Köln – Volker Weininger, in seiner Rolle als meist großzügig abgefüllter Sitzungspräsident eigentlich um keinen Spruch verlegen, soll recht perplex gewesen sein beim Griff zum Bierglas. Bei der Aufzeichnung zur ARD-Fernsehsitzung hatten ihm die Verantwortlichen des Kölner Festkomitees nicht nur die Senffass-Bütt aus Düsseldorf auf die Bühne gestellt, sondern auch ein Alt-Bier serviert. „Er war sichtlich überrascht“, erzählt Programmgestalter Dr. Joachim Wüst noch Tage später amüsiert.
Eine solche Fernsehsitzung, wie sie am Rosenmontag im Ersten ausgestrahlt werden wird, hat es noch nie gegeben, das darf ohne Übertreibung behauptet werden. Kabarettist Wilfried Schmickler hatte seine Rede im legendären Käfig der Aachener Ordensverleihung „Wider den tierischen Ernst“ gehalten und im Theater am Tanzbrunnen, wo vor genau einer Woche die Kameras aufgebaut worden waren, bildeten zahlreiche Figuren des Komponisten Ludwig van Beethoven die stumme Kulisse. Eine Hommage an die rheinischen Karnevalshochburgen.
Das Kölner Sessionsmotto „Nur zesamme sin mer Fastelovend“ war die Vorlage für die Geste karnevalistischer Städtepartnerschaft. „Wir haben das Motto weitergedacht, schließlich bewerben wir uns als rheinischer Karneval um das immaterielle Weltkulturerbe“, erklärt Wüst. Und nur in Köln findet in dieser pandemisch dezimierten Session eine Fernsehsitzung statt. „Was vom Rosenmontag übrig blieb“ lautet der Untertitel der Sendung. Weil es auch keinen Elferrat geben wird, haben sie allerlei Accessoires vergangener Rosenmontagszüge im Tanzbrunnen als Kulisse aufgebaut.
Statt acht Musikgruppen und fünf Rednern, die normalerweise bei zwei Abendveranstaltungen im Gürzenich die künstlerische Verfügungsmasse für die Fernsehmacher bilden, ist es dieses Jahr umgekehrt. Das Programm ist stark rednerlastig, sogar Comedian Ingo Appelt wird zu sehen sein.
Karneval im TV
Mittwoch, 10. Februar18 Uhr, RTL-West: Karnevalsturbo, die schnellste Sitzung aller Zeiten. (11,11 Minuten)23 Uhr, WDR: Shalom und Alaaf. Dokumentation über die „Kölschen Kippa Köpp“.23.30 Uhr, WDR: Karneval mit Haltung. Die unbequemen Jecken von Karl Küpper bis Kasalla.
Donnerstag, 11. FebruarIm WDR-Fernsehen werden ganztägig Karnevalssendungen gezeigt, eine Auswahl:
9.20 Uhr, WDR: Brings live im Autokino.18 Uhr, RTL-West: Karnevalsturbo, die schnellste Sitzung aller Zeiten. (Teil 2)20.15, ZDF: Kölle Alaaf, die Mädchensitzung.22.15 Uhr, WDR: Die etwas andere Stunksitzung 202123.45 Uhr, WDR: Die schönsten Lieder der Stunksitzung – 33 Jahre Köbes Underground.
Freitag, 12. Februar18 Uhr, RTL-West: Karnevalsturbo, die schnellste Sitzung aller Zeiten. (Teil 3)23.25 Uhr, WDR: Marc Metzger (Live), Aus dem Tagebuch eines Büttenredners.
Samstag, 13. FebruarIm WDR-Fernsehen werden ganztägig immer wieder Karnevalssendungen gezeigt, hier eine Auswahl.11 Uhr, WDR: Divertissementchen, Corona Colonia.20.15 Uhr, WDR: Jet zo laache – unsere besten Karnevalsredner.21.45 Uhr, WDR: Super Süper, Porträt über Hans Süper.
Sonntag, 14. FebruarIm WDR-Fernsehen werden ganztägig immer wieder Karnevalssendungen gezeigt, hier eine Auswahl:11.30 Uhr, WDR: Das etwas André Karnevalskonzert.20.15 Uhr, WDR: Sing doch eine met, das kölsche Tauschkonzert.22.45 Uhr, WDR: Deine Sitzung 2021, mit Mett geimpft (neue Nummern u.a. mit Beerbitches, Jürgen Becker) .
Montag, 15. FebruarIm WDR-Fernsehen werden ganztägig immer wieder Karnevalssendungen gezeigt, hier eine Auswahl.14 Uhr, WDR: Rosenmontag in Köln, der ausgefallenste Zoch. (Wiederholung um 22.45 Uhr)18 Uhr, RTL-West: Karnevalsturbo, die schnellste Sitzung aller Zeiten. (Teil 4)20.15 Uhr, ARD: Karneval in Köln 2021, Fernsehsitzung.
Moderiert wird die Sitzung von Guido Cantz, Dr. Joachim Wüst, der Vize-Präsident des Festkomitees, spielt den frechen Gehilfen und lässt bei der Corona-konformen Übergabe der Orden allerlei Einfallsreichtum aufblitzen. Appelt bekommt seinen Orden auf einem Rollbrett geliefert, Schmickler an einer Angel, Bernd Stelter per ferngesteuertem Traktor und Achnes Kasulke am Staubwedel. Ein besonderer Moment der ARD-Sitzung ist der Auftritt von BAP-Sänger Wolfgang Niedecken mit den Bläck Fööss.
Mit Spannung wird Weiberfastnacht der große Spendenmarathon aus der Lanxess-Arena erwartet. Viele Bands treten dort für die Aktion „Mer looße üch nit allein“ auf, bis zum Dienstagabend war bereits knapp eine halbe Million Euro gespendet worden. Mit dem Geld sollen Bühnenarbeiter und andere Menschen der Veranstaltungsbranche unterstützt werden, die besonders stark unter dem Verbot von Großveranstaltungen zu leiden haben. Die Veranstaltung, moderiert von Guido Cantz und Mirja Boes, wird ab 10.30 Uhr live gestreamt (www.nitallein.de).
Die erste Fernsehsitzung aus Köln wird bereits Weiberfastnacht zu sehen sein, das ZDF hat seine traditionelle Mädchensitzung am 13. Januar in den Sartory-Sälen aufgezeichnet. Auch hier dominiert das Hygienekonzept die Formalitäten der Feierlichkeit. Die Mariechen der Korps und Tanzgruppen sitzen dezimiert zu siebt im Elferrat, artig getrennt durch Plexiglaswände.
Die gleiche Sicherheitsmaßnahme wird bei den Musikern des Orchesters ergriffen. Klüngelköpp, Kasalla, Domstürmer, Cöllner und Räuber musizieren im Vollplayback, um den technischen und personellen Aufwand bei der Produktion gering zu halten. Im ZDF werden außerdem das Kinderdreigestirn, Jürgen Beckers, Martin Schopps, Jörg Runge, Ingrid Kühne und Ruhrpott-Witzbold Markus Krebs zu sehen sein.
Für das Fernsehen sind die Auftritte der Bands im leeren Saal eine Hürde. Wo sonst der Kameraschwenk in die schunkelnde Menge geht, herrscht nun Tristesse. Von vielen Bands soll daher nur ein Lied gezeigt werden. Viele Künstler haben sich an die neue Arbeitswirklichkeit gewöhnt. Der WDR ließ für seine Aufzeichnungen von allen Künstlern Corona-Tests nehmen, auch beim Tauschkonzert, das am Sonntag ausgestrahlt wird.
„Ein sehr schönes Format“, lobt Peter Brings die kölsche Version des Konzepts, mit dem der Sender VOX seit Jahren bundesweit Erfolg hat. Die Musiker von Brings haben sich für die Höhner-Nummern „Wann jeiht der Himmel widder op“ und „Marie“ entschieden – „meine Lieblingsnummer“, sagt Peter Brings. Vielleicht ein Konzept mit Zukunft.