Bonn – Der Umbruch hatte sich angekündigt. Langsam, etwas schleppend, aber dann mit ungeheuerer Wucht. Als sich die Telekom Baskets Bonn im vergangenen Sommer personell neu aufstellten, ging der Basketball-Bundesligist ein großes Wagnis ein. Neun Monate später lässt sich zweifelsfrei festhalten: Die Rheinländer haben alles richtig gemacht, sind mit ihrer To-Do-List aber noch längst nicht fertig.
Nach zwei Jahren ohne Playoff-Teilnahme musste im Sommer 2021 etwas passieren, um den drohenden Absturz ins sportliche Mittelmaß zu verhindern. Immerhin hatte Bonn sich nach dem Erstliga-Aufstieg 1996 mit acht Finalteilnahmen in Meisterschaft und Pokal schnell einen guten Ruf erarbeitet. Diese Tradition stand auf dem Spiel, umso höher ist es einzuschätzen, dass es den Verantwortlichen gelang, mit Tuomas Iisalo bis 2023 einen Trainer zu binden, der an seiner vorherigen Station in Crailsheim sogar das Interesse ausländischer Vereine geweckt hatte.
Architekt des Bonner Erfolgs: Baskets-Coach Tuomas Iisalo
Der Finne krempelte strukturell einiges um, besonders bei der Rekrutierung neuer Spieler. Dabei bot Bonn ihm ein gewisses finanzielles Plus, welches ihm in Crailsheim zuvor nicht zur Verfügung stand. Mit Karsten Tadda (aus Oldenburg) und Michael Kessens (aus Frankfurt) wurden beispielsweise zwei Nationalspieler auf den Hardtberg geholt, die für ihre Teamdienlichkeit bekannt sind und die vielzitierten kleinen Dinge tun, die es braucht, um Spiele zu gewinnen.
Gleichzeitig ging Iisalo in dem französischen Zweitliga-MVP Parker Jackson-Cartwright und dem nachverpflichteten - in 2020/2021 wegen einer schweren Knieverletzung ohne Spielpraxis verbliebenen - Javontae Hawkins zwei Wagnisse ein, die sich als hochrentabel entpuppten. Das dynamische Duo trieb die Baskets zur besten Offense der Liga (87,9 Punkte) an, wobei Bonn vor allem durch immense Feuerkraft aus der Distanz in Erscheinung tritt. Mit 33,2 Dreierversuchen stachen Hawkins und Co. auch hier die ligaweite Konkurrenz aus. Jackson-Cartwright trat mit einer Ausbeute von durchschnittlich 19,3 Punkten und 7,4 Assists derart dominant auf, dass er dafür mit der Trophäe als „wertvollster Spieler“ (MVP) ausgezeichnet wurde. Eine Ehre, die zuvor noch keinem Baskets-Akteur zuteil wurde.
Das könnte Sie auch interessieren:
Der individuelle Glanz übertrug sich auf die komplette Mannschaft, die mit 26 Siegen, davon zwischenzeitlich sogar elf in Folge, die erfolgreichste reguläre Saison der Vereinsgeschichte hinlegte. Ab Mitte Mai geht es für den designierten Hauptrundenzweiten in die Meisterschaftsrunde, inklusive des garantierten Heimvorteils in Viertel- und potenziellem Halbfinale. Gegner im Viertelfinale werden mit hoher Wahrscheinlichkeit die Hamburg Towers. Von der Pole Position startet wohl Alba Berlin in die Ausscheidungsspiele der besten Acht.
Mit Tuomas Iisalo, der mit dem Award für den Trainer des Jahres ebenfalls Vorzeigbares für den Kaminsims abgriff, an der Seitenlinie, frischem Rückenwind und dem ausgerufenen Playoff-Motto „Hück oder nie“ ist den Rheinländern in der anstehenden Meisterschaftsrunde viel zuzutrauen. Zumal sie in eigener Halle von 17 Ligaspielen 15 gewinnen konnten und der Telekom Dome eine schwer einzunehmende Feste ist. Was bei aller Aufbruchsstimmung dann doch eine Parallele zur „guten alten Zeit“ darstellt.