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Kölsch-Brauerei in KölnMalzmühle übernimmt Sünner-Brauerei in Kalk

Lesezeit 5 Minuten
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Die Sünner-Brauerei in Köln-Kalk 

Köln – Die Bilder von Bill Clinton in der Malzmühle gingen um die ganze Welt. Ob der Besuch am Rande des G8-Gipfels im Jahr 1999 in Köln wirklich so spontan war wie kolportiert, sei dahingestellt. Sicher ist, die traditionsreiche Brauerei zur Malzmühle gilt als zweitälteste Kölsch-Brauerei nach Sünner. Und eben diese hat „Mühlen“ nun übernommen. Die zwei ältesten Kölsch-Brauereien sind ab Anfang nächsten Jahres also unter einem Dach vereint.„Das passt wunderbar zusammen“, sagt Michael Rosenbaum, Geschäftsführer bei der Malzmühle. „Wir haben die selbe Philosophie, brauen beide handwerklich.“ Und daran soll sich auch nichts ändern. Sünner bleibt als eigenständige Marke erhalten, mitsamt dem gesamten Portfolio. Von Spirituosen über das „Kölsche Wasser“ (die Limo) bis hin zum Bier. Lediglich konzeptionell wolle man das Angebot überarbeiten, „damit die im Moment vielleicht nicht ganz so erfolgreiche Marke Sünner wieder erfolgreich wird“.

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Die Malzmühle 

Sünners harter Kampf während Corona

Sünner hatte während der Corona-Pandemie besonders hart zu kämpfen: „Als kleine, fassbierlastige Traditionsbrauerei hatten wir auch vor der Pandemie schon mit großen Herausforderungen zu kämpfen“, erklärt Astrid Schmitz-DuMont aus der Sünner-Inhaberfamilie. Die Lockdowns machten die Sache nicht besser. „Aber wir sind etwas Besonderes. Wir sind die älteste Kölsch-Brauerei der Welt und diese zu erhalten, war unser oberstes Ziel.“ Sie macht keinen Hehl daraus, dass sie auch der Politik eine Mitverantwortung für die Schwierigkeiten der Branche gibt: „Gegen die Schließung der Gastronomie und die verfehlte, bürokratische und wenig verlässliche Hilfestellung der Politik konnten wir letztendlich nichts mehr ausrichten.“ So sei man dankbar, dass man gemeinsam mit Malzmühle eine Möglichkeit gefunden habe, die Marke und ihre Produkte wie auch den Standort in Kalk in seiner ursprünglichen Form der Nutzung mitsamt seinen Arbeitsplätzen zu erhalten.

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Denn die, so sieht es die Vereinbarung vor, werden von der Malzmühle allesamt übernommen. Und sie werden wohl auch gebraucht, denn mit der Übernahme ergeben sich für die Malzmühle gleich eine ganze Reihe einschneidender Veränderungen. Die größte und vielleicht wichtigste: Die Mühlen-Produktion wird nach Kalk verlagert, dorthin, wo mit dem Hauptgebäude der ehemaligen Zechenbrauerei von 1890 das älteste in seiner ursprünglichen Funktion betriebene Industriedenkmal der Stadt überlebt hat.

Das schafft Platz für Neues am Heumarkt. „Wir werden die frei werdenden Räumlichkeiten nutzen und den Gastronomie-, wie auch den Hotelbetrieb erweitern“, erklärt Rosenbaum.Nach dem Auslaufen des Vertrages über das Museum „Höhnerstall“ hat sich dort ohnehin schon einiges getan: Das „Anno 1858“ ist entgegen seines Namens eine moderne Event-Location mit einer 20 Quadratmeter großen Video-Projektionsfläche plus einer zwei auf dreieinhalb Meter großen LED-Leinwand sowie Platz auf zwei Ebenen für bis zu 150 Gäste.

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So altehrwürdig die Sünner-Brauerei von außen auch daherkommen mag, ihre inneren Werte passen, so Rosenbaum: „Mit den dortigen Brauerei- und Brennereitechnologien, ergänzt um einige technologische und kapazitätsbezogene Erweiterungen, werden wir optimale Möglichkeiten haben, sowohl Mühlen Kölsch als auch die Sünner Produkte zu entwickeln. Wir sehen für beide Marken trotz hartem Wettbewerbsdruck für die nächsten Jahre gute Wachstumspotenziale“, gibt sich der Geschäftsführer zuversichtlich.Die Pläne der Malzmühle, die Produktion nach Lövenich auszulagern, sind damit vom Tisch. Denn durch die Übernahme des historischen Brauereistandortes in Kalk kann „Mühlen“ nun an einem geschichtsträchtigen Ort expandieren – die Produktion am Heumarkt war längst an ihre Grenzen gekommen.

Unser kleines Kölsch-Lexikon

Kölsch-Fans müssen nicht nur tapfer sein, wenn es mal eins zu viel war. Nein, auch der rein mengenmäßig größte Markenanteil aller Kölsch-Sorten gehört streng juristisch genommen nicht ins Rheinland, sondern nach Ostwestfalen. In Bielefeld nämlich sitzt Dr. Oetker, und dem wiederum gehört die Radeberger-Gruppe. Die ihrerseits ist Deutschlands größte Brauerei-Gruppe.

16 deutsche Standorte sind darin vertreten mit klingenden Namen, unter anderem versammelt sie auch das Allgäuer Brauhaus unter sich. In Köln firmiert sie unter dem schönen Namen „Haus Kölscher Brautradition“ und vereinigt die Marken Sion Kölsch, Sester Kölsch, Peters Kölsch, Küppers Kölsch, Gilden Kölsch und Dom Kölsch unter ihrem Dach. Gebraut wird noch an ebenfalls traditionsreicher Stätte – in der Bergischen Löwen-Brauerei in Mülheim, vormals Sitz von Gilden. Wobei, um die Verwirrung komplett zu machen, die Produktion von der Cölner Hofbräu Früh (s. unten) übernommen werden wird oder zum Teil schon ist, die ihrerseits nicht zum „Haus Kölscher Brautradition“ gehört.

Die Platzhirsche in Köln, was den reinen Ausstoß betrifft, sind Reissdorf, Gaffel und Früh, sie liegen alle in der Regel über 400 000 Hektoliter. Die Privatbrauerei Heinrich Reissdorf braut in Rodenkirchen auf dem großzügig angelegten Firmengelände mit modernster Technik. Gaffel braut nach seinem Auszug am Eigelstein nur noch in Gremberghoven, und die Cölner Hofbräu Früh ist mittlerweile in Feldkassel ganz im Kölner Norden ansässig. Am anderen Ende der Fahnenstange residieren beispielsweise Päffgen mit rund 6000 Hektolitern, die nach wie vor im Brauhaus an der Friesenstraße ausschließlich ihr Fassbier brauen. Bis hin zur wohl kleinsten Kölsch-Brauerei, dem Helios in der „Braustelle“ an der Christianstraße.

1830 wurde die Brauerei & Brennerei Gebrüder Sünner gegründet, 1858 die Brauerei zur Malzmühle. Damals unter dem Namen „Bier- und Malzextract-Dampfbrauerei Hubert Koch“. Sie gelten damit als die ältesten Kölsch-Brauereien. Wobei noch kein Kölsch in seiner heutigen Ausprägung getrunken wurde. Meist gilt das unfiltrierte „Wiess“ als Vorläufer modernen Kölschs, erst Anfang des 20. Jahrhunderts setzte mit neuen Filter- und Kühlungsmethoden eine neue Zeitrechnung ein. Besonders Hans Sion tat sich später hier hervor.

Die Kölsch-Konvention von 1985 regelt, welches Bier sich Kölsch nennen darf und welche Wettbewerbsregeln für die im Kölner Brauerei-Verband organisierten Kölsch-Brauer gelten. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, muss Kölsch auf Kölner Boden gebraut werden. (two)