Die Entscheidung in der Frage, ob auf der Achse zwischen Heumarkt und Aachener Weiher ein neuer Stadtbahntunnel gebaut wird, wird wohl nicht vor der Sommerpause des Kölner Stadtrates fallen.
Ost-West-Achse in KölnEntscheidung zum Tunnel wohl erst im Oktober
Es ist ein „Jahrhundertprojekt“ nach Einschätzung von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Entsprechend der Vorlauf: Sechs Jahre brauchte es von der ersten Ankündigung bis zur Fertigstellung des sogenannten „Variantenentscheids“ zur Ertüchtigung der Ost-West-Achse. Soll zwischen Heumarkt und Aachener Weiher ein Stadtbahntunnel gebaut, oder ein oberirdischer Ausbau durchgeführt werden? Die Antwort auf diese Frage war eigentlich für den 27. Juni vorgesehen. Im Stadtrat soll sie dann fallen. Doch daraus wird aller Voraussicht nach nichts. Viele Ratsmitglieder haben noch Detailfragen. Womit die Entscheidung wohl auf den Herbst verschoben ist.
Es war eine Nachricht, die vor allem bei den Befürwortern des Tunnels für Freude sorgte. Der sogenannte Kosten-Nutzen-Faktor läge beim Tunnel bei 1,4, beim oberirdischen Ausbau bei 1,3. Im Verhältnis gäbe es also beim Tunnel mehr Nutzen fürs Geld. Zwar dürfte die Vorlage zum Variantenentscheid mit nicht weniger als 50 Anlagen als eine der umfangreichsten in der Geschichte des Kölner Stadtrates eingehen. Aber zur Berechnung dieses Kosten-Nutzen-Faktors liegt gerade mal eine halbe DIN-A4-Seite bei, ein Schreiben eines beauftragten Ingenieurbüros. Dass es weit mehr als die bloße Nennung der Faktoren für die Varianten geben muss, lässt alleine schon die „Standardisierte Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen im öffentlichen Personennahverkehr“ erahnen, das Regelwerk zur Berechnung der Faktoren. Es hat rund 270 Seiten.
Aufhorchen lässt dabei einer der Sätze in der halbseitigen Erläuterung zum Kosten-Nutzen-Faktor: „Ausstehend ist noch die Erstellung und Abstimmung des detaillierten Erläuterungsberichts.“ Will sagen: Die Faktoren sind zwar schon berechnet, die Details zur Berechnung liegen aber noch nicht vor.
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Das ist der Punkt, an dem die SPD ansetzt. „Ich brauche diesen detaillierten Bericht, ansonsten fehlt mir die Basis für eine verantwortungsvolle Entscheidung“, sagt Lukas Lorenz, verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten. Und die Entscheidung der SPD ist aller Voraussicht nach die ausschlaggebende. Während Grüne und Linke sich schon für den oberirdischen Ausbau ausgesprochen haben, setzen CDU und FDP auf den Tunnel. Die SPD ist also der Mehrheitsbeschaffer.
Am Montagabend traf sich ein Kreis von rund 50 Parteimitgliedern. Es ging darum, die Linie in der Ost-West-Achsen-Frage zu finden. Doch die ist zerfasert. So plädierten einige Genossinnen und Genossen bei dem Treffen für den Tunnel, andere für den oberirdischen Ausbau und wiederum andere für einen eigenen Vorschlag, bei dem Tunnel unter dem Rhein her weiter ins Rechtsrheinische geführt werden soll.
Die SPD braucht also noch Zeit – und da kommt die fehlende Detailberechnung zum Kosten-Nutzen-Faktor gerade recht. Da der detaillierte Bericht noch nicht existiert, wird es wohl noch einige Zeit brauchen, bis er den Ratsmitgliedern vorgelegt werden kann. „Und damit sind wir mit einer Entscheidung wohl eher im Oktober“, sagt Lorenz. Die Verzögerung sei aber nicht der SPD anzulasten: „Ich gehe davon aus, dass alle Fraktionen das vorher sehen wollen.“
Das stimmt zumindest für die Grünen. Auch Lino Hammer, Vorsitzender des Verkehrsausschusses und Geschäftsführer der Ratsfraktion, will die Berechnungen sehen. Es sind unter anderem solche Details wie die ermittelten Erhaltungskosten für eine unterirdische Haltestelle und eine oberirdische, die ihn interessieren. KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks hatte dazu schon berichtet, dass der Tunnel in diesem Detail besser abschneide. „Wir haben kein Misstrauen gegen die Arbeit der Verwaltung , wir wollen uns nur möglichst fundiert informieren“, beton Hammer. Dass es damit erst im Oktober zur Entscheidung kommt, hält auch er „für nicht ausgeschlossen“.
Selbst bei den Tunnelbefürworten der CDU wird mittlerweile von einer Verschiebung in den Herbst ausgegangen. „Auch wir sind für fundierte Informationen, aber an diesem Punkt vertrauen wir der Verwaltungsarbeit. Wir sind sind jetzt entscheidungsfähig“, sagt Teresa De Bellis, verkehrspolitische Sprecherin der Union. „Aber ja, vor der Sommerpause wird es wohl keine Entscheidung geben“, schätzt sie ein.