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Von Rittern und RockernInterview mit Chef des Biker-Club für Polizisten

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Schutzmann op d’r Eck“: Klaus Dieter Rech ist ein respektierter Ansprechpartner für die Menschen im Veedel.

  1. Klaus Dieter Rech ist Polizist mit Leib und Seele.
  2. Zudem ist er Chef des Biker-Club für Polizisten.
  3. Bernd Imgrund sprach mit ihm über Motorräder und über seine Arbeit als Bezirksbeamter.

Wir treffen uns im Rathenaupark vor der Synagoge an der Roonstraße. Klaus Rech und ein Kollegen sind hier als Objektschützer eingesetzt.

Warum muss die Synagoge bewacht werden?

Weil jüdische Objekte grundsätzlich als gefährdet gelten.

Ihre Schicht hier dauert zwölf Stunden. Wie vertreibt man sich die Zeit, wenn man nichts anderes zu tun hat, als ein Gebäude zu beobachten?

Das ist schwierig. Wir lösen uns zwischendurch mit einem Team des mobilen Objektschutzes ab. Spiele oder ähnliche Ablenkungen sind verboten, aber wir dürfen neben dem Polizeifunk auch Radio hören.

Wie bewusst ist Ihnen, dass Sie hier jederzeit in Lebensgefahr geraten können?

Wir sitzen auf dem Präsentierteller, klar. Aber als Polizist entwickelt man ein anderes Gefahrenbewusstsein. Aufgrund von Seminaren weiß ich, dass wir bei einem Angriff mit starken Waffen keine Chance hätten. Es geht darum, Farbe zu zeigen, und über Jahrzehnte ist hier auch, toi toi toi, nichts Ernsthaftes vorgefallen.

Wann mussten Sie mal richtig abgebrüht sein?

Ich habe mal bei einer Verkehrskontrolle in Godesberg in eine Waffe geschaut: eine 9 Millimeter-Pistole, das hätte gereicht. Den ersten Gedanken, selbst die Waffe zu ziehen, musste ich sofort wieder verwerfen – keine Chance. Also habe ich das Gespräch gesucht, und der Mann entschuldigte sich schließlich damit, er habe Angst vor mir gehabt.

Als Sie in den 1980ern in Bonn anfingen, saßen Sie noch nicht auf dem Motorrad. Sondern?

Auch damals war ich schon im Objektschutz tätig. Ich habe unter anderem das Gebäude des Bundespräsidenten und das des Stellvertreters von Arafat überwacht. Aufs Polizeimotorrad kam ich erst 1989.

Polizisten waren früher grün, Ihr Motorradclub heißt aber Blue Knights. Wieso?

Die Blue Knights haben sich 1974 an der amerikanischen Ostküste gegründet. Damals erstarkten die Rockerclubs, die sogenannten One Percenter, aber das kam für Polizisten nicht in Frage. Die US-Uniformen waren blau, und der „Knight“ steht natürlich für die Ritterlichkeit unseres Auftrags – „Serve & Protect“.

Ist der Ritter das Gegenteil des Rockers?

Jedenfalls sind wir keine Rocker, das Wort ist heutzutage negativ besetzt. Diese Jungs leben in einer Parallelgesellschaft und machen sich ihre eigenen Gesetze. Ursprünglich nannte man die Colours, die Aufnäher hinten auf den Kutten, Back Rockers – daher stammt der Begriff.

Gibt es bei den Blauen Rittern Aufnahmerituale analog den Rockerclubs?

Nein. Die Voraussetzung ist ein staatliches Festnahmerecht – law enforcement heißt das in unseren amerikanischen Statuten. Streng genommen besitzen das außer Polizisten hierzulande unter anderem auch die Förster. Aber bislang wollte noch keiner Mitglied werden. (lacht)

Dem Präsi das Motorrad putzen oder mal ne Tanke überfallen ist also nicht nötig, um dazu zu gehören?

Nein, bei uns entscheidet der Nasenfaktor – wenn jemand zu uns passt, wird er nach einer halbjährigen Testphase aufgenommen. Die Sache mit der Tanke wäre dann bei uns etwa die positive Darstellung des Motorradfahrens durch Vorbildwirkung.

Würden Sie auch jemanden mit einer 125er Kinder-Yamaha akzeptieren?

Ja, Hauptsache Motorrad. Jenseits dessen haben wir Ehrenmitglieder, die müssen kein Motorrad besitzen.Motorradfahrer grüßen sich beim Entgegenkommen. Bei Polizeibikern weiß ich jedoch nie, ob sie zurückgrüßen.Im Prinzip ist uns das nicht verboten. Ich habe das gemacht, als ich 1992 bis ’99 in der Kölner Innenstadt unterwegs war.

Auch Mofas und Roller gegrüßt?

Nee, die nicht. (lacht) Aber bei manchen modernen Rollern vertut man sich, die Front ähnelt manchem Motorrad. Meine Erfahrung ist, dass der Gruß eines Polizisten in der Motorradsaison sehr oft nicht erwidert wird. Im Winter ist das was anderes, da sind die Jungs unterwegs, die wirklich mit Herz und Seele Mopped fahren.

Vor einigen Jahren haben Sie Flüchtlingen das Fahrradfahren in Deutschland beigebracht. Was waren die Hürden?

Das war eine total spannende Aufgabe! Menschen mit Fluchterfahrung fürchten sich oft vor Uniformen, da mussten wir behutsam vorgehen. Lustig war der Unterricht mit den Verkehrsschildern. Was „Stop“ bedeutet, war noch jedem klar. Aber das Kreuz für Rechts vor Links wurde sehr variabel interpretiert. „It´s not allowed to go here“, meinte einer – absolut logisch gedacht eigentlich.

Sie sind „Bezirksbeamter“. Was meint dieses Wort?

Das ist der Schutzmann op d´r Eck, meinetwegen auch der Dorfsheriff. Ich bin der Ansprechpartner für die Leute, die hier zur Schule gehen, wohnen oder arbeiten.

„Schutzmann“ ist ein fast ausgestorbener Begriff, den man nur noch in alten Ostermann-Liedern hört.

Ich bin ja auch am aussterben, in zwei Jahren gehe ich in Rente. (lacht) Als ich klein war, sagte man noch „Schutzmann“.

Hat sich das Bild des „Schutzmanns geändert in den 40 Jahren, die Sie bei der Polizei sind?

Auf jeden Fall! Als Bezirksbeamter begegnet man mir noch mit Respekt. Nachts auf den Ringen allerdings nicht. Die Gewaltbereitschaft ist sehr hoch dort, viele Leute suchen die Konfrontation mit der Polizei ganz bewusst. Ich spreche da gern von den eisenbiegenden Harz-IV-Goldkettchen. Die sind vollgepumpt mit Testosteron, Alkohol und sonstigen Substraten – die Gesellschaft registriert das zwar, aber zu spüren bekommen wir das.

Wie geht das weiter: Werden die Jugendlichen wieder braver oder noch schlimmer?

Wer älter wird, beschwert sich gern über „die Jugend von heute“, das war schon immer so. Aber wir sehen nur die negative Spitze des Eisbergs – Menschen, die sich nicht benehmen können. Die Basis darunter ist halb so wild, da geht es recht normal zu.

Hätten Sie Ideen, wie man mit der angesprochenen Spitze umgeht?

Ich bin kein Soziologe. Aber als Mann der Exekutive würde ich mir wünschen, dass die Schrauben der Rechtssprechung angezogen werden, um einfach mal ein Zeichen zu setzen.

Letztes Jahr hat Kardinal Woelki die Maschinen von 800 Bikern gesegnet. Was war danach anders?

Das Gefühl, wobei meine BMW leider nicht dabei war. Als Gläubiger ist das eine besondere Sache, man pflegt dadurch sozusagen seinen Schutzengel.

Gott schützt, aber er repariert nicht. Sind Sie ein guter Frickler?

Es geht so. Bremsen wechseln kann ich, aber jenseits dessen vertraue ich meinem Schrauber. Und was die moderne Elektronik angeht: Ich kenne die digitalen Zustände An und Aus, das war´s.

Käme für Sie ein E-Motorrad in Frage?

Nein. Die E-Technik ist für mich eine Sackgasse, solange die Akkus so wenig effizient und so stark umweltschädlich sind. Diese Batterien haben schon vor dem Einbau eine CO2-Bilanz wie ein Diesel nach 250 000 Kilometern. Ganz zu schweigen von den Bedingungen, unter denen in der dritten Welt die Rohstoffe abgebaut werden.

Und wie empfänden Sie das Fehlen des Brumm-Brumm, wenn man am Gasgriff dreht?

Nichts zu hören, und trotzdem zieht das Teil mich nach hinten, das wäre gewöhnungsbedürftig.

Welche Maschine sind Sie im Dienst gefahren?

Die BMW K75 und die R850. Die K ist ein super Motorrad, aber mit 1,90 Meter stecken die Knie in der Verkleidung, das ist kein Spaß. Privat habe ich jetzt eine 1150er GS, gebraucht gekauft, tolles Motorrad.

Was erlebt man auf Urlaubstour mit 20, 25 Motorradpolizisten?

Unsere Sommertouren sind immer spitze. In Rumänien haben wir uns mal mit den dortigen Blue Knights verabredet. Die haben uns schon in Moldawien eine Eskorte ihrer Freunde entgegengeschickt, mit denen wir dann in Chisinau eine schöne Party gefeiert haben und darüber hinaus Land und Leute kennenlernen durften.

Welche Tour steht dieses Jahr an?

Wegen Corona haben wir alle Pläne gecancelt. Mit zwei Dutzend Motorrädern im Pulk zu fahren, das wäre mit unserer Vorbildfunktion nicht vereinbar.