- 400 Ladestationen für E-Autos im öffentlichen Raum: Die Stadt rüstet auf.
- Aber reicht das?
- Eine Einordnung mit anderen Großstädten.
Köln – Stolz reckten die Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Dieter Steinkamp, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stadtwerke, am „Eierplätzchen“ die elektrischen Tankrüssel in die Höhe: In der Südstadt wurde die erste Ladesäule für Elektrofahrzeuge im öffentlichen Raum freigegeben – nach drei anderen in Nippes, die aber auf ein anderes Projekt zurückgehen.
Die Säule in der Südstadt soll für etwas Großes stehen. 399 dieser Säulen werden nachziehen, 199 in den nächsten zwölf Monaten, 200 weitere in einem zweiten Schritt. Zunächst jeweils 20 in den Veedeln und 40 in der Innenstadt. Macht später einmal 800 Ladepunkte, an jeder Säule können sich zwei Autos gütlich tun. Alles Öko-Strom natürlich, um die Bilanz nicht gleich wieder kippen zu lassen. Bis zum Herbst ist das Laden umsonst, dann wird eine Ladegebühr fällig. Die Umsetzung geht zurück auf einen Ratsbeschluss aus dem Jahre 2016.
Verkehrswende wird elektrisch sein
„Es ist ein erster Schritt“, sagte Reker. „Es gibt in europäischen Metropolen keine Alternative zur Verkehrswende – und die wird elektrisch sein.“ Etwa 1,1 Millionen Euro kostet der Ausbau der Lade-Infrastruktur, 50 Prozent davon werden vom Bund gefördert. Damit sieht man sich in Köln gut gerüstet. „Wir liegen dann auf vergleichbarem Level wie andere Großstädte“, betonte Steinkamp. Dass das noch nicht so ganz hinkommt, sieht man allerdings an den Zahlen aus anderen Metropolen.
E-Autos in Köln
Die Technik: Akkus brauchen Gleichstrom. Die Umwandlung wird durch elektronisch gesteuerte Ladegeräte durchgeführt. Das kann entweder in der Ladestation oder im Fahrzeug verbaut sein. In Europa verfügen die Ladestationen überwiegend über keinen Wandler. „Chargemap.com“ listet zurzeit öffentlich zugängliche 115 Ladestationen in Köln auf, auch auf der „TankE“-Website der Stadtwerke werden die Stationen gelistet. Die Kölner Stationen werden zum größten Teil 20 Kilowatt liefern, so dass der Akku im Schnitt nach einer Dreiviertelstunde etwa halb voll ist. Am verbreitetsten sind zurzeit noch „Plug-in-Hybride“, deren Akkus einerseits über herkömmliche Motoren, andererseits aber auch extern geladen werden können.
Die Ladestationen:In Europa hat sich der „Typ 2“ durchgesetzt, der mit fast allen Elektrofahrzeugen kompatibel ist, aber oft nur eine reduzierte Ladeleistung abgeben kann, und das kombinierte System „Combo 2“ (CCS). In Amerika, China und Japan gelten andere Standards.
Die Statistik:In Deutschland hat München mit 1200 öffentlichen Ladestationen die Nase vorn, auch Hamburg und Berlin liegen deutlich über oder knabbern an der der 1000er-Marke. Köln wird Stand jetzt in den nächsten Jahren auf knapp die Hälfte kommen.
Im Vergleich:Weltweit hat China mit etwa 1,3 Millionen Stationen und über 600.000 verkauften Elektroautos pro Jahr die Nase vorn, gefolgt von den USA. Prozentual gesehen zieht Norwegen an allen vorbei – mehr als ein Drittel aller Kfz werden elektrisch bewegt. Ab 2025 werden hier gar keine Verbrenner mehr zugelassen.
Prämien:Seit Februar gelten neue Kaufprämien für mehr als 250 Modelle, für rein elektrische Fahrzeuge wie für „Plug-in-Hybride“. Auch rückwirkende Anträge sind möglich. Die Förderung ist vom Antrieb und dem Listenpreis abhängig. Am meisten Geld gibt es für reine Stromer bis zu einem Listenpreis von 40.000 Euro, hier gibt es bis zu 6000 Euro. (two)
In Köln möchte man das Ganze „bedarfsorientierter“ angehen, „von tatsächlichen Größen ausgehen“. Steinkamp rechnet mit 25.000 Elektrofahrzeugen in Köln im Jahr 2025 inklusive Plug-in-Hybride, jetzt sind es etwa 3500. Und damit, dass der öffentliche Raum bei der Energieversorgung dieser Fahrzeuge nicht die größte Rolle spielen wird: Selbstversorger und Firmenflotten wie beispielsweise die von Ford spielen in den Überlegungen der Stadtwerke eine große Rolle. „Wir können alles aus einer Hand anbieten können: Die Energieversorgung, die Software bis hin zur Wartung,“ erklärte Steinkamp. Ein nicht unerhebliches Geschäftsfeld für die Stadtwerke.
Köln liegt im Mittelfeld
Dass Köln wirklich bei der E-Mobilität vorne mitspielen wird, daran glauben allerdings noch nicht alle: Professor Roman Suthold etwa, Mobilitätsexperte des ADAC Nordrhein, erklärte kürzlich: „Bei der Anzahl der Ladepunkte für Elektroautos liegt Köln bundesweit im Mittelfeld und hinter Essen und Düsseldorf. Köln sollte sich an anderen Millionenstädten orientieren und die Marke von 1000 Ladepunkten überschreiten. Aus Angst vor Fehlinvestitionen hat die Stadt viel zu lange mit dem konsequenten Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur gewartet.“
Ob diese Einschätzung nun stimmen mag oder nicht – bei der Einrichtung der Ladepunkte gibt es wie immer einiges zu beachten. Es braucht Genehmigungen, eine geeignete Standortauswahl und die erforderlichen Tiefbauarbeiten, nicht immer einfach in dieser Stadt.
Technische Entwicklung geht weiter
In die Hände spielen könnte Köln langfristig die technische Entwicklung. Die Akkus werden immer leistungsfähiger, müssen seltener geladen werden. Das hieße im Umkehrschluss, dass man auch weniger Ladepunkte bräuchte.
In Berlin sehen die Zahlen dagegen etwas anders aus. Im öffentlichen Raum Berlins werden derzeit 853 Ladepunkte betrieben. Berlin liegt mit München und Hamburg bereits jetzt in der Spitzengruppe, was das Verhältnis von Ladesäulen zu E-Autos angeht. Damit soll aber längst nicht Schluss sein. Bis 2021 sind 1140 Ladepunkte geplant, bis in zwei Jahren 2000 Ladepunkte – und ab 2023 soll es mit einem beschleunigten Ausbau erst so richtig losgehen.
Infrastrukturausbau für nach 2020
Die Senatsverwaltung erarbeite derzeit die Planung des Lade-Infrastrukturausbaus für die Zeit nach 2022, sagte Senatssprecher Jan Thomsen. Momentan werde analysiert, wie und wo sich der Ladebedarf weiter entwickle. Die Berliner Erfahrungen mit den Ladepunkten seien ausgesprochen gut.
Auch in München stellt sich die Lage etwas anders dar als in Köln. Dort setzt man bereits seit seit 2015 ein Handlungsprogramm zur Förderung der Elektromobilität um – laut Aussage der Stadtverwaltung mit großem Erfolg und einem Finanzvolumen von insgesamt rund 65 Millionen Euro.
Zentraler Baustein des Programms
Ein zentraler Baustein des Programms ist der Aufbau und Betrieb von öffentlichen und privaten Ladesäulen im Stadtgebiet. So werden bis Ende 2020 die Stadtwerke München 1200 öffentliche Ladepunkte in Betrieb genommen haben, im Privatbereich wurden zusätzlich rund 970 Ladepunkte gefördert.
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Die Erfahrungen mit der so entstanden Ladeinfrastruktur seien äußerst positiv, erklärte ein Sprecher des Referats für Umwelt und Gesundheit in München. Und auch hier sieht man das Ende der Fahnenstange noch längst nicht erreicht. Köln hat sich auf den Weg gemacht – aber es wird noch eine Weile dauern, bis man wirklich Vergleichbares vorzuweisen hat.