Köln – Die Bezirksregierung Köln beanstandet nach Rundschau-Informationen das Verfahren zur Wahl des neuen Dezernenten für Stadtentwicklung und Wirtschaft, Andree Haack (CDU). Sie soll dabei mehrere Fehler gefunden haben, unter anderem kritisiert sie das ganze Verfahren der Bewerberauswahl inklusive der Beteiligung eines Personalberaters. In dem Schreiben heißt es über die Wahl am 3. Februar: "Die Wahl ist rechtswidrig und Herr Haack darf nicht zum Beigeordneten ernannt werden."
Der Personalberater hat demnach eigene Kriterien zur Auswahl der Bewerber festgelegt, diese Kriterien sind aber nicht vom Ratsbeschluss vom 3. Februar gedeckt. Zudem ist der Ausschreibungstext für den Job verändert worden im Vergleich zur Fassung des Stadtrates.
Auch die nicht fristgerechte Einbringung des Themas in den Stadtrat am 3. Februar moniert die Aufsichtsbehörde. Demnach weist Regierungspräsidentin Gisela Walsken die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker an, den Ratsbeschluss zu beanstanden. Am Freitag wollte eine Sprecherin der Bezirksregierung sich gegenüber der Rundschau nicht äußern und verwies an die Stadt Köln.
Die Fraktionen der Linken und der "Fraktion" hatten zuvor unter anderem das Verfahren als intransparent bezeichnet, weil bei der Akteneinsicht für Ratspolitiker zum Bewerberverfahren nicht klar gemacht wurde, warum andere Bewerber unterlegen waren. Unter anderem deshalb hatten sie Beschwerde eingelegt bei der Bezirksregierung. Güldane Tokyürek (Linke) sagte: "Hoffentlich begreift Frau Reker nun, dass sie den Rat im Vorfeld wichtiger Personalentscheidungen angemessen informieren und einbeziehen muss."
Haack könnte am 17. März erneut gewählt werden
Eine Möglichkeit ist nun, Haack in der Ratssitzung am 17. März erneut zu wählen, seine Eignung hat die Behörde nicht in Zweifel gezogen, sondern sogar bestätigt. In dem Schreiben heißt es: "Gegen die Eignung von Herrn Haack bestehen also keine Bedenken." Ob die Wahl am 17. März so kommt, ist aber unklar.
Zunächst müsste der Rat ja den Beschluss vom 3. Februar aufheben. Macht er das tatsächlich und bringt das Bündnis aus Grünen, CDU und Volt eine neue Vorlage zur Wahl Haacks ein? Und wenn ja, geht das überhaupt, weil die Bezirksregierung ja das gesamte Verfahren und nicht nur die Wahl beanstandet hat? Geht es also wieder ganz von vorne los?
Der Stadtrat hatte den aktuellen Duisburger Wirtschaftsdezernenten Haack am 3. Februar mehrheitlich gewählt, er wollte vermutlich im Juni nach Köln wechseln, das aber noch mit Duisburg absprechen. In den vier Wochen danach prüft die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde wie üblich die Eignung.
Das könnte Sie auch interessieren:
Diese vier Wochen sind laut Bezirksregierung am Donnerstag abgelaufen, das teilte sie der Rundschau am Montag mit. Es ist also eine Entscheidung auf den letzten Metern. Eine schriftliche Anfrage der Rundschau beantwortete die Behörde am Donnerstag nicht.
Mehrere Fehler im Verfahren beanstandet
Nach Informationen der Rundschau monierte sie gleich mehrere Fehler im Verfahren. Ein Grund ist offenbar, dass die Stadtverwaltung das Entscheidungspapier für den Stadtrat nicht fristgerecht mit genug Vorlauf auf die Tagesordnung der Sitzung am 3. Februar gesetzt hatte. Das hatten die Linken moniert.
Laut Geschäftsordnung muss die Verwaltung Beschlussvorlagen digital sieben Arbeitstage vor der Sitzung im Informationssystem der Politiker einstellen, in dringenden Fällen kann davon aber abgewichen werden. Bei Haack stellte die Verwaltung die Vorlage erst am Montag vor der Wahl am Donnerstag (3. Februar) in das Ratsinformationssystem.
Grüne, CDU und Volt als Ratsbündnis hatten das neue Dezernat für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionale Zusammenarbeit im März 2021 geschaffen.
Für die Stadt und insbesondere Oberbürgermeisterin Reker wächst sich die Suche nach dem neuen Wirtschaftsdezernenten im Speziellen und nach neuen Dezernenten allgemein damit endgültig zur Blamage aus. Schafft es Köln tatsächlich nicht mehr, unfallfrei neues Spitzenpersonal zu finden und zu wählen?
Von den vergangenen fünf Verfahren zur Besetzung von Dezernentenstellen endeten drei zunächst erfolglos oder wurden von der Bezirksregierung moniert – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz etwa hatte im vorigen Juli aufgrund von Drohungen wegen seiner Beteiligung an der Stadtwerke-Affäre zurückgezogen, doch in einem publik gewordenen Papier sprach die Behörde Kienitz wenig später die Eignung ohnehin ab.
Charles‘ Wahl eine Ausnahme
Und die Wahl des neuen Kulturdezernenten Stefan Charles im September beanstandete die Bezirksregierung als fehlerhaft, weil die Findungskommission nicht die Kräfteverhältnisse im Stadtrat wiedergab. Üblicherweise sucht Reker mit dem Personalamt, dem beauftragten Personalberatungsunternehmen sowie der Fraktion mit dem Vorschlagsrecht den oder die beste Bewerberin aus. Nur ausnahmsweise erlaubte die Bezirksregierung die Wahl von Charles, weil sie ihn für geeignet hielt.
Reker war danach sauer, verlangte vom zuständigen NRW-Kommunalministerium eine grundsätzliche Klärung. Sie verwies auf die Vergangenheit, die Bezirksregierung habe früher nichts beanstandet. "Von daher verwundert es, dass bis dato die Prüfung durch die Bezirksregierung keinen Anlass ergab, diese Verfahren zu kritisieren." Sie könne "die Anweisung der Bezirksregierung für zukünftige Verfahren in der Form nicht akzeptieren". Und: "Wir brauchen für zukünftige Verfahren aber Verlässlichkeit und größtmögliche Rechtssicherheit."
Das Ministerium antwortete der Stadt, der Inhalt grob zusammengefasst: Der Rat kann eine Findungskommission einrichten, muss es aber nicht tun. "Die Besetzung kann dabei entsprechend der Mehrheitsverhältnisse des Rates erfolgen." Danach suchte Reker im Januar Haack ohne politische Beteiligung aus, schlug ihm dann dem Rat zur Wahl vor.
Warum ging Verfahren erneut schief?
Es ist einigermaßen erstaunlich und irritierend, dass die Stadtverwaltung Köln es nach all den Problemen nicht schafft, ein sauberes Verfahren aufzusetzen, das keinen Anlass für Kritik bietet. Trotz der Hinweise der Bezirksregierung. Trotz der Hinweise des Ministeriums, die ja seit kurz vor Weihnachten vorlagen. Bis zur Ratssitzung waren es rund sechs Wochen, eigentlich genug Zeit, ein einwandfreies und vor allem fristgerechtes Verfahren aufzusetzen. Es hat alles nicht geholfen und dürfte intern für Streit sorgen.
In der Verwaltung dürfte ja klar gewesen sein, dass die Besetzung besonders sorgsam betrachtet wird – zumal die Bezirksregierung und die Stadt Köln seit Jahren eine gepflegte Ablehnung verbindet. Vor allem Reker und Walsken vertragen sich in etwa so sehr wie Bodenfrost und Sonnenstrahlen.