Stellenabbau in KölnGedrückte Stimmung im Niehler Ford-Werk
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Köln – „Wir haben uns den Kopf zerbrochen. Aber wir können nichts ändern. Es ist, wie es ist“, sagt ein Ford-Mitarbeiter. Erst einmal weitermachen, am ersten Werktag, nachdem der US-Autobauer Ford angekündigt hat, in Deutschland 5000 Stellen zu streichen. „Natürlich machen wir uns Sorgen, ganz klar“, fügt der Mitarbeiter noch hinzu. Er ist Anfang 30 und hat schon seine Ausbildung im Kölner Ford-Werk gemacht.
Schichtwechsel am Montagnachmittag in Niehl, Arbeiter passieren die Tore 3 und 4. Wer von ihnen darf bleiben, wer muss gehen? Noch ist vieles unklar. Aber die Zahl steht im Raum: 5000 Stellen. In Köln arbeiten 18 500 der rund 24 500 Ford-Beschäftigten in Deutschland. Knapp ein Fünftel der Jobs soll demnach bundesweit wegfallen.
Gedrückte Stimmung
Die Stimmung ist gedrückt. Diskutiert wird draußen vor den Toren kaum an diesem Tag. Die meisten Fordler sind alleine unterwegs, manche in kleinen Gruppen, sie gehen zügig zu ihren Autos auf den Parkplätzen oder zur Bahn. „Jeder denkt jetzt erst einmal an sich selber“, sagt einer, der 38 Jahr alt ist und sein halbes Leben in der Produktion bei Ford gearbeitet hat. Er müsse seine Familie ernähren und sein Haus abbezahlen, ergänzt ein Kollege. „Kein Mensch weiß, wie es weitergeht.“
Ein paar Zettel seien ausgelegt worden, auf denen die Abfindungsangebote erklärt werden. Das Geld mitnehmen und freiwillig gehen? „Ich bin 47 Jahre alt. Wie weit käme ich mit einer Abfindung?“, fragt er. Drei Jahrzehnte seines Arbeitslebens hat er mittlerweile bei Ford verbracht. „Und ich hoffe, dass noch ein paar Jährchen dazu kommen“, gibt er sich kämpferisch. Aufgeben ist für ihn jedenfalls keine Option.
Viele Arbeitsplätze entfallen
Einmal Ford, immer Ford? Väter, Kinder, Enkel, bauen hier seit mittlerweile 88 Jahren Autos: Der erste Wagen lief in Köln schon 1931 vom Band. „Durch die Automatisierung entfallen viele Arbeitsplätze. Die Probleme haben alle.
„Signifikanter“ Stellenabbau geplant
In Köln beschäftigt der US-Autobauer den größten Anteil seiner deutschen Mitarbeiter. Neben den 18 500 in Niehl und Merkenich gibt es 6000 Beschäftigte in Saarlouis (Saarland) und 200 Entwickler in Aachen. Für Saarlouis waren bereits im Dezember Einschnitte angekündigt worden: 650 Stellen werden hier abgebaut. Leiharbeiter und befristet Beschäftigte müssen gehen. In Köln befinden sich die Fiesta-Montage sowie Press- und Motorenwerke und die Entwicklung.
Im Juli 2018 hatte sich das Management des US-Autobauers unzufrieden über das Europageschäft geäußert: Es sei ein Verlust von umgerechnet 350 Millionen Euro entstanden. Im Januar 2019 war dann ein „signifikanter“ Stellenabbau in Europa angekündigt worden.
Die Mitarbeiter in Köln haben am Freitag per E-Mail von dem Stellenabbau erfahren. Er soll „möglichst sozialverträglich“ gestaltet werden. Wie es hieß, sei die Belegschaft über Programme zur freiwilligen Aufhebung des Arbeitsvertrages sowie über die Möglichkeiten einer Frühverrentung informiert worden. Betriebsbedingte Kündigungen wurden nicht ausgeschlossen.
Es werden Kosten gespart, wo es nur geht“, analysiert ein Mitarbeiter vor dem Werkstor sachlich. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder über Kürzungen, Streichungen, Veränderungen gesprochen. „Das ist ja nichts Neues hier“, erklärt ein Fordler schulterzuckend. „Die Chefs sagen, wir sollen einfach weiterarbeiten.“
Aber so einfach ist es nicht. Sorgen um die Zukunft und Sorgen um die Familie äußern viele, die sich am Montagnachmittag auf den Weg machen, während sich der Himmel verdunkelt und Regen einsetzt. „Viele Leute hier arbeiten sehr gerne für Ford“, gibt ein Mitarbeiter zu bedenken.
„Aber sie werden nicht wertgeschätzt. Obwohl sie ein Leben lang einen guten Job gemacht haben.“ So verpuffe das Vertrauen in das Unternehmen. Antworten werden eingefordert: „Wie es weitergeht, weiß nur das Management“, bemängelt ein weiterer Mitarbeiter. Für kommenden Dienstag, 26. März, ist im Werk in Niehl eine Betriebsversammlung anberaumt. Also in sieben Tagen.