie besitzt in einem Einkaufswagen mit sich, wenn sie zu Essensausgaben oder in eine Notschlafstelle geht.

Eine Frau schiebt alles, was sie besitzt, in einem Einkaufswagen mit sich, wenn sie zu Essensausgaben oder in eine Notschlafstelle geht.

Köln hat ein Konzept gegen Wohnungslosigkeit beschlossen, das Vorbeugung, Unterstützung und Wohnungsbau kombiniert. Finanzierungsfragen werden kontrovers diskutiert.

Wohnungsverlust vorbeugen, obdachlose Kölnerinnen und Kölner unterstützen und neuen Wohnraum schaffen — mit diesem Dreiklang will das „Kölner Konzept zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit“ ein tiefgreifendes Problem in großem Stil angehen. Zweieinhalb Jahre lang haben Verwaltung, Politik, soziale Träger, Immobilienexperten und freie Akteure des sozialen Köln daran gearbeitet, einen Plan zur Verbesserung der Lage obdachloser Menschen zu erarbeiten. Der wurde am Freitag im Sozialausschuss vorgestellt und mehrheitlich mit den Stimmen von Grünen, CDU und Volt verabschiedet. SPD, Die Linke und die FDP enthielten sich. Ihre Kritik: Wie die Maßnahmen finanziert werden könnten, bleibe weitgehend offen.

Obdachlosigkeit: Hohe Kosten für die Stadt

Der Ist-Zustand kostet die Stadt in jedem Fall viel Geld. Um ihrer gesetzlichen Verpflichtung der Vermeidung von Obdachlosigkeit nachzukommen, brachte sie im Januar 2023 insgesamt 3499 Kölnerinnen und Kölner in Hotels, Sozialhäusern und niedrigschwelligen Angeboten unter; weitere 387 Menschen waren verdeckt obdachlos, 397 gänzlich ohne Unterkunft. Die Übernachtungskosten für die 1630 überwiegend in Zwei- und Dreibettzimmern von Einfachhotels untergebrachten Menschen beliefen sich 2023 auf 29 Millionen Euro.

Jetzt muss die Stadt neue Möglichkeiten der Unterbringung schaffen. Sonst können wir die Hotels nicht räumen.
Jörg Detjen, Die Linke, zur Konzept-Finanzierung

Anteilig finanziert werden sollen die Maßnahmen des Konzeptes auch durch die Reduzierung dieser erheblichen Hotelkosten. „Das geht aber nur, wenn die Stadt jetzt neue Unterbringungsmöglichkeiten schafft. Sonst können wir die Hotels nicht räumen“, sagte Jörg Detjen von der Fraktion Die Linke. Gemeinsam mit der SPD forderte Die Linke in einem Änderungsantrag, an Oberbürgermeisterin und Kämmerin zu appellieren, „an dieser Stelle zu investieren und 5,2 Millionen Euro in ihren Haushaltsentwurf 2025/26 einzustellen und dem Rat der Stadt im Herbst vorzulegen, damit die Logik des Konzeptes in Bewegung kommt. Nur so werden wir die hohen Hotelkosten abbauen können“, sagt Detjen. „Dem Änderungsantrag zur Finanzierung zuzustimmen, wäre ein wichtiges Signal, damit man wir dem Konzept zustimmen könnten“, sagte Lena Terschlade (SPD) in Richtung Ratsbündnis von Grünen, CDU und Volt .

Kölner Konzept als wichtigen Schritt

Die Finanzierung sei nicht in allen Punkten offen, führte Sozialdezernent Harald Rau an. „Die Soziale Wohnraumagentur ist schon vorgesehen im Haushaltsplan, die Finanzierung des Nachtcafés und des Housing-First-Angebots sind gesichert.“ Mit dem Kölner Konzept sei ein wichtiger Schritt hin zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit gelungen, an dessen Erarbeitung „die engagierten Mitarbeitenden des Sozialamtes ebenso intensiv beteiligt waren wie die Träger“, sagte Markus Peters, Vorstand des Sozialdienstes Katholischer Männer und Vertreter der Träger der Wohnungslosenhilfe. „Mit dem Konzept sind hohe Erwartungen geschürt“, betonte er. „Jetzt ist es wichtig, dass diese Erwartungen nicht enttäuscht werden.“

„Einen Teil der Maßnahmen werden wir durch die eine Million Euro finanzieren, die wir auch für das laufende Jahr zur Vermeidung von Obdachlosigkeit in den Haushalt der Stadt eingestellt haben“, sagte Floris Rudolph von den Grünen. „Die Umsetzung des Konzeptes werden wir im Sozialausschuss eng begleiten. Jetzt ist es wichtig, mit den Maßnahmen zu starten und die Hilfen auf die Straße zu bringen.“ „Erwartungen zu schüren, die wir ob ihrer finanziellen Dimension nicht erfüllen können“ bereitet Katja Hoyer von der FDP „größte Bauchschmerzen“. „Wir können nur das beschließen, was wir auch finanzieren können“, sagte sie und enthielt sich der Stimme.

Mithilfe des 69 Seiten umfassenden Konzeptes, das sich ausschließlich auf die Wohnsituation von Menschen ohne Fluchthintergrund bezieht, will die Stadt das vom Europäischen Parlament 2020 proklamierte Ziel, Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 zu beenden, zumindest annähernd erreichen. Mit dem Focus auf den weiteren Prozess appellierte SKM-Vorstand Markus Peters: „Wichtig ist, dass die Kultur des Miteinanders auch im Umsetzungsprozess weiterentwickelt wird. Auch mit Blick auf das Priorisieren von Maßnahmen.“