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Konzertmetropole KölnKonzept soll neue Open-Air-Flächen ermöglichen

Lesezeit 6 Minuten
Im Jugendpark fanden bis 2020 auch während Corona unter anderem Kopfhörer-Konzerte statt.

Im Jugendpark fanden bis 2020 auch während Corona unter anderem Kopfhörer-Konzerte statt.

Köln gilt als Konzertmetropole. Doch während Arena und Stadion reihenweise Weltstars anziehen, gibt es immer wieder Probleme, wenn es um Open-Air-Flächen geht. Ein neues Konzept soll das nun ändern.

Köln ist Konzertmetropole. Eine andere Einschätzung ist kaum möglich. Zumindest immer dann, wenn mal wieder ein Weltstar in der Arena oder im Stadion aufschlägt. Elton John war hier, Robbie Williams, Madonna oder Sting – und das allein im vergangenen Jahr. Die Lanxess-Arena bedient sich seit vielen Jahren aus dem obersten Regal der Musikbranche. Gerade erst haben die britischen Synthie-Pop-Legenden von Depeche Mode ihre Welttournee in Köln abgeschlossen. Und lockten dabei Fans aus dem ganzen Land und dem Ausland nach Köln. Die drei Shows sahen fast 50.000 Menschen. In Mülheim ziehen Palladium, Carlswerk und E-Werk regelmäßig deutsche und internationale Stars an, der schönste Konzertsaal überhaupt ist für viele das Gloria-Theater. Dazu kommen kleinere Läden, die so ziemlich jede Nische bedienen. Und die Clubszene mit dem Bootshaus als internationales Aushängeschild.

Die Synthie-Pop-Legenden von Depeche Mode versammelten an drei Abenden fast 50.000 Menschen in der Lanxess-Arena.

Die Synthie-Pop-Legenden von Depeche Mode versammelten an drei Abenden fast 50.000 Menschen in der Lanxess-Arena.

Doch auch die Konzertmetropole Köln hat so seine Probleme. Immer dann, wenn die Kultur in den warmen Monaten nach draußen drängt. Konzerte und andere Kulturveranstaltungen unter freiem Himmel wurden in den vergangenen Jahren immer wieder zum Streitpunkt. „Eine gute Idee führte nicht immer zur Veranstaltung“, sagt Jens Ponke aus dem Vorstand der Klubkomm, dem Kölner Interessensverband für Clubs und Veranstaltende. Der Genehmigungsprozess dauere zu lange, sei zu teuer und zu kompliziert, hieß es immer wieder. Und oft scheitert der Prozess. Prominente Beispiele sind der Jugendpark oder das Veranstaltungsgelände an der „Südbrücke“ (siehe Infotext unten). Was ein Gelände wie die „Südbrücke“ für eine Strahlkraft für die ganze Stadt haben kann, zeigte sich im vergangenen Sommer, als die Open-Air-Bühne unter anderem Peter Fox nach Poll lockte. Der Roncalliplatz am Dom ist einer der schönsten Flächen für Open-Air-Konzerte in der Stadt. Die Bläck Fööss haben hier ihren Legendenstatus gefestigt, Weltstars wie Nigel Kennedy und Chilly Gonzales gastieren hier im Sommer. Doch Ärger mit Anwohnern schränken die Freiheit stark ein: um 22 Uhr muss Schluss sein. Nicht nur Wolfgang Niedecken und BAP haben jede Lust auf weitere Konzerte am Dom verloren.

Dass eine Stadt wie Köln mehr dieser Open-Air-Momente bekommen muss, um auch im Sommer ihrem Ruf als Konzertmetropole gerecht zu werden, da sind sich so ziemlich alle Akteure einig. Abhilfe soll nun ein stadtweites Open-Air-Konzept schaffen. Zuständig dafür ist die Stabsstelle Kulturraummanagement (KRM) der Stadt. „Zu einer Metropole gehört es dazu, dass man Flächen hat, auf denen die Bürgerinnen und Bürger sich entfalten können“, sagt deren Leiter Ben Thele. „Es liegt einfach in der Natur der Sache, dass die Menschen Kultur gerne auch im Freien erleben möchten.“ Ende April soll das Konzept im Kulturausschuss zum Beschluss vorgelegt werden.

Open Airs in Köln: Gute Zusammenarbeit zwischen Stadt und Szene

Doch wie sieht das Konzept genau aus? „Im besten Fall ist es irgendwann so, dass Veranstalter mit ihrer Veranstaltung zu uns kommen und wir schauen auf unser Portfolio, welche Fläche sich dafür eignet“, erklärt Thele. Dafür hat das KRM eine Systematik geschaffen, mit der sowohl Flächen als auch Veranstaltungen in verschiedenen Kategorien bewertet werden: Die Größe, die Anzahl der Menschen, oder die Lärmemission. „Für ausgewählte Flächen haben wir beispielsweise sehr komplexe Lärmschutzbetrachtungen erstellt“, sagt Thele. Denn die Anforderungen verschiedener Veranstaltungen kann ganz unterschiedlich ausfallen. Die Bandbreite kann von der unverstärkten Poetry-Slam-Veranstaltung bis zum Techno-Rave reichen. Auch die Klubkomm war an der Entwicklung des Konzepts beteiligt. „Wir als Szene konnten helfen, aus den Problemen der vergangenen Jahre die To-Dos für die Zukunft abzuleiten“, sagt Jens Ponke.

Die Musiker von Brings spielten im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Beethoven-Orchester ein Open Air auf dem Roncalliplatz.

Die Musiker von Brings spielten im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Beethoven-Orchester ein Open Air auf dem Roncalliplatz.

Bei der Zusammenführung von Veranstaltung mit der passenden Fläche hört die Arbeit des KRM aber nicht auf. Ziel sei es vor allem, den Genehmigungsprozess zu vereinfachen. Dafür hat das KRM die genehmigenden Behörden – Bauaufsicht, Ordnungsamt oder Umweltamt – an einen Tisch gebracht. „Der Veranstalter kriegt von uns Unterlagen mit an die Hand, die er für das Genehmigungsverfahren braucht“, sagt Thele. Wenn gewisse Rahmenbedingungen eingehalten werden, soll der Antrag anschließend schnell durch den Genehmigungsprozess gehen. „Wir beginnen dadurch nicht immer wieder bei null, weil bestimmte Schritte im Genehmigungsprozess bereits vorformuliert werden“, sagt Ponke. Aus Sicht der Klubkomm verspreche das Konzept, ein Erfolgsmodell zu werden.

Schon in diesem Jahr könnte es zwei neue Open-Air-Flächen im Rechtsrheinischen geben. Im Bereich des Deutzer Hafens geht es dabei um den „Essiggarten“ der Essigfabrik und um den Osthof der Hallen Kalk. Eine Fläche in Rheinnähe und eine mit industriellem Charme also. „Es ist mein klarer Wunsch, dass dort in diesem Jahr etwas stattfinden soll“, sagt Ben Thele. Eine „Reihe von Veranstaltungsformaten, auch Konzerte“, könnten auf diesen beiden Flächen stattfinden. Die Bereitschaft der Stadt für neue Flächen sei entscheidend, findet Ponke. „Das hatten wir in den vergangenen Jahren nicht.“ Die Genehmigungsprozesse laufen. Auch in diesem Jahr unterstützt das KRM übrigens bestehende sowie neue Open-Air-Projekte mit insgesamt 100.000 Euro.

Open-Air-Konzept in Köln: Potenzial für weitere Flächen im Rechtsrheinischen

Das Open-Air-Konzept soll auch bei den Veranstalterinnen und Veranstaltern wieder mehr Lust auf neue Projekte machen. Bei einer Veranstaltung im vergangenen Jahr habe Thele den Frust in der Szene gespürt. Viele engagierte Leute hätten gemerkt, dass sie mit ihren Ideen nicht weiterkommen oder sogar Rückschritte machen. Bei einem Symposium im Dezember sei die Grundstimmung dagegen schon viel positiver gewesen. „Wir sind auf einem guten Weg, wir können natürlich aber auch nicht alle Probleme lösen.“ Manche Anliegen hätten Grenzen. „Das wird oft dann öffentlich immer ein bisschen verkürzt dargestellt. Manche Unterlagen, die eingereicht werden, entsprechen dann doch nicht den erforderlichen Standards.“

Langfristig soll das Portfolio der Flächen, die das KRM in ihre Systematik integriert, immer größer werden. „Es gibt noch eine Reihe an Flächen, die erschlossen werden können“, sagt Thele. Dafür seien allerdings politische oder verwaltungsinterne Entscheidungen nötig. Vor allem im Rechtsrheinischen sei Potenzial vorhanden. Auch für Flächen, auf denen größere Konzerte stattfinden könnten. Solche also, die für die ganze Stadt eine gewisse Strahlkraft entfalten und dem Image als Kultur- und Konzertmetropole Futter geben.


Die „Südbrücke“

2021 startete das Veranstaltungsgelände der „Südbrücke“ (früher Poller Strandbar) an der Alfred-Schütte-Allee mit einer temporären zweimonatigen Spielerlaubnis. Ein Jahr später scheiterte der Bauantrag für eine dreijährige Nutzung. Die „Südbrücke ist damit bestes Beispiel für die Probleme, die es im Open-Air-Bereich auch anderen Orten in der Stadt gibt. Die Stadt führte gleich mehrere Gründe an: Neben dem Argument des Anwohnerschutzes sei eine Vergnügungsstätte in einem Industriegebiet laut Baunutzungsverordnung nicht zulässig, teilte die Stadt damals mit. Hinzu kam, dass das Gelände Fortpflanzungs- und Ruhestätte der Zauneidechse war. In diesem Jahr wird die „Südbrücke“ so wie im vergangenen Jahr mit Einzelgenehmigungen arbeiten. „Die Genehmigungsprozesse laufen“, teilt die Stadt dazu mit. In diesem Sommer sind unter anderem Konzerte von Bosse oder Bukahara geplant.