Köln – Hinter den Musikern von Miljö liegen turbulente Zeiten. Klar, die Pandemie bedeutete für die ganze Veranstaltungsbranche eine Vollbremsung. Doch für die Band von der Schäl Sick hätte der Zeitpunkt kaum ungünstiger kommen können. Erst wenige Monate zuvor hatte sich das Quintett dazu entscheiden, alles auf eine Karte zu setzen und sich beruflich voll und ganz auf die Musik zu fokussieren.
Als langsam wieder Auftritte möglich waren, musste Frontmann Mike Kremer die Band aus gesundheitlichen Gründen verlassen. Kremer, der den Klang der Band mit seiner markanten Stimme prägte, wird in Zukunft immerhin als Songschreiber und Produzent Teil der Gruppe sein. „Wir mussten uns erstmal komplett neu finden“, erinnert sich Nils Schreiber.
„Es fühlt sich noch nicht wie zehn Jahre an“
Schreiber, damals der Mann an der „Quetsch“, nahm dabei die wichtige Rolle als neuer Sänger ein. „Für uns war das A und O zu sagen, dass es im Leben auch nach Rückschlägen immer weiter geht.“ „Immer wigger“ also. Genau so heißt nun auch das neue Album, das am Freitag pünktlich zum Konzert im E-Werk erscheint. Neben der Präsentation des frischen Langspielers mit 14 Titeln feiert die Band mit dem Konzert gleichzeitig zehnjährigen Band-Geburtstag. Ein komisches Gefühl für die Band sei das. „Es fühlt sich noch nicht wie zehn Jahre an“, sagt Bassist Max Eumann.
In- und auswendig kennt sich der Großteil der Band schon deutlich länger als zehn Jahre. In Holweide gingen die fünf Gründungsmitglieder gemeinsam zur Schule und spielten in verschiedenen Konstellationen auch schon in Bands zusammen – 2012 erstmals alle gemeinsam als Miljö.
„Auf Kölsch macht es Bock“
Alle kamen eher aus der Punk- oder Ska-Richtung, weit weg von kölschen Tönen. Das änderte sich, als die Fidelen Wildwützjer die Band anfragte, beim Dünnwalder Veedelszoch auf ihrem Wagen zu spielen – Lieder von Höhnern, Brings oder Bläck Fööss. „Da haben wir gemerkt, dass es auch auf Kölsch Bock macht“, erinnert sich Schreiber.
Konzert im E-Werk
„Es wird ein Festival der guten Laune. Es ist ein Traum, dass man wieder laut sein kann“, freut sich Miljö-Frontmann Nils Schreiber auf das Konzert am heutigen Freitag (20 Uhr) im E-Werk.
Auch Mike Kremer, langjähriger Frontmann der Band, wird als Gast auf der Bühne stehen. Ein weiterer Gast ist Oliver Niesen, Sänger von Cat Ballou. Das gemeinsame Lied „Einfach su“ ist Teil des neuen Albums. Tickets gibt es noch an der Abendkasse. (sim)
Der absolute Durchbruch gelang 2016 mit dem Sessionstitel „Su lang de Leechter noch brenne“ („Lommi“), ein Jahr später folgte mit dem „Wolkeplatz“ der zweite Miljö-Hit, der bis heute einen festen Platz im Kölner Karneval hat. „Vorher waren wir die Band, bei der man Bier holt oder aufs Klo geht“, sagt Schreiber. „Plötzlich wurden wir ganz anders empfangen.“
Musikalisch hat sich die Band seitdem immer mehr gefunden. „Wenn man mittlerweile einen Miljö-Song hört, dann weiß man, dass es ein Miljö-Song ist“, sagt Eumann. Am Anfang sei die Musik deutlich rockiger gewesen. Irgendwann wich die zweite E-Gitarre für die „Quetsch“, eine akustische Gitarre oder auch mal ein Klavier.
An neue Rolle gewöhnt
Auch auf dem neuen Album ist der Wiedererkennungswert hoch – obwohl die Band mir Orgel oder ganz anderen Rhythmen auch neue Facetten zeigt. „Wir hatten während Corona viel Zeit, um uns auszuprobieren“, sagt Schreiber. Ganz nach vorne rücken Miljö dabei vor allem zwei Titel. Beide stehen noch in der Auswahl zum Sessionstitel. „Et Jrößte“ lag in der einer Fan-Abstimmung ganz vorne, auf dem Sessions-Sampler „Karneval der Stars“ wird allerdings der Titel „För 1 Naach“ vertreten sein.
Der könnte mit eingängigem Nanana-Part in den Sälen punkten, soll aber neben „Nanana“ auch noch eine Botschaft vermitteln, die in dieser Session so gut wie jeden betrifft. „Die Zeiten sind so turbulent, wir haben wieder Krieg in Europa. Es geht darum, dass man sich die Welt zumindest für eine Nacht bunter und schöner vorstellt“, sagt Schreiber. Das sei das Recht jedes Einzelnen. „Diese Themen beschäftigen uns als Band natürlich“, ergänzt Eumann. „Wir wollen sie aber so verpacken, dass man dabei auch Spaß haben kann.“
Gemeinsam mit Band-Neuzugang Daniel Pottgüter (Quetsch und Klavier), hat sich Nils Schreiber mittlerweile immer besser an seine neue Rolle als Frontmann gewöhnt Am Anfang sei es komisch gewesen, sich selbst zu hören, obwohl er die Texte „Hunderttausend Mal“ gehört habe. Ein Vorteil sei es, dass er viele Texte gemeinsam mit Vorgänger Mike Kremer geschrieben habe. „Ich habe meine Erfahrungen gemacht und lerne immer weiter dazu.“ Auch in veränderter Besetzung ist die Richtung bei den Jungs von Miljö also klar: „Immer wigger“.