- Tommy Engel (70) entwickelte sich bei den Bläck Fööss vom Schlagzeuger zum unverzichtbaren Frontmann.
- Im Interview spricht er über seine Musikkarriere.
- Ein weiterer Teil unserer Serie aus Köln zum Jubiläum der Band
Köln – Wollten Sie jemals in Ihrem Leben etwas anderes als Musiker werden?Nein. Nach der Schule hatte ich anderthalb Jahre lang eine Ausbildung als Schornsteinfeger gemacht, bis ich eine Lungenentzündung bekam und aufgehört habe. Mein Vater wollte unbedingt, dass ich einen anständigen Job mache. Das hatten er und der Schornsteinfegermeister an der Theke entschieden. Für mich war immer klar: Das geht vorbei. Damals habe ich noch zu Hause in der Lotharstraße in Sülz gewohnt. Ich habe in meinem Leben immer wieder die Kraft aufgebracht an die Musik zu glauben und Musik zu machen.
Sie waren Schlagzeuger, haben aber sehr schnell als Frontmann gesungen. Schon bei den Stowaways, der Vorgängerband der Bläck Fööss.
Ja, ich habe Englisch gesungen, ohne die Sprache zu beherrschen. Wir mussten uns die Texte mühsam abhören und aufschreiben. Den jungen Leuten war aber egal, was wir gesungen haben. Bei der LP "Help" von den Beatles waren erstmals die Texte hintendrauf, das war eine Revolution.
Bei den Noten war es wahrscheinlich ähnlich?
Die Harmonien haben wir versucht rauszuhören. Vor allem der Bass war sehr schwammig. Um den Bass rauszuhören, musste man die Platte auf 78 Umdrehungen laufen lassen. Wir haben alle Tricks angewandt, um an die Lieder zu kommen.
Und dann fiel die Entscheidung, Kölsch zu singen.
Ein älterer Herr aus Porz hatte uns den Rievkooche-Walzer und die Silverhuuzick geschrieben und geschenkt. Im Studio haben wir ausprobiert, wer die Lieder singt. Erry Stoklosa hat es probiert, Peter Schütten und ich. Ja, und dann war ich der Sänger. Aber ich dachte: Das geht auch wieder vorbei. Ich habe nie daran geglaubt, Karriere damit zu machen. Wir waren Beatmusiker. Ich war Schlagzeuger. Also haben wir gesagt: Wenn kölsche Texte, dann mit unserer Art von Musik. Irgendwann merkten wird, dass es funktioniert. Wir haben alle am Bläck-Fööss-Projekt gearbeitet. Ich stand vorne.
Wie waren die ersten Auftritte im Karneval? Ohne Bühnenoutfit und mit langen Haaren?
Es gibt haarsträubende Geschichten, denn wir waren nicht angepasst. Neben uns gab es zu dieser Zeit das Eilemann-Trio und Toni Steingass. Unsere Texte hatten einen sozial-kritischen Aspekt, das war neu. Hartmut Priess, Erry Stoklosa und ich saßen damals in der Ringschänke und überlegten, das Kinderlied "Mach doch bei uns mit" in "Drink doch ene met" umzubenennen. Das waren die Anfänge.
Die Literaten beim karnevalistischen Vorstellabend waren nicht sehr amüsiert.
Der Journalist Eberhard Gravenstein hatte uns durch seine Kontakte einen Auftritt beim Literatenstammtisch verschafft. Wir kamen mit einem alten Revox-Tonbandgerät von Erry da rein und haben denen den Rievkoochewalzer und die Silverhuuzick vorgespielt.
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Mein Vater war ja bei den "Vier Botze", das hatte den Einstieg vielleicht etwas erleichtert. Der Stammtisch-Besuch hat uns 60 Buchungen für Karneval eingebracht. Für jeweils 80 Mark, die wir durch sechs geteilt haben.
Sie haben fleißig neue Lieder produziert.
Wir hatten mit Hans Knipp einen guten Mann, der uns zur Seite gestanden hat. Er hatte schon Erfolge mit "Ene Besuch em Zoo" und "Mer schenke der Ahl e paar Blömcher". Er kannte mich und wusste, wie ich die Lieder rüberbringe. Er hat mir "Et Meiers Kättche" und andere Lieder auf den Leib geschrieben. Manchmal lag er auch daneben. Aber es war insgesamt sehr produktiv. Wenn ich den "Hussmeister Kaczmarek" singe, bin ich das in dem Moment auch. Mein Vater hat mir dieses Talent vererbt.
Die Fööss waren richtig gute Sänger, das A capella-Album ist ein Resultat daraus. War das harte Arbeit?
Wir hatten so ein hohes Auftrittspensum, dass wir gut eingesungen waren. Da wusste jeder, wie der andere atmet. Am Groov von "Ladysmith black Mambazo" haben wir lange gearbeitet. Wir waren fleißig. Die Fööss sind es heute noch.
Sie gelten als "Stimme der Stadt". Empfinden Sie das als Ehre?
Klar. Viele alte Lieder der Bläck Fööss habe ich gesungen. Ich bin sozusagen das Original. Ohne "Veedel" komme ich in meinem Programm nicht von der Bühne, genau so wenig wie die Fööss. Das wollen die Menschen hören. Wir haben alle unseren Anteil daran.
Es heißt oft, die Trennung von den Fööss sei nicht ihr Lieblingsthema. Ist das immer noch so?
Ich würde nie ein schlechtes Wort über die Bläck Fööss verlieren. Es überwiegen die guten Sachen, der Rest ist abgehakt. Wir sind alle endlich, da lohnt sich kein Lamentieren. Dennoch muss man grundsätzlich auch zurückschauen im Leben, weil jeder eine Geschichte hat und man Dinge lernt und mitnimmt. Mir ist es wichtig, mir treu zu bleiben. Wolfgang Niedecken hat es auf den Punkt gebracht: Jraduss. Man muss jeden Tag daran arbeiten, ein guter Mensch zu werden.
Welche Lieder sind Ihnen ans Herz gewachsen?
Das ist nicht nur der Kaczmarek und das Meiers Kättche. Im neuen Programm werde ich die Nummer "Ungerm Adler" singen, der Text stammt von Hans Knipp. Eine sehr schöne Nummer, in der es um den Adler im Friedenspark geht. Diese Nummer will ich unbedingt nochmal singen.
Ein Anti-Kriegslied. Die Fööss haben in den 1970er Jahren auch gegen Baumfällungen gespielt und Hausbesetzer unterstützt.
Wir haben viel über solche Themen gesprochen. Das Problem war aus meiner Sicht bei Auftritten mit politischem Hintergrund, dass ich immer vorne stand und reden musste. Da wären andere geeigneter gewesen. Dafür musste man sich intensiv mit den Anlässen unserer Auftritte beschäftigen. Aber das ging mir nicht nur in Köln so, sondern auch in Süddeutschland. Wir standen nach Hannes Wader auf der Bühne und sangen: Die Mama kritt schon wieder e Kind. Auch das musste man den Leuten erklären.
Ihr Sohn Kai spielt bei Brings, die ihrerseits im Jahr 2000 mit "Superjeilezick" den Karneval revolutioniert haben. Was haben Sie damals gedacht?
Mein Sohn hatte mir das Lied in der Garage meines Schwagers vorgespielt. Ich dachte sofort an "Those were the days my friend". Das war nicht deren Musik, habe ich gedacht. Aber der Erfolg hat ihnen Recht gegeben.
Wann stand fest, dass aus Spaß Ernst wird und Sie wirklich von der Musik leben können?
Ich hatte viele Jobs, ich habe Kaffee gefahren, war bei der Starkstrom-Anlagengemeinschaft und habe mit der Firma die Elektrik beim Zoo-Aquarium installiert. Aber ich habe schnell gesagt: Jetzt ist Schluss. Ich kam nachts um drei Uhr von Karnevalsauftritten nach Hause und musste morgens um sieben Uhr arbeiten. Das ging nicht. Der Anfang war schon hart.
Nun sollen Sie beim Jubiläumskonzert auf dem Roncalliplatz dabei sein. Mussten Sie überredet werden?
Nein, überhaupt nicht. Zum 30- und 40-Jährigen war ich nicht eingeladen, jetzt darf ich kommen, das freut mich. Für die Menschen muss das so sein. Es gibt keine Berührungsängste. Wir haben uns gegenseitig geprägt.