- Daniel Küthe macht Radio für Studenten und von der Universität aus.
- Bernd Imgrund sprach mit dem Chefredakteur von Kölncampus über seinen Sender.
An den Wänden hängen lustige Sprüche und alte Plakate, die Zimmer wirken kreativ-unaufgeräumt: sehr studentisch, dieses Studio des Studentensenders Kölncampus.
Es ist ein Uhr mittags, bei Kölncampus läuft ein Trash Metal-Song. Wer hat den aufgelegt?
Unsere Musikredaktion versucht, hier Songs laufen zu lassen, die man bei anderen Sendern nicht hört.
Was hört man bei Ihnen sicher nicht?
Mainstream, weil wir eben junge und unbekannte Künstler fördern wollen. Und Schlager werden Sie hier auch höchstens zu Karneval hören.
Was mögen Sie privat am liebsten?
Popmusik − seit kurzem haben wir dafür die Sendung Bubblegum. Außerdem stehe ich auf Eurovision-Musik – zum Eurovision Song Contest gab es bei uns auch manchmal Beiträge.
Sie sind der Chefredakteur. Wie weit reichen Ihre Kompetenzen?
Ich bin für das gesamte Programm zuständig – vom Frührausch am Morgen über den Nachdurst am Nachmittag bis zu unseren Abendformaten.
Haben Sie schonmal jemanden gefeuert?
Nein. Wir sind ein ehrenamtlich geführtes Radio mit flachen Hierarchien. Aber natürlich ändere ich bei Themendiskussionen in der Wochenkonferenz manchmal die Richtung, wenn sie meiner Meinung nach in die Irre führt. Dabei hilft mir dann meine langjährige Erfahrung hier bei Kölncampus.
Warum braucht Köln einen Studentensender?
Weil wir junge Themen bedienen. Gerade in der Corona-Pandemie kamen jugendspezifische Themen im Allgemeinen viel zu kurz. Wir kümmern uns um die Auswirkungen auf den Alltag der Studierenden.
Wie setzen Sie sich gegenüber WDR Cosmo ab?
Ich denke, wir sind jünger. Unsere Redakteure sind Studierende, neu in der Radioarbeit, mit einem frischen Blick auf die weltweite Musikszene und auf Wort-Themen.
Wie wird Kölncampus finanziert und organisiert?
Wir werden aus dem Studierendenbeitrag finanziert. Unser 13-köpfiger Vorstand setzt sich aus eigenen Mitgliedern, also den Studierenden zusammen und wird jedes Jahr neu gewählt. Jedes Vorstandsmitglied deckt ein Ressort ab beziehungsweise hat eine bestimmte Funktion.
Könnte man hier zum Beispiel eine Reichsbürger-Sendung einschmuggeln?
Unsere Sendungen werden im Vorfeld abgenommen, außerdem ist immer ein Chef vom Dienst vor Ort, der jederzeit eingreifen kann. Rassistische, antisemitische und ähnliche diskriminierende Ansichten haben bei uns keinen Platz.
Gab es schon mal öffentlichen Ärger wegen eines Beitrags?
Na ja, es kommen hin und wieder Anrufe rein, mit denen sich Leute über die Ausrichtung einer Sendung beschweren. Ich persönlich bin noch nie angeeckt mit einem meiner Beiträge, auch nicht in unserem Politikformat.
Sie und Ihre Kollegen sind keine Rudi Dutschkes …
(lacht) Nein.
Was stinkt Ihnen an der heutigen Studentengeneration?
Puh, gefährliche Frage! Grundsätzlich finde ich toll, dass sich junge Menschen heute für so viele wichtige Themen interessieren. Ich würde mir aber wünschen, dass die jüngere Generation mehr zuhört und auch unterschiedliche Perspektiven zulässt. Gerade in den sozialen Medien laufen viele Diskussionen aus dem Ruder.
Zur Person
Daniel Küthe wurde 1994 geboren und wuchs in Nortrup und Bersenbrück im Osnabrücker Land auf. Vor dem Abitur absolvierte er ein Praktikum beim Bersenbrücker Kreisblatt, einer Lokalredaktion der Neuen Osnabrücker Zeitung.
2013 zog er nach Köln. Nach dem Bachelor in Englisch und Geschichte begann er ein Masterstudium für Amerikanistik, das kurz vor dem Abschluss steht. Anfang 2016 stieg er beim Studenten-Radiosender Kölncampus ein und moderierte in der Folge zahlreiche Sendungen. Seit Mai diesen Jahres fungiert er als Chefredakteur des Senders, der auf der Frequenz 100,0 oder auch im Internet zu empfangen ist.
Daniel Küthe wohnt in Nippes.
www.koelncampus.com
Checken Sie Ihren Marktanteil und Ihre Hörerzahlen?
Machen wir nicht. Natürlich ist es schön, wenn viele Menschen zuhören. Aber es sind nicht nur die Hörerzahlen, die uns antreiben. Wir sehen uns auch als Ausbildungsbetrieb.
Im Vergleich zu öffentlich-rechtlichen Sendern wirkt Ihr Wortanteil nicht besonders hoch.
Die beiden erwähnten Magazinformate nehmen über den Tag fünf Stunden ein. Außerdem gibt es regelmäßige Spezialsendungen wie die Filmspur oder den Blickwechsel und die abendlichen moderierten Musiksendungen.
Wenn ich Richtung Eifel fahre, ist mit Kölncampus kurz hinter Brühl Schluss.
Das stimmt, unsere Frequenz 100,0 ist auf Köln und die nähere Umgebung beschränkt. Aber Sie können uns weltweit über das Internet hören!
Sie stammen aus dem Osnabrücker Land und waren auf einer katholischen Privatschule.
Das war mein eigener Wunsch, weil man so viel Positives über die Schule gehört hatte. Ich wollte zu einer funktionierenden, harmonischen Gemeinschaft gehören.
Inwiefern prägt einen so ein katholisches Umfeld?
Ich habe sehr viele Gottesdienste besucht. (lacht) Was in den letzten Jahren über die katholische Kirche herausgekommen ist, finde ich schlimm und beschämend. Aber man darf darüber nicht die guten Seiten der Kirche vergessen – ich habe mich auf dieser katholischen Schule sehr wohlgefühlt.
Sind Sie noch Mitglied?
Ich bin noch immer katholisch und zahle auch Kirchensteuer.
Warum muss man irgendwann weg aus Bersenbrück in Niedersachsen?
Ich wollte schon immer Journalist werden. Aber bei uns fehlten mir die Vorbilder, man traf immer die gleichen Leute, die auch über das immer Gleiche redeten. Bei der einzigen Zeitung habe ich mein Schülerpraktikum gemacht, aber nach dem Abi musste es dann eine Großstadt sein.
Zum Beispiel Köln.
Wegen der vielen Medien und weil es eine Lebe-Stadt ist. Diese rheinische Fröhlichkeit hat mir sofort gefallen. Als ich jetzt ein Jahr in den USA war, habe ich meinen Deutschschülern an Karneval Kasalla vorgespielt und ihnen Bilder vom Umzug und von singenden Menschen gezeigt. Fanden die sehr beeindruckend, weil viele dort noch immer denken, die Deutschen seien eher altbacken und spießig.
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Ein Botschafter der kölschen Kultur aus der niedersächsischen Provinz: sehr schön! Wer ist schuld daran, dass Sie seit mittlerweile acht Jahren studieren: das kölsche Lebensgefühl oder die Arbeit für Kölncampus?
(lacht) Köln ist auf jeden Fall beteiligt. Die ein oder anderen Hausarbeit ist schonmal liegengeblieben, wenn ich mit Freunden am Rhein verabredet war. Aber natürlich arbeite ich auch viel für Kölncampus.
Sind Sie inzwischen auch elektrotechnisch beschlagen?
Nein, das können andere besser.
Was ist eine Radiowelle?
Das Technische möchte ich lieber nicht erklären. In der Hinsicht war ich schon in der Schule sehr schlecht. Aber eine „Welle“ meint ja auch einen Sender. Mit jeder Welle verbindet man als Hörer etwas – bestimmte Themen und bestimmte Musik.
Sie machen gerade Ihren Master in Amerikanistik.
Ja, zur Zeit sitze ich an einer Hausarbeit zum Thema Science Fiction.
Werden Sie mit diesem Studium eher Lehrer oder der Nachfolger von Tom Buhrow?
Letzteres wohl nicht. Aber vielleicht der Nachfolger von Ingo Zamperoni – der ja auch Amerikanistik studiert hat. (lacht)