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Grünen-Fraktionschefin Brigitta von BülowVolle Unterstützung für Henriette Reker

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Brigitta von Bülow_Grüne

Grünen-Fraktionschefin Brigitta von Bülow

Seit Februar ist Brigitta von Bülow (60) Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Stadtrat. Bei einem Besuch in der Rundschau-Redaktion sprach sie über das Verhältnis der Grünen zur OB, die Kommunalwahl 2020 und künftige Projekte.

In Hannover wurde ein Grüner zum Oberbürgermeister gewählt. Hätten die Kölner Grünen für 2020 nicht besser einen eigenen Kandidaten aufgestellt? Die Chancen standen doch noch nie so gut...

Ich denke, wir haben da verantwortlich diskutiert und sind zu einem richtigen Ergebnis gekommen. Gerade nach der Abschaffung der Stichwahl wollen wir eine OB, die dann nicht per Zufallsergebnis, sondern mit deutlicher Mehrheit gewählt wird. Die Grünen haben sich im Sommer lange mit der Frage der OB-Kandidatur auseinandergesetzt, verschiedene Modelle debattiert und intensive Gespräche mit Henriette Reker geführt. Das Ergebnis war die Erkenntnis: In dieser Konstellation kann es noch eine ganze Weile erfolgreich weitergehen. Am Ende hat die Kreismitgliederversammlung mit großer Mehrheit entschieden, dass wir Frau Reker erneut unterstützen.

Es steckt für Sie also genug Grün in Henriette Reker?

Wir haben uns angeschaut, welche grünen Inhalte wir bisher gemeinsam umsetzen konnten und wie unsere Ziele für die nächsten fünf Jahre aussehen. Da fällt die Bilanz zu unserer Zufriedenheit aus.

Liegt das daran, dass die CDU den Grünen so viele Zugeständnisse gemacht hat?

Nein. Wir haben ein Bündnis mit der CDU, das tatsächlich gut zusammenarbeitet und einiges auf den Weg bringt. Sicher, es gibt auch Kritik an Frau Reker, etwa von der Grünen Jugend. Aber die OB hat sich dem gestellt, sie hat den Dialog mit der grünen Basis gesucht. Das erkennen wir an.

Wie sehr hat es der OB geholfen, dass sie kurz vor dem Votum der Grünen über ihren OB-Kandidaten den FC-Ausbau im Grüngürtel in Frage gestellt hat?

Klar, diese Haltung kommt bei der grünen Basis natürlich sehr gut an.

War das strategisch geplant?

Nein. Aber es gibt ja auch schöne Zufälle. Und es zeigt vor allem, dass wir gemeinsam die Ausrufung des Klimanotstandes ernst nehmen.

Wollen Sie nach der Kommunalwahl 2020 das Bündnis mit der CDU fortsetzen?

Jeder geht mit seinem eigenen Programm in den Wahlkampf. Dann entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Danach werden wir mit allen demokratischen Parteien ausloten, wie wir am besten grüne Inhalte umsetzen können.

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Mit der CDU gibt es große Konflikte etwa bei der Verlagerung des Großmarkts oder der Ost-West-Achse. Wird je eine Ost-West-U-Bahn fahren?

Ich glaube, es wird sie eher nicht geben. Das Projekt wäre viel zu teuer, und ich glaube nicht, dass es dafür Fördergelder gibt. Und mit der CDU haben wir Themen, bei denen wir unterschiedlich agieren. Wichtig ist uns, dass wir dies in einem geregelten Verfahren und respektvoll begleiten.

Wird es vor der Wahl 2020 eine Entscheidung im Rat zum Großmarkt geben?

Hoffentlich. Die Händler brauchen endlich Klarheit. Aus unserer Sicht muss das bis zum Sommer entschieden werden. Ein Vorschlag für eine Lösung in Marsdorf ist derzeit in Arbeit.

Und zum Ausbau am Geißbockheim?

Kann sein, sofern die Verwaltung die Auswertung der Bürgereingaben rechtzeitig abschließt. Es ist aber klar, dass die Grünen gegen die aktuellen Planungen stimmen würden.

Was ist mit der Historischen Mitte? Würden Sie aus vollem Herzen sagen: Mit diesem Neubau am Dom schaffen wir an der prominentesten Stelle in Köln einen echten Zugewinn für die Stadt?

Ich denke, die Idee der Historischen Mitte ist gut. Aber ich fände es gut, wenn noch etwas an der Gestaltung der Gebäude getan wird; das ist ja möglich in so einem Prozess. Ein Problem ist, dass der Roncalliplatz schon jetzt eine Dauerbaustelle ist. Da stellt sich die Frage, wie lange dieser Zustand andauern kann. Klar ist, dass wir eine neue Heimat für das Stadtmuseum brauchen. Die, die die Historische Mitte nach wie vor ablehnen, müssen dafür Lösungen finden. Ich denke, wenn es zum Schwur kommt, ist es wichtig, dass man gut plant und das Projekt gut und schnell umsetzt.

Bei der Europawahl holten die Grünen in Köln ein Rekordergebnis von 32,9 Prozent, im Stadtrat haben sie 18 Sitze. Erwarten Sie, dass Ihre Partei bei der Wahl 2020 zulegt?

Ich hoffe es und fände das schön – ich glaube, wir können wieder mehr Mandate holen. Aber ich warne auch vor übersteigerten Hoffnungen.

Während die Grünen im Aufwind sind, scheint ihr ehemaliger Koalitionspartner SPD vor allem mit sich selbst beschäftigt. Wäre die SPD für sie 2020 noch ein geeigneter Bündnispartner?

Wir schließen nichts aus. Wir sind auch mit der SPD regelmäßig im Gespräch und haben inhaltlich weiterhin Gemeinsamkeiten. Aus unserer Sicht gäbe es auch im aktuellen Rat mehr Möglichkeiten zur Zusammenarbeit, aber leider verweigert sich die SPD meist. Weder hat sie versucht, sich mit eigenen Vorschlägen in die Haushaltsplanung einzubringen, noch konnte sie dazu bewegt werden, die sinnvolle Idee für einen Klinikverbund in Köln zu unterstützen. Das ist schade.

Die Grünen haben einen rasanten Mitgliederzuwachs, die Parteizentrale platzt aus allen Nähten, junge Leute drängen in die Politik. Wie gehen Sie damit um?

Wir bieten spezielle Formate für Neumitglieder an, die bei Neuentreffen, in Arbeitskreisen und Mentoring-Programmen das kommunalpolitische Handwerk kennenlernen können. Wer sich für die Ratsarbeit interessiert, erfährt dabei auch, dass es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt, die einem kaum nochFreizeit für andere Dinge lässt – dass es aber auch Spaß macht und sich lohnt, im Rat die Stadt mitgestalten zu können.

Möchten Sie nach der Wahl Fraktionschefin bleiben?

Ich bin dazu bereit, denn es ist eine schöne, auch herausfordernde Aufgabe. Aber das entscheiden letztlich die Partei bei der Listenaufstellung und dann die neue Fraktion.

Zur Person

Brigitta von Bülow (60) ist Lehrerin für evangelische Religion, Pädagogik und Geschichte am Hölderlin-Gymnasium in Mülheim, unterstützt dort Kulturarbeit mit Schülern. Sie hat drei erwachsene Kinder, wohnt in Ehrenfeld, war von 1999 bis 2005 Fraktionsvorsitzende in der Bezirksvertretung. Seit 2005 sitzt sie im Stadtrat, ist Sprecherin für Kunst und Kultur, wurde stellvertretende Fraktionschefin. Als Nachfolgerin von Kirsten Jahn übernahm sie im Februar 2019 den Fraktionsvorsitz. Privat spielt sie Saxofon und Cello und fotografiert. (fu)