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Neujahrsempfang der IHK KölnHoffen auf Ende der Krisen

Lesezeit 5 Minuten
IHK-Hauptgeschäftsführer Vetterlein, US-Botschafterin Gutmann, NRW-Ministerpräsident Wüst und IHK-Präsidentin Grünewald beim Neujahrsempfang der IHK Köln

IHK-Hauptgeschäftsführer Vetterlein, US-Botschafterin Gutmann, NRW-Ministerpräsident Wüst und IHK-Präsidentin Grünewald beim Neujahrsempfang der IHK Köln

Im dritten Anlauf konnte Kölns IHK-Präsidentin Nicole Grünewald die Gäste zum traditionellen Neujahrsempfang der Kammer begrüßen. Nicht in der Kammer, sondern im Gürzenich.

In den Vorjahren hatte die Corona-Pandemie den traditionellen Empfang unmöglich gemacht, und auch in diesem Jahr stand er auf der Kippe, wie Grünewald zur Begrüßung der rund 400 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung sagte. Die Sprinkleranlage in der IHK-Zentrale in der Innenstadt hatte sich selbstständig gemacht, und 70.000 Liter Wasser waren auf das denkmalgeschützte Parkett des Börsensaals heruntergeprasselt.

Gürzenich in den Farben der US-Flagge

„In Köln hilft man sich“, so Grünewald. Angeboten wurde der Gürzenich, mit Karnevalsschmuck. Rot und weiß sind auch die Farben der US-Flagge. Dazu wurde die Decke blau angestrahlt, sodass die US-Botschafterin Amy Gutmann als Festrednerin mit den Farben der US-Flagge begrüßt werden konnte.

Der zweite Festredner, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst bekam gleich eine Aufgabe. Er solle, so Grünewald erklären, wo vier Gigawatt Energieleistung herkommen, wenn Braunkohleblöcke mit einer Leistung von acht Gigawatt vom Netz gehen, aber nur vier Gigawatt durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Zumal Deutschland lange Genehmigungszeiten habe wegen einer übermäßigen Bürokratie. Deutschland drohe die Deindustrialisierung, so Grünewald. Nicht nur Energie sei deutlich teurer als in anderen Ländern, auch die Infrastruktur lasse zu wünschen übrig. „Unternehmen gehen dahin, wo die Rahmenbedingungen gut sind“, so Grünewald. Die Politik müsse schnell gegensteuern.

Wirtschaft hat Krisen gut gemeistert

Grünewald warf einen Blick zurück auf die Corona-Krise, auf die Flut im Jahr 2021 und auf den Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar des abgelaufenen Jahres. Die Wirtschaft habe diese Krisen aber gemeistert. Positiv wertete sie inzwischen die Arbeit der IHK in Haupt- und Ehrenamt. So sei mit großer Mehrheit in der Vollversammlung der Beschluss gefasst worden, die alte Zentrale in der Kölner Innenstadt zu modernisieren. Möglicherweise könne dann der nächste Neujahrsempfang in dem Gebäude, für das sie brenne, stattfinden.

„Durchstarten“ ist für NRW-Ministerpräsident Wüst das Motto des laufenden Jahres. Es gebe die Chance, die Krisen zu überwinden. Er verwies auf Hilfsprogramme des Bundes und der Länder. Die belasteten zwar zukünftige Generationen, seien aber nötig. ThyssenKrupp bekomme etwa Mittel, um grünen Stahl herzustellen. NRW wolle wichtigste Industrieregion der Zukunft bleiben. Die Wirtschaft habe sich schon oft neu erfunden und werde das wieder tun. Diesmal in Richtung Nachhaltigkeit.

Fehlende Energieleistung müsse auch mit Importen ausgeglichen werden, so Wüst. Die kommen über die LNG-Terminals an der deutschen Küsten, müssten aber auch aus dem Westen von belgischen und niederländischen Häfen kommen. Dazu müssten Pipelines gebaut werden.

Beim Umbau ist auch die Unterstützung der Wirtschaft nötig.
NRW-Ministerpräsident Wüst

„Beim Umbau ist auch die Unterstützung der Wirtschaft nötig“, warb Wüst. Er räumte ein, dass die Verwaltung in Deutschland insgesamt schneller werden müsse. Es gebe aber gute Ansatzpunkte wie die zügige Planung und Errichtung der LNG-Terminals. Auch Steuern müssten sinken, damit sich Industrie in Deutschland ansiedelt. Dem Inflation Reduction Act (Gesetz zur Reduzierung der Inflation), ein milliardenschweres Investitionsprogramm in den USA, müsse etwas entgegengesetzt werden. Es sei erfolgreich, die Industrie der Zukunft entstehe derzeit in den USA, müsse aber auch in Deutschland entstehen.

„Es ist mir eine Ehre, hier bei Ihnen zu sein und wieder in dieser historischen Stadt“, sagte die US-Botschafterin Amy Gutmann. „Wie passend, denn wir leben in historischen Zeiten“, ergänzte sie auf Deutsch, bevor sie ins Englische wechselte und eine Zusammenschau der aktuellen weltweiten Herausforderungen und der transatlantischen Beziehungen gab.

Putin hat sich verrechnet

Putin habe sich bei seinem brutalen Krieg gegen die Ukraine verrechnet. Die Russen hätten nicht innerhalb von Tagen in Kiew sein können. Auch hätten sich die Europäer nicht mit Gas erpressen lassen, weil etwa neue Quellen für Energie erschlossen worden wären. NATO, Vereinigte Staaten, Deutschland und der EU seien der illegalen Invasion eines souveränen europäischen Staates begegnet – ebenso die Wirtschaftsführer, die Frieden wichtiger nähmen als kurzfristige Gewinne. Demokratien könnten gemeinsam Lösungen für die Probleme der Welt finden könnten. Und diese Einheit vor allem stimme sie optimistisch für die kommenden Jahre.

Herausforderungen könnten sich als Chancen erweisen, sagte sie. Vor allem, wenn man zusammenstehe. Erfolgreich agiert habe die Gemeinschaft auf drei Feldern. Sie unterstütze die Ukraine, und das so lange das nötig sei, sei sich zunehmend der Herausforderungen durch China für die Sicherheit der Welt bewusst und habe ein gemeinsames Herangehen an globale Herausforderungen wie Gesundheit, Klimawandel und Wirtschaftswachstum.

USA wollen stärkere Partnerschaft mit EU

Die USA und Deutschland arbeiteten bei allen drei Herausforderungen eng zusammen. Als Beispiel nannte Gutmann die Errichtung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven, wo die erste Ladung des verflüssigten Erdgases bereits aus den USA angekommen sei. In den USA gebe es große Investitionen in die Infrastruktur und eine grüne Wirtschaft. Der Inflation Reduction Act werde laut Gutmann auch positive Effekte für die haben. Die USA arbeite dazu an einer Interpretation des Gesetzes in einer produktiven Art. Die USA wollten eine stärkere Partnerschaft mit der EU auf den Feldern Energiesicherheit, Klimaschutz und zuverlässigen Lieferketten.


Zur Person

Amy Gutmann ist seit März Botschafterin der USA in Deutschland. Ihr Vater floh 1934 vor den Nazis zunächst nach Bombay und emigrierte nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA. Hier heiratete er. Die 1949 geborene US-Botschafterin studierte Politikwissenschaft und promovierte in Harvard. Sie arbeitete an der Universität Princeton, wo sie 1989 Professorin wurde. 2004 wechselte sie als Präsidentin zur University of Pennsylvania, wo sie auch Professorin war. (raz)