Ford leidet wie andere Autobauer massiv unter der Corona-Krise.
Von Mitte März bis Anfang Mai standen die Fabriken wegen der Corona-Krise still.
Ralf Arenz gibt einen Überblick über die wirtschaftlichen Folgen.
Köln – Der Ford-Konzern hat im zweiten Quartal einen Nettogewinn von 1,1 Milliarden Dollar eingefahren nach 0,1 Milliarden vor einem Jahr. Die Bilanz gerettet hat der Einstieg von VW bei Argo, Fords Tochter für automatisiertes Fahren. VW zahlte für die Beteiligung 2,6 Milliarden Dollar. Das erlaubte es Ford, einen höheren Wert für Argo anzusetzen, an der beide Autobauer jetzt 40 Prozent halten. Im operativen Geschäft lief es bei Ford weniger rund. Außerdem ist die Finanzsparte profitabel.
Ford weltweit
Ford leidet wie andere Autobauer massiv unter der Corona-Krise. Verkauft wurden noch 645 000 Fahrzeuge von April bis Juni. Das waren 53 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) sank um 3,6 Milliarden auf minus 1,9 Milliarden Dollar. Das war freilich besser als Analysten befürchtet hatten, auch nachdem Ford im April auf schwache Zahlen vorbereitet hatte. Für das kommende Quartal stellt Ford einen operativen Gewinn von 1,5 Milliarden in Aussicht, für das vierte Quartal erwartet der Konzern wegen der Einführung von neuen Produkten einen Verlust.
Ford in Europa
In Europa hat Ford einen operativen Verlust von 700 Millionen Dollar eingefahren nach einem Vorjahresgewinn von 100 Millionen. Von Mitte März bis Anfang Mai standen die Fabriken wegen der Corona-Krise still. außerdem blieben die Autohäuser teils noch länger geschlossen. Aber auch dann arbeiteten die Werke mit angezogener Handbremse. In Köln etwa startete die Fiesta-Fertigung mit einer Schicht, in der etwa 460 Fahrzeuge vom Band laufen. Möglich wären im Zwei-Schicht-Betrieb 140 Fahrzeuge. Außerdem macht Ford noch Kurzarbeit, was auf eine Vier-Tage-Woche hinausläuft.
Ford verkaufte im 2. Quartal in den 20 europäischen Hauptmärkten 168 650 Fahrzeuge. Im Vergleich zum Vorjahresquartal bedeutet das ein Minus von 51,4 Prozent. Der Absatz der Pkw sank um 56 Prozent auf 109 129, der der leichten Nutzfahrzeuge um 40 Prozent auf 59 521. wie Ford Europa mitgeteilt hatte Bei Nutzfahrzeugen ist Ford Marktführer mit einem Anteil von 13,8 (Vorjahresquartal: 12,9) Prozent, der Pkw-Anteil blieb stabil bei 7,1 Prozent. Deutschland hat dabei Großbritannien, das besonders heftig unter der Corona-Krise leidet, als größten Absatzmarkt abgelöst. Verkauft wurden hier fast 45 541 (89 432) Autos, in Großbritannien knapp 29 623 (91 027). Die Marktschwäche in Großbritannien ist besonders bitter für Ford. Denn auf der Insel ist Ford Marktführer. Insgesamt sank der Umsatz in Europa um 51 Prozent auf 3,6 Milliarden Dollar.
Der Umbau in Europa
Im Sommer 2018 fiel der Startschuss für einen Umbau von Fords Europageschäft. Werke wurden geschlossen oder abgegeben, die Fertigung des Kompakt-Vans C-Max in Saarlouis wurde beendet, hier wurde ein Schicht gestrichen, 12 000 von ursprünglich 54 000 Mitarbeiter in Europa müssen gehen, darunter 5400 in Deutschland bis Ende dieses Jahres. Dieser Stellenabbau läuft nach Plan. Die US-Führung setzt auf mehr oder weniger sportliche Geländewagen, die etwa dem Fiesta das Leben schwerer machen, und leichte Nutzfahrzeug. Die baut Ford im spanischen Valencia oder rumänischen Craiova.
Die Perspektiven
Ford braucht nach Meinung des Autoexperten Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach Partner. Einiges ist eingestielt. Ford übernimmt von VW die Plattform für Elektromobilität und entwickelt auf der in Köln ein Fahrzeug. Derzeit hat Ford unterschiedliche Hybrid-Motoren im Angebot, bis der Mustang Mach E aus den USA kommt, aber kein batterie-elektrisches Fahrzeug. Ford und VW kooperieren auch bei einem Stadtlieferwagen, einem Lieferwagen und - in den USA - bei einem Geländewagen.
Es bleibe abzuwarten, wie sich die Kooperation langfristig entwickelt, so Bratzel. „Aber letztlich kommt Ford zu langsam voran“, sagt der Automobilexperte. Bei der Messung der Innovationsstärke der Autohersteller durch das von ihm geleitete Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach stehe Ford vergleichsweise gut da. Dem Autobauer gelinge es aber nicht gut Innovationen umzusetzen und höhere Preise für seine Produkte durchzusetzen.
Drei Fragen an ...Stefan Bratzel, Autoexperte an der Fachhochschule Bergisch Gladbach
Wie ist Ford in Europa aufgestellt?
Ford hat einen Vorteil: Schritte zur Restrukturierung in Europa hat das Unternehmen schon vor der Corona-Krise ergriffen. Dennoch ist Ford in keiner einfachen Position. Weil das Unternehmen bei Zukunftsthemen nicht so gut aufgestellt ist. Bei der E-Mobilität etwa muss das Unternehmen deutlich nachlegen. Dem Konzern gelingt es auch nicht gut, Innovationen umzusetzen und höhere Preise für seine Produkte durchzusetzen.
Hat Ford denn mit dem Puma in Geländewagenoptik nicht ein geeignetes Produkt. Der steht auf der Fiesta-Plattform, ist etwas größer, besser ausgestattet und teurer.
Eine höhere Positionierung beim Preis ist richtig. Generell hat Ford aber ein Problem mit der Modellpalette bei den Pkw in Europa. Die Modelle haben wenig Berührungspunkte mit den Modellen in den USA, wo der Konzern Limousinen und kleine Fahrzeuge auslaufen lässt und auf sportliche Geländewagen setzt. Damit gibt es keine ausreichenden Mengen für die hier gebauten Fahrzeuge und damit vergleichsweise hohe Entwicklungskosten pro Fahrzeug. Ford braucht in Europa weitere Partnerschaften, um erfolgreich zu sein. Und klar ist: Die Fertigung von Low-Cost-Autos in Deutschland geht nicht.
Ist es denn auf Dauer möglich, einen Kleinwagen wie den Fiesta in Köln zu fertigen?
Ich glaube nicht. Ford muss sich da eher höherpreisige Produkte überlegen. Auch eine Fertigung eines E-Autos in Köln sichert kaum/nicht die hiesigen Arbeitsplätze. Insgesamt braucht noch einiges an Fantasie, wie die Arbeitsplätze in der Fertigung in Köln gesichert werden können. (raz)