Interview mit SängerBastian Campmann über das erste Stadionkonzert von Kasalla
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Köln – Für Bastian Campmann und seine Kollegen erfüllt sich ein Traum. Kaja Hempel und Thorsten Moeck sprachen mit dem Sänger über Boxentürme, Acht-Stunden-Tage und die schönsten Open-Air-Erlebnisse.
Wer als Kind Fußball spielt, hat meist den Traum, irgendwann in einem echten Stadion zu spielen. Ist das als Musiker ähnlich?
Klar. Dass man als Teenager von so etwas träumt, wenn man mit seinen Kumpels die erste Rockkapelle gründet, ist normal. Genauso wie man davon träumt, Astronaut zu werden. Oder König seines eigenen Landes. Für solche Träume braucht es keinen Realitätsbezug.
13 Millionen Klicks hat der Song „Pirate“ bei Youtube gesammelt, mehr als alle anderen der Band. Mit dem Lied begann im Jahr 2011 die Karriere der Musiker. Es folgen die Hits Alle Jläser huh (8,7 Millionen Aufrufe) und Stadt met K (7,3 Millionen). Im Juni 2022 erhält die Gruppe für „Pirate“ ihre erste Goldene Schallplatte, weil mehr als 150 000 Einheiten verkauft worden sind. Für ein Musikvideo kam auch Käpt’n Blaubär (Foto) vorbei.
Das Album „Mer sin Eins“ steigt im September 2018 auf Platz fünf der deutschen Albumcharts ein. Eine höhere Platzierung, nämlich gleich mehrfach Platz eins, erreichte in kölscher Sprache nur BAP, zuletzt 2008 mit „Radio Pandora“.
26 000 Fans kommen 2016 insgesamt zu den beiden Konzerten in der Lanxess-Arena. Hier feiert Kasalla das fünfjährige Bestehen. Nun sind für das Stadion rund 41 000 Tickets verkauft worden.
75 000 Follower hat die Gruppe inzwischen bei Instagram gesammelt, mehr als jede andere kölsche Band. Bei Facebook folgen den Musikern sogar 177 000 Menschen.
Für den Musikpreis Echo wird Kasalla im Jahr 2018 nominiert. Ein Jahr später darf die Gruppe beim Stadionkonzert von Pink als Vorgruppe in Gelsenkirchen spielen. Schon 2017 sorgen sie bei einem gemeinsamen „Streetgig“ der Telekom für Aufsehen, denn hier sind sie gemeinsam mit den Musikern von One Republic zu sehen und zu hören.
Im TV war die Band bereits bei „Inas Nacht“ zu Gast, außerdem im ARD-Morgenmagazin und bei „Volle Kanne“ im ZDF. (tho)
Wenn der Wind günstig steht, kann man auch drei Stadtteile weiter noch hören, wenn in Müngersdorf ein Stadionkonzert gespielt wird. Ihre Stimme wird aus riesigen Boxentürmen erschallen. Haben Sie Ehrfurcht?
Tatsächlich bekomme ich bei mir zu Hause im Kölner Westen manchmal mit, wenn der 1. FC Köln ein Tor schießt. Da spürt man die Dimension solcher Veranstaltungen. Wir freuen uns riesig, dass es nun endlich stattfindet, denn wir organisieren alles selbst. Die Aufregung ist gerade sehr überwältigend. Wenn man dann rausgeht, die Leute sieht und nicht hingefallen ist, dann wird viel von mir abfallen. Danach kann ich es dann hoffentlich genießen.
Wie sehen denn derzeit die Arbeitstage aus?
Wir haben einen sehr kleinen Proberaum und haben uns deshalb seit zwei Wochen noch einen Raum hinzuorganisiert, weil auch Gäste vorbeikommen. Montags nehmen wir uns frei, an den anderen Tagen arbeiten wir mindestens von 10 bis 18 Uhr, manchmal auch länger. Wir feilen an den Songs, spielen das Programm.
Das klingt ja fast nach einem normalen Arbeitstag. Ziemlich ungewohnt als Musiker, oder?
Für Musiker ist das ein erschütternder Vorgang (lacht). Nein, im Ernst jetzt. Wir arbeiten sonst nicht zehn Stunden konzentriert an einem Stück und verbringen die Zeit dauernd zusammen. Jetzt sind wir fokussiert auf einen Tag. Das macht es sehr speziell.
Welches war Ihr erstes Stadionkonzert?
Das war die „Use your illusion“-Tour von Guns N' Roses 1992 im Kölner Stadion. Ich war mit 15 Kumpels da, ein Jungs-Ausflug.
Haben Sie ein besonderes Open-Air-Erlebnis?
Vor drei Jahren war ich bei Coldplay in Berlin, das hat mich total umgehauen. Die wissen einfach, wie man es macht. Die Show hat mich emotional komplett abgeholt, das war einfach eine perfekte Darbietung.
Konnten Sie sich was abgucken?
Wir backen showmäßig ja etwas kleinere Brötchen. Wir werden geben, was wir haben. Aber das lässt sich nicht mit der Welttournee internationaler Superstars vergleichen. Vor allem wollen wir versuchen, das Kleine und die Nähe zu den Menschen zu transportieren. Das wird nicht alles perfekt choreographiert sein. Aber so sind wir auch gar nicht. Ich würde gerne das Spontane beibehalten. Auch da habe ich musikalische Vorbilder und gucke mir derzeit abends sehr viele Konzerte an.
Wer sind solche Vorbilder?
Dave Grohl von den Foo Fighters ist so einer. Das Konzert im Wembley-Stadion von 2008 habe ich glaube ich schon dreimal gesehen. Ein überragender Typ. Er ist sehr persönlich und nahbar, trotzdem voller Energie, das beeindruckt mich sehr.
Die Bühne wird 42 Meter breit sein. Da wird es nicht einfach sein, Wohnzimmer-Atmosphäre zu zaubern.
Klar ist es ein Stadionkonzert, da wird es natürlich große LED-Wände geben und andere Spielereien. Wir haben uns Hilfe bei einem Licht- und Showdesigner geholt. Mit Sicherheit werden wir erstmal aufgeregt schlucken, wenn wir zum ersten Mal die fertige Bühne sehen.
Läuft das nach dem Baukastenprinzip? Bitte dreimal Konfettikanone und fünf Mal Pyrotechnik?
Im Prinzip schon. Der limitierende Faktor ist leider unser Portemonnaie. Unsere Wunschliste war anfangs sehr lang, weil wir viel geträumt haben. Aber wir kämen nun nicht auf die Idee, mit Raketenrucksäcken durchs Stadion zu fliegen. Es muss zu uns passen, aber natürlich wird das ganze Drumherum einem Stadionkonzert angemessen sein.
Können Sie etwas verraten?
Nein. Nur so viel: Wir werden an verschiedenen Positionen spielen. Auf den LED-Wänden wird Überraschendes passieren. Und wir haben Gäste und drei Vorbands. Eko Fresh wird mit uns die gemeinsame neue Single singen. Es wird einiges passieren.
Ist „Stadt met K“ das perfekte Stadionlied? Mal leise, mal laut, die Leute sitzen auf dem Boden, springen auf.
Auf diesen Song freue ich mich tatsächlich. Das ist mittlerweile unser bekanntestes Lied mit guter Energie. Für Menschenmassen ist der Song gut geeignet.
War das harte Gitarrenriff zuerst da oder der Refrain?
In diesem Fall war es tatsächlich der Titel. Das Stück war anfangs als Gangster-Hiphop-Nummer geplant. Im Kreativcamp hatte unser Schlagzeuger aber eine andere Idee. Beim Jammen entstand die endgültige Version .
Die neue Nummer heißt Jröne Papageie, es geht um Diversität, das Thema der Jugend. Haben Sie mal eigene Erfahrungen gesammelt und sich ausgegrenzt gefühlt?
Selbst erfahren habe ich das nicht. Ich bin ein weißer Mann über 40, also im Grunde schon der klassische Cis-Mann. Wir haben eher die Perspektive der Lernenden, die sich in den vergangenen Jahren bei diesem Thema geöffnet haben. Deshalb war es uns wichtig, mit Eko Fresh jemanden dabei zu haben, der diese Perspektive durch seinen Migrationshintergrund eher kennt.
Das Lied verfügt über die schöne Zeile: Jalla jalla, Eko und Kasalla.
Wir saßen im Studio und haben gedacht: Warum ist da noch keiner drauf gekommen. Inzwischen ist das bei uns zum geflügelten Wort geworden, wir kriegen das nicht mehr aus dem Kopf. Jeden Tag sagen wir dreimal: „Jalla jalla Eko und Kasalla“. Vermutlich müssen wir bald T-Shirts drucken lassen.
Was kommt zum nächsten Bandjubiläum?
Das haben wir uns auch gefragt. Wir sind unglaublich dankbar, als Kölner Band im Stadion spielen zu können. Diese Chance haben nicht viele Bands. Größer geht es nicht. Rein quantitativ ist das die Obergrenze. Es gibt aber noch genügend Dinge, die wir vorhaben. Im Herbst steht ja schon die Europatour an. Wenn wir zum 20-Jährigen nochmal im Stadion spielen, schauen wir zurück und freuen uns.