Der WDR entscheidet, ob er den Konflikt ausstrahlt
Gabriele Möller-Hasenbeck findet die aktuellen Reaktionen teilweise als „unterste Schublade“
Köln – Die Gleichstellungsbeauftragte hat sich nicht eingeschaltet, und in der Berliner CDU-Parteizentrale trat kein Krisenstab zusammen. Aber sonst kommt im Land kaum jemand an der Doppelnamen-Affäre vorbei. Gabriele Möller-Hasenbeck (57), selbstständige Steuerprüferin aus Weimar, hat dem Kölner Festkomitee im Vorbeigehen eine Feminismus-Debatte aufgegeben. Auslöser waren die Gags von Redner Bernd Stelter über CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Nun muss der WDR entscheiden, ob er den Konflikt zwischen dem Comedian und der Besucherin ausstrahlt.
Der WDR überlegt in der Regel gemeinsam mit dem Festkomitee, welche Beiträge in die Zusammenfassungen gelangen (siehe Infobox unten). Ausgewählt wird aus der Hörfunksitzung vom Mittwoch und der TV-Sitzung vom Freitag. Doch dieses Mal steht der Schnitt unter besonderer Beobachtung. Zwar hat der WDR am Wochenende regional in Wort und Bild über den Vorfall berichtet, wenn es in der bundesweiten Zusammenfassung nicht zu sehen wäre, käme vermutlich dennoch schnell der Zensurvorwurf auf. Spötter sagen: Unterhaltsamer als das Programm ist die Konfrontation auf der Bühne allemal.
WDR-Übertragung
3 Stunden und 15 Minuten dauer die Zusammenfassung der Hörfunk- und TV-Sitzung des WDR. Zu sehen ist sie am Rosenmontag ab 20.15 in der ARD. Am gleichen Abend kommt ab 23.40 Uhr im WDR-Fernsehen eine längere Zusammenfassung, die bis 4.50 andauert. Zu sehen sind Musiker wie die Bläck Fööss, Kasalla, Cat Ballou und Querbeat und als Redner neben Stelter unter anderem Hausmann Jürgen Beckers und „Sitzungspräsident“ Volker Weininger. (mft)
„Wir gehen davon aus, dass der WDR den Auftritt vom Mittwoch zeigen wird“, sagt Tanja Holthaus, Sprecherin des Festkomitees. Man könne dem WDR nun wirklich nicht vorwerfen, er wolle etwas vertuschen. Im Übrigen habe die Besucherin aus Weimar reichlich Aufmerksamkeit bekommen.
Reaktionen in sozialen Netzwerken
„Die letzten Tage waren nicht sehr angenehm“, sagt Gabriele Möller-Hasenbeck. Vor allem ihr Mann, der in den sozialen Netzwerken aktiv ist, habe einen regelrechten Shitstorm abbekommen. „Da kamen Sachen wie: Hast Du deine Frau nicht im Griff?“, sagte die 57-Jährige der Rundschau. Stelter hatte bei der Aufzeichnung der TV-Sitzung minutenlang über den Namen von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) gewitzelt. Die Besucherin aus Weimar hatte gepfiffen und war dann auf die Bühne gekommen. Das Festkomitee ließ sie aus dem Saal bringen. „Wenn ich die Folgen gekannt hätte, hätte ich das nicht gemacht“, sagt Möller-Hasenbeck. „Aber wenn man immer nur an die Folgen denkt, wäre das Leben doch langweilig.“
Die Jecke aus Thüringen kommt seit fünf Jahren nach Köln, um eine Karnevalssitzung im Gürzenich zu besuchen. Die aktuellen Reaktionen empfindet sie teilweise als „unterste Schublade“. Sie halte die Stelter-Rede immer noch für frauenfeindlich. „Wir haben unsere Namen alle von Männern – von unseren Vätern und Ehemännern. Warum muss man da so blöde Witze drüber machen? Das regt mich einfach auf.“ Daher habe sie anfangs spontan gepfiffen. Das könne sie übrigens so gut, weil sie daheim zwei große Hunde hat.
Der Vorfall hat sich übers Wochenende zum „StelterGate“ ausgewachsen. Der Comedian hatte zunächst zurückhaltend reagiert. Er könne gar nicht glauben, dass dieses Thema nun im ganzen Land für Aufregung sorge. „Ich werde pausenlos darauf angesprochen“, sagte er gestern im Gespräch mit der Rundschau. 800 E-Mails habe er seit Samstag bekommen. „Alle sagen: ,Lass’ dich nicht beirren, mach weiter’.“ Daher habe er es nun ins Programm aufgenommen und erinnere an der fragwürdigen AKK-Stelle an die Freiheit der Narren.
Auffallend ist, dass in den sozialen Netzwerken Frauen das Vorgehen der 57-Jährigen als mutig und couragiert bewerten, Männer sie eher als humorloses Wesen, die zum Lachen in den Keller geht, abqualifizieren. Und der Spott ist natürlich allgegenwärtig. Die Debatte wird inzwischen aber auch in den Bewertungsportalen der Steuerprüferin abgehalten. „So viel Mut verdient Lob“, steht da nun, aber auch ganz andere, wenig schmeichelhafte Bewertungen, die sich erkennbar nicht auf ihr berufliches Tun beziehen. Die Debatte hat sich also längst auf ihr Berufsleben ausgewirkt.
Eine Feminismus-Debatte aus seiner Rede abzuleiten, hält Stelter für „völligen Blödsinn“. Redner-Kollege Martin Schopps unterstützt ihn per ironischem Facebook-Post: „2040 sind neben Zoten Witze über Doppelnamen verboten, eine Spezialeinheit aus Weimar beobachtet scharf, was in Köln auf den Bühnen erzählt werden darf.“ Versteht also mal wieder keiner den Kölner an sich? Stelter glaubt, dass das Thema im Land anders diskutiert werde. Ein Karnevalssaal sei nun mal kein Gesellschaftsforum. „Jeder ist eingeladen, nach Köln zu kommen und hier Karneval zu feiern. Aber es wäre gut, wenn er ein wenig Humor mitbringen würde.“
Gabriele Möller-Hasenbeck wird 2020 definitiv eine Pause einlegen. „Im nächsten Jahr komme ich ganz bestimmt nicht nach Köln“, sagt sie. Für den nahenden Rosenmontag habe sie noch keine Pläne. Aber eins steht fest: „Den Fernseher schalte ich bestimmt nicht ein.“