Köln – Kölner Dezernenten oder gar die Oberbürgermeisterin eilen in einem Mercedes zu Terminen – es liegt auf der Hand, das „Fordler“ dieses Szenario wie einen Schlag in die Magengrube empfinden müssen. Entsprechend deutlich fällt die Reaktion des Betriebsratsvorsitzenden des Ford-Werks Köln, Benjamin Gruschka auf das Ausschreibungsergebnis der Verwaltung für die Dienstwagen der Stadtspitze aus: „Wir verurteilen das Ganze“, ist er erbost.
Mercedes schon Ende 2019 ins Auge gefasst
Bereits Ende 2019 nahm die sogenannte Dienstwagen-Affäre in Köln Fahrt auf. Damals dachte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker öffentlich darüber nach, von ihrem Ford Mondeo auf einen anderen Hersteller umzusteigen. Der Grund: Ford hatte damals noch kein reines E-Auto im Verkauf. Die Plug-in-Hybridtechnik kam nicht aus den Startlöchern. Der Stadtrat hatte allerdings den Klimanotstand ausgerufen. Darum wurde vor allem der deutsche Premium-Hersteller Mercedes ins Auge gefasst.
Die Belegschaft im Kölner Ford-Werk empfand das als eine Ohrfeige. Der Betriebsrat startete eine Petition, als Bekenntnis zum Standort Köln. Das löste nicht weniger als eine lokalpatriotische Welle aus. Über 22 000 Unterschriften kamen zusammen. Die Stadtverwaltung verschaffte sich einen Zeitgewinn, in dem sie die Anschaffung von neuen Dienstwagen für die Stadtspitze ausschrieb.
Das Ergebnis wurde am vergangenen Montag bekannt gegeben. In der Kategorie reiner E-Antrieb haben die OB, die Dezernenten, die Bürgermeister und die Fraktionsspitzen künftig die Wahl zwischen dem Ford Mach-e und dem Mercedes EQE 300. Immerhin Gleichstand. Jedoch bei den Plug-in Hybridantrieben fällt das Los alleine auf den Mercedes C300e. Unter dem Strich steht es also 2:1 für die Stuttgarter. Wer sich für welchen der Wagen entscheidet, ist den Berechtigten wohl freigestellt.
„Es ist Aufgabe der Stadtverwaltung, die Region zu stärken“
Benjamin Gruschka wirkte damals an der Petition maßgeblich mit. Dass nun trotz des Aufschreis und der breiten Solidaritätsfront Mercedes die Nase vorn hat, treibt dem heutigen Betriebsratsvorsitzenden die Zornesröte ins Gesicht. „Es ist Aufgabe der Stadtverwaltung, die Region zu stärken. Und das ist nicht nur die KVB oder die Rheinenergie“, gibt er sich kämpferisch. „In Düsseldorf kann die Stadtspitze ja gerne Mercedes fahren. Dort steht ja auch ein Sprinter-Werk. Aber in Köln steht Ford“, sagt er nachdrücklich.
Für Gruschka stellt sich die Frage, welche Ausschreibungskriterien wurden denn angelegt, dass nicht der Ford Kuga mit einem Plug-in-Hybrid über die Zielline gekommen ist. Wurden die Fordler vielleicht schon gleich zu Beginn aus dem Rennen genommen?