Berlin – Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schiebt mit den Schnelltests gerade das nächste große Projekt an – zugleich steht er wegen der Verteilung der Schutzmasken weiter im Kreuzfeuer der Kritik. Opposition und Steuerzahlerbund fordern unter anderem, die Kosten besser im Auge zu behalten. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Woran entzündet sich die Kritik?
Die Grünen im Bundestag werfen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor, die Vergütung für die Apotheken nur grob zu schätzen. „Die jetzt erfolgte Anpassung auf 3,90 Euro pro Maske erscheint zwar auf den ersten Blick marktgerechter, wirkt aber ebenso über den Daumen gepeilt“, so die gesundheitspolitische Sprecherin Maria Klein-Schmeink auf Anfrage unserer Redaktion. Vor dem 16. Februar waren den Apotheken sogar sechs Euro vergütet worden – aufgrund einer „völlig überholten Marktanalyse vom Oktober 2020“, wie Klein-Schmeink betont.
Was sagt das Gesundheitsministerium?
Eine Sprecherin erklärt auf Anfrage: „Als die Bundesregierung die Maskenabgabe für Ältere und Risikogruppen Anfang Dezember organisiert hat, lagen die Durchschnittspreise für die Produkte bei 4,29 Euro und der Markt für medizinische Schutzmasken war sehr volatil. Zu der Zeit waren 5,04 Netto-Vergütung (6 Euro brutto) für Beschaffung, Betriebskosten und Beratung angemessen.“ Doch inzwischen seien die Schutzmasken trotz hoher Nachfrage stark gesunken – deshalb jetzt die Anpassung auf 3,90 Euro je Schutzmaske einschließlich Umsatzsteuer.
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Nach Angaben des Ministeriums verringern sich die Kosten für die Abgabe von Schutzmasken an vulnerable Personengruppen „um rund 430 Millionen Euro im Vergleich zu jenen Kosten, die bei Beibehaltung des bisherigen Erstattungspreises von sechs Euro inklusive Umsatzsteuer entstanden wären“.
Was sind denn die Alternativen?
Der Steuerzahlerbund bezweifelt die Notwendigkeit einer staatlichen Verteilung, da die Masken inzwischen problemlos erhältlich seien. „Mittlerweile gibt es die Masken im Supermarkt für 1 Euro das Stück. Die eigenverantwortliche Beschaffung der Masken über bewährte Wege des Handels ohne staatliche Einmischung und Gutscheine wäre der bessere Weg gewesen“, heißt es in einer Analyse. Verbandspräsident Reiner Holznagel ergänzt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Mein Appell ist zweigeteilt: Wirklich bedürftige Menschen sollen staatliche Unterstützung erhalten – in einer solidarischen Gesellschaft darf Schutz nicht am Geldbeutel scheitern.“ Allgemein gilt nach den Worten von Holznagel aber: „Auch in einer Pandemie geht es nicht ohne Verantwortung des Einzelnen. Im Onlinehandel, im Discounter und selbst beim Pharmazeuten gibt es FFP für kleines Geld und nicht auf Staatskosten.“
Und wie hoch sind die Gesamtausgaben?
Mit Blick auf die vulnerablen Gruppen hat der Bund zunächst mit 27,3 Millionen Anspruchsberechtigten und (inklusive Verwaltungskosten) mit Ausgaben in Höhe von 2,5 Milliarden Euro kalkuliert. Es hat sich dann aber herausgestellt, dass die Risikogruppen sogar knapp 34 Millionen Menschen umfassen.
Wer hat Anspruch auf die Masken?
Es gibt zwei Gruppen: erstens die über 60-Jährigen und die Menschen mit besonderen Vorerkrankungen und Risikofaktoren. Vom 15. Dezember bis 6. Januar konnten sie einmalig drei Masken bekommen. Bis zum 15. April gibt es in zwei Zeitkorridoren noch einmal je sechs Schutzmasken bei Zuzahlung von jeweils zwei Euro. Außerdem werden seit Anfang der Woche bis zum 6. März je zehn Masken ausgegeben an Personen, die Arbeitslosengeld II beziehen oder mit einer solchen Person in einer Bedarfsgemeinschaft leben – das ist die zweite Gruppe.
Anfang Februar Jahres beschloss die Bundesregierung zudem, auch an die rund fünf Millionen Hartz-IV-Empfänger Masken verteilen zu lassen. „Damit haben unterm Strich rund 39 Millionen Menschen Anspruch – beinahe die Hälfte aller Deutschen“, rechnet der Bund der Steuerzahler vor. „Abhängig davon, wie viele Anspruchsberechtigte ihre Masken tatsächlich abholen, könnte die Aktion rund 2,8 Milliarden Euro Steuermittel kosten. Hinzu kommen bis zu rund 140 Millionen Euro, die die Bezieher der Masken über ihre Zuzahlung direkt selbst tragen.“
Wie kann man es besser machen?
Gesundheitsexpertin Klein-Schmeink kritisiert, nach wie vor habe das Gesundheitsministerium offenbar keine systematische Marktüberwachung der für die Bekämpfung der Pandemie notwendigen Güter etabliert. Sie fordert: „Es braucht einen verlässlichen Mechanismus, der den Erstattungspreis anhand des Marktgeschehens adäquat festlegt.“