- Sessionsauftakt am Ostermann-Brunnen statt auf dem Heumarkt: Das Coronavirus wirbelt auch den traditionellen Kölner Karnevalskalender durcheinander.
- Auch hinter den üblichen Partys und Bällen der großen Karnevalsgesellschaften zum Sessionsauftakt am 11. November stehen mehr als nur große Fragezeichen.
- Ob Karnevalssitzungen stattfinden können, ist ebenfalls ungewiss.
Köln – Nach den Sommerferien steigt üblicherweise weißer Rauch am Maarweg auf. Es gibt kein festes Datum, aber das Festkomitee (FK) Kölner Karneval gibt zu dieser Zeit verlässlich die Namen für das Dreigestirn der neuen Session bekannt. Auch das ist in diesem Jahr anders. „Wir brauchen noch etwas Zeit“, sagt ein Sprecher des Komitees. Möglicherweise wird das Geheimnis Ende September gelüftet, vielleicht später. Vor dem 11.11. sollen die Kölner aber schon wissen, welches Trifolium mit ihnen in diese schwere Session zieht.
Derzeit gibt es sehr viele offene Fragen zum Auftakt des jecken Brauchtums. Corona hat auch die Narren fest im Griff, und die aktuelle Lage ist nicht dazu angetan, die Feierlichkeiten groß zu planen. Erstmals hat das Festkomitee nun eingeräumt, dass es wohl keine große Feier auf dem Heumarkt geben wird. „Wir gehen im Moment von der kleinen Lösung am Ostermann-Brunnen aus“, sagt Michael Kramp, Sprecher des Festkomitees. Man sehe schon die Entwicklung der Infektionszahlen. Dies seien ganz andere als noch vor vier Wochen. Damals hatte das Festkomitee einen Sessionsauftakt mit Insellösungen auf dem Heumarkt ins Auge gefasst (die Rundschau berichtete). Demnach hätten die Feiernden in Zonen zusammen kommen können, mit Registrierung und Hygieneregeln – und natürlich einem standesgemäßen Bühnenprogramm. „Wir bleiben für diese Variante gerüstet“, sagt Kramp, „aber wir müssen auch realistisch sein.“
„Wir müssen realistisch sein“
Die kleine Lösung am Ostermann-Brunnen ist eine historische, aber auch eine (fast nur) für die Fernsehkameras. Das Wasserspiel in der Altstadt (eingeweiht im Februar 1939) diente der Ostermann-Gesellschaft seit 1969 als Bühne für die Sessionseröffnung. Es wurden einige Lieder gesungen, und dann hatte es sich.
Jecke Leitlinien
Die Jecken aus den Hochburgen in Köln, Düsseldorf, Bonn und Aachen sind mit der Staatskanzlei im Gespräch, um zu erörtern, unter welchen Bedingungen „Karneval“ gefeiert werden kann. Dazu wurden dem NRW-Gesundheitsministerium jüngst Leitlinien übergeben, die dieses bewerten soll.
Damit sollen Ehrenamtlichen Empfehlungen gegeben werden, wie überhaupt Veranstaltungen organisiert werden können. „Es handelt sich um Handlungsansätze, aber nicht um ein Hygienekonzept“, betont das Kölner Festkomitee.
Die Empfehlungen betreffen unter anderem: den Abstand zwischen Bühne und erster Reihe, das Stellen der Tische im Saal, den Zugangsbereich, die Abstände der Musiker einer Kapelle auf der Bühne, einen möglichen Plexiglasschirm für Büttenredner, die Ausgabe von Speisen und Getränken, die Einlasskontrollen und die Regeln zur Durchlüftung.
82 Tage sind noch Zeit bis zur Sessionseröffnung. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte zuletzt gesagt, dass er eine Komplettabsage des Karnevals für verfrüht hält. Euskirchen und Bornheim haben alle karnevalistischen Veranstaltungen gestrichen. (mft)
Später, als der Start in den Karneval immer größer wurde, zog man zum Alter Markt und dann zum Heumarkt weiter. Noch heute ist die Ostermann-Gesellschaft hier Veranstalter. „Wir haben zwei Varianten und legen uns noch nicht fest“, sagte Ostermann-Präsident Ralf Schlegelmilch. Er sagt aber auch: Bis Mitte September müssen wir uns entscheiden. Bei der kleinen Variante gäbe es das gleiche Bühnenprogramm wie auf dem Heumarkt (von 10.30 Uhr bis 16 Uhr), nur eben ohne Narrenvolk. Der WDR würde übertragen.
Die Traditionsgesellschaften wie Rote Funken, Ehrengarde und Nippeser Bürgerwehr planen derweil für den 11.11. eine eigene Veranstaltung in der Arena. Bislang hatten die großen Korps an diesem Tag Partys und Bälle im Hotel Maritim, im Pullmann oder im Dorint an der Messe organisiert. Offenbar glaubt man nicht mehr daran. In der Arena gibt es dagegen eine Struktur für Konzerte und Partys unter Corona-Bedingungen.
Kommentar: Frohsinn an der Leine
Jens Meifert zur kommenden „Corona-Session“
Wie sagt man Karneval eigentlich ab? Diese Frage hat Ministerpräsident Armin Laschet nicht beantwortet, als er sagte, der Zeitpunkt dafür sei (noch) nicht gekommen. Auch im Rathaus dürfte gegrübelt werden. Natürlich muss auf dem Heumarkt kein Bühnenprogramm stattfinden, der Platz lässt sich notfalls sperren. Aber wie lässt sich verhindern, dass die Menschen in die Stadt kommen, sich den Lappenclown überstreifen und launige Lieder singen? Muss ein Gasthaus am 11.11. gesperrt werden, weil ein exzessives Fest anders nicht zu vermeiden ist? Muss der Kölner am Ende an die Leine gelegt werden, um ihn mit all dem Frohsinn zu bändigen?
Die Brauchtumspflege wird in dieser Session diffizil. So viel steht fest. Das Festkomitee hat offenbar begriffen, dass alles dem Gesundheitsschutz unterzuordnen ist. Dahinter steht die Frage, wie die Stadt für Ordnung sorgen kann. Ein Elfter im Elften auf dem Heumarkt ist derzeit nicht vorstellbar. Aber im Straßenkarneval wird das Problem noch viel größer. Angebote wie das der Arena können helfen, um wenigstens den jecken Bazillus zu kontrollieren.
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„Die Traditionsgesellschaften wollen eine Heimat haben“, sagt Arena-Chef Stefan Löcher. „Die Gespräche laufen.“ Es gebe „eine große Sehnsucht nach Heimatklängen“, das sei zuletzt beim Konzert der Bläck Fööss am Wochenende zu spüren gewesen. Bis zu 2300 Gäste dürfen ins Deutzer „Henkelmännchen“. Mit Mundschutz im Foyer, ohne in den abgetrennten Boxen. Jede der neun Gesellschaften könnte also 200 bis 300 Karten verteilen, der Rest ginge in den freien Verkauf. Man habe Erfahrung, sagt Löcher, knapp 20 Konzerte haben stattgefunden. Mit personalisierten Tickets und auf aufwendiger Belüftung. Warum soll das nicht im Karneval gelingen?
Lachende Arena in Dauerschleife?
Tatsächlich beobachtet das Festkomitee das Vorhaben mit Interesse. Nicht so sehr wegen des 11.11., aber mit Blick auf den Jahresbeginn. Denn ob Sitzungen stattfinden können, ist ungewiss. Das Festkomitee hat mit den Jecken aus Bonn, Düsseldorf und Aachen Leitlinien entwickelt (Infotext). Aber wenn die Zahlen weiter steigen, nützen die Richtlinien nichts. Vielleicht könnte die Arena ein Zufluchtsort sein. Für die wurden bereits Karten verkauft, aus heutiger Sicht zu viele für einen Abend. Werden die Veranstaltungen nun gestreckt? Die Lachende Arena in Dauerschleife?
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„Wir haben immer gesagt, dass wir nicht um jeden Preis feiern wollen“, betont FK-Sprecher Kramp. Es dürfe nicht das Bild entstehen, die Kölner feiern einfach weiter, egal, was um sie herum passiert. „Wir wissen, dass es nicht so sein kann wie in den Jahren zuvor.“ Im Übrigen habe es keinen Mangel an Bewerbern gegeben für die Ämter von Prinz, Bauer und Jungfrau. Der Platz in den Geschichtsbüchern dürfte dem Corona-Dreigestirn sicher sein.