- Unter anderem einen neuen Politikstil hat das schwarz-grüne Stadtrats-Bündnis 2016 versprochen.
- Haben die beiden Partner ihre Versprechen gehalten?
- Eine Analyse.
Köln – Nur zwei Jahre hält das größte Versprechen, das CDU und Grüne den Kölner Bürgern gegeben haben. Im März 2016 schreiben sie in ihrem Kooperationsvertrag von einem „neuen, sachorientierten Politikstil“, den das neue Bündnis will. Doch dann kommt der 17. April 2018 und die Gewissheit: Es ist alles wie immer.
Der damalige SPD-Fraktionschef Martin Börschel soll neuer Chef der Stadtwerke werden – ohne öffentliche Ausschreibung des gut dotierten Postens. Grüne und CDU forcieren die geheimen Pläne, Börschel loszuwerden ist zu verlockend, er ist der Kopf dieser SPD-Fraktion. Die Pläne fliegen auf und scheitern, die „Stadtwerke-Affäre“ blamiert Köln – und CDU und Grüne sind mittendrin, haben es mit versaubeutelt. Neuer Stil? Von wegen. Hat sich das Bündnis bewährt? Die Rundschau hat den Kooperationsvertrag analysiert und einige Versprechungen überprüft.
Verkehr: Das Streitthema
Das Thema Verkehr sollte ein eigenes Dezernat und mehr Aufmerksamkeit bekommen. Ob die Ost-West-Achse vom Heumarkt bis zum Aachener Weiher ober- oder unterirdisch ausgebaut wird, blieb in der Vereinbarung offen. Die Park&Ride-Parkplätze am Stadtrand sollten ausgebaut werden, der Niehler Gürtel als reiner Fuß- und Radweg gebaut werden und mehr Fahrradabstellanlagen auch für Lastenräder geschaffen werden.
Fazit: Das neue Verkehrsdezernat ist Realität. Der Gürtel-Ausbau hat die CDU-Basis vor Ort toben lassen, doch die Partei saß das aus, um des Kompromisses mit den Grünen willen. Neue Park&Ride-Anlagen wurden nicht gebaut, im Gegenteil, in Weiden ist die Anlage überfüllt. Zwar schafft die Stadt mehr Parknadeln für Räder, vom systematischen Ausbau von Fahrradparkhäusern oder ähnlichem ist Köln weit entfernt.
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Bleibt die Ost-West-Achse: Die Grünen sperren sich gegen den Tunnel, die CDU will ihn. Kommt es zur Fortsetzung des Bündnisses, wird der Konflikt weiter für Unruhe sorgen und der Konkurrenz Ansatzpunkte, das Bündnis anzugreifen.
Wohnen: Zahlen lügen nicht
5000 neue Wohnungen jährlich hatte Schwarz-Grün als Ziel ausgegeben. Allerdings ist Bauen komplex, hängt unter anderem an der Landesgesetzgebung. Köln kann nicht ausschließlich alleine entscheiden. Nimmt man die Jahre 2016 bis 2019, hätten nach dem Willen von Schwarz-Grün in Köln 20 000 Wohnungen gebaut werden müssen. Es waren nur 10 623.
Die Situation im Stadtrat
43 der 90 Sitze im Stadtrat hat das schwarz-grüne Minderheitsbündnis, die Stimme der Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) kommt oben drauf Bei voller Anwesenheit braucht es 46 Stimmen für eine Mehrheit. Damit Schwarz-Grün eine Mehrheit hat, braucht es Partner. Dazu zählen häufig die FDP (5 Sitze) und /oder die Ratsgruppe Gut (2 Sitze). (mhe)
Den Neubau von tausend öffentlich geförderten Wohnungen mit relativ geringen Mieten wollte das Bündnis erreichen. Statt 4000 tatsächlich gebauter Wohnungen sind aber nur 3279 genehmigt worden, das ist ein Unterschied. Mittlerweile gibt es eine Wohnungsbauleitstelle für größere Projekte. Und: Schwarz-Grün wollten Milieuschutzsatzungen für das Severinsviertel und Mülheim prüfen, um die Gentrifizierung zu stoppen.
Fazit: Die Satzungen sind quasi auf den letzten Metern gekommen oder auf den Weg gebracht worden, die Leitstelle ist schon länger aktiv. Beim Wohnungsneubau hinkt Köln dem Bedarf auch nach fünf Jahren Schwarz-Grün weit hinterher.
Der lahmende Schulbau
Köln braucht 54 neue Schulen bis 2030, Schwarz-Grün wollte die Umsetzung beschleunigen.
Fazit: Es sieht so aus, als sei der Schulbau auf einem besseren Weg, der Rat hat zwei milliardenschwere Baupakete verabschiedet.
Die Förderung der Wirtschaft
Ein „Haus der Wirtschaft“ wollten die Beiden schaffen. Es sollte die Aktivitäten der städtischen Wirtschaftsförderung bündeln.
Fazit: Die Wirtschaftsförderung ist kein Amt mehr, sondern eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und hat mehr Beinfreiheit. Das war vor allem für die CDU und ihr Klientel wichtig.
Die ewige Geschichte des Großmarkts
Der Lebensmittelmarkt muss bis 2023 weg von der Bonner Straße, weil das Viertel „Parkstadt Süd“ kommt. Schwarz-Grün wollte den Bau in Marsdorf planen und Alternativen prüfen.
Fazit: Die Frage ist nach fünf Jahren offen. CDU und Grüne haben das Thema nicht entscheidend voran gebracht, das bringt Existenzprobleme für Händler.
Klimaschutz und Umwelt
In Köln selbst gibt es noch kein Windrad. Und das bleibt vorerst so. Eigentlich wollte Schwarz-Grün die Windkraftkonzentrationszone im Westen aufheben und eine neue Fläche ausweisen, die sich besser eignet und mögliche Investoren anzieht.
Fazit: Das hat nicht geklappt. Stattdessen hat der Rat die städtische Rheinenergie aufgefordert, eine Fläche auf Pulheimer Stadtgebiet zu prüfen – nur wusste die Stadt Pulheim davon nichts. Ende offen. Im Sommer 2019 hat der Stadtrat den symbolischen Klimanotstand beschlossen, vor allem die Grünen jubelten darüber, die CDU folgte.
Hubschrauberstation auf dem Kalkberg
Seit 2005 soll die Station für die Rettungshubschrauber auf den Kalkberg ziehen, doch noch immer ist sie auf dem Flughafen Köln/Bonn untergebracht. Der Bau am Kalkberg geriet zum Millionengrab, der Hang rutschte, musste gesichert werden. Der Bau steht kurz vor dem Ende. Laut der Vereinbarung wollte Schwarz-Grün den Weiterbau und andere Standorte abwägen und prüfen. Kurz vor der Wahl machten die Grünen noch mal den dicken Max und wollen das Aus für den Kalkberg am Donnerstag beschließen, die CDU hält das ohne Alternative für Unsinn. Es könnte sein, dass die Grünen mit SPD und Linken sich durchsetzen.
Fazit: Fünf Jahre lang mühte sich Schwarz-Grün am Kalkberg ab, um am Ende uneins zu sein.
Betreuungsquote in Kitas
Ein Ziel war die Steigerung der Betreuungsquote für Unter-Dreijährige auf 50 Prozent.
Fazit: Hat nicht geklappt, sie liegt nur bei rund 45 Prozent.