Brandgefährliche BatterienPeinliche und womöglich teure Panne für Ford
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Köln – Ford beschreitet ungewöhnliche Wege. In einem Video entschuldigt sich Hans-Jörg Klein, für den Verkauf in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlicher Geschäftsführer, bei den Käufern des Kuga. Ford ruft über 30 000 der sportlichen Geländewagen mit Plug-In-Hybrid demnächst in die Werkstätten, weil es vereinzelt zu Batteriebränden gekommen war. Die Kunden können das Auto weiter nutzen, es soll aber von dem Benzinmotor angetrieben werden. An Steckdosen geladen werden soll es nicht.
Das Problem
Genau klar ist noch nicht, wo der Fehler liegt. Ford und der Lieferant der Batterien forschten mit Hochdruck, sagt Klein in dem Video. Er spricht von „Problemen mit der Wärmeabführung“ und von einer Batterieentlüftung, die überhitze. Die Behebung des Fehlers werde „eher Monate als Wochen dauern“.
Das klingt für den Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Universität St. Gallen nach Konstruktionsfehler. Möglicherweise sei eine kostengünstige Variante verwendet worden. Es gibt freilich auch die Spekulation, dass es Probleme bei den Batterien selbst gibt. Womöglich sei die Produktion zu schnell hochgefahren worden.
Zunächst ist das peinlich. Spät ins Geschäft mit E-Autos eingestiegen, bringt Ford ein erstes batterie-elektrisches Fahrzeug erst demnächst auf den europäischen Markt. Verfügbar sind immerhin Mild-Hybride, die den Verbrennungsmotor unterstützen, Fahrzeuge, die die Batterien über die Rückgewinnung von Bremsenergie oder mit dem Verbrenner laden, und einige Kilometer rein elektrisch fahren können, und der Plug-In-Kuga, wo der Verbrenner auch 50 Kilometer durch den E-Motor ersetzt wird. Gerade die Plug-In-Hybride sind begehrt. Gibt es für sie doch bis Ende des kommenden Jahres eine hohe Förderung von 6750 Euro. Ford hat in Europa in diesem Jahr über 30 000 Plug-In-Kugas ausgeliefert, mehr als die Hälfte der insgesamt neu zugelassenen Fahrzeuge des Modells. Da schmerzt es, dass der Verkauf im September vorerst gestoppt wurde. Manch Kunde wird sich wohl für ein Konkurrenzmodell entscheiden. Dass Ford den Kuga-Käufern auch einen Tankgutschein von 500 Euro spendiert, fällt kaum ins Gewicht. Anders sieht das bei Strafzahlungen aus, die fällig werden, wenn Ford die CO2-Vorgaben der EU verfehlt.
Die CO2-Strafen
In diesem Jahr dürfen Neuwagen in der EU im Schnitt nur ungefähr 95 Gramm CO2 ausstoßen. Sonst werden pro Gramm und verkauftem Fahrzeug 95 Euro Strafe fällig. Die Hersteller haben auf sie zugeschnittene Vorgaben, weil etwa das Leergewicht der Fahrzeuge berücksichtigt wird. Außerdem gibt es Erleichterungen. 2020 werden nur 95 Prozent der verkauften Neuwagen in die Rechnung einbezogen. Dann wird der Verbrauch und damit der CO2-Ausstoß nach einem alten Messverfahren ermittelt, das geringere Werte ausweist. Und es gibt Boni für E-Autos und auch für Investitionen in die umweltschonende Fertigung. E-Autos sind freilich auch jenseits der Boni wichtig für die Co2-Grenzen. Plug-In-Hybride stoßen etwa halb so viel CO2 aus wie Verbrenner. Fahren sie doch etwa 50 Kilometer mit dem E-Motor ohne CO-2-Ausstoß - zumindest auf dem Prüfstand und dann, wenn sie regelmäßig an der Steckdose aufgeladen werden. Ohne den Plug-In-Kuga reißt Ford die Vorgaben womöglich. „Ein Weltuntergang ist das für Ford nicht“, sagt Experte Dudenhöffer. Der Hersteller könne - freilich gegen Zahlungen - einem Pool beitreten mit einem Anbieter, der die Grenzen unterbietet. Und insgesamt sei Ford gut unterwegs.
Fords Lage
Der Konzernumbau ist weit fortgeschritten. Von den angestrebten Gewinnmargen ist Ford aber noch weit entfernt. Im zweiten Quartal fiel in Europa, auch wegen der Corona-Pandemie und Werksschließungen, ein Verlust von 664 Millionen Dollar vor Zinsen und Steuern an nach einem kleinen Gewinn im Vorjahresquartal. Und weitere Einschnitte drohen, weil die EU die Klimaziele weiter verschärfen will bis 2030. Im Gespräch mit dem Handelsblatt hatte Ford-Werke-Chef Gunnar Herrmann bezweifelt, dass der Kölner Autobauer genug E-Autos absetzen könne, um die Ziele zu erreichen. Dann würden in Europa weniger Autos gebaut, um Strafzahlungen zu vermeiden.
Deutlich weniger Autos - dann braucht auch Ford nicht mehr zwingend vier Werke in Europa, zumal in Saarlouis und Köln schon auf Zwei-Schicht-Betrieb umgestellt ist und in Köln die Produktion im kommenden Jahr weiter reduziert wird von derzeit 1150 Fahrzeugen pro Tag auf 960. Möglich wären 1400. Vehement fordert die Arbeitnehmervertretung in Saarlouis schon seit längerem ein Nachfolgemodell, wenn denn die Fertigung des aktuellen Focus ausläuft. Aber auch für den aktuellen Fiesta, der in Köln produziert wird, gibt es noch keine Zusagen für einen Nachfolger aus der Konzernspitze im amerikanischen Dearborn.