Köln – Jörg Jakobs kennt sich aus mit schwierigen Missionen. Als der 1. FC Köln im Jahr 2012 nach dem fünften Abstieg aus der Fußball-Bundesliga sportlich und finanziell am Boden lag, packte der promovierte Sportwissenschaftler als Aufbauhelfer tatkräftig mit an. Jakobs verschlankte in Windeseile den überfrachteten Kader und legte somit den Grundstein für die Konsolidierung des Clubs.
Neun Jahre später stellt sich die Situation am Geißbockheim ähnlich kompliziert dar. Zwar hat der Verein durch die gewonnene Relegation gegen Holstein Kiel einen weiteren Sturz in die Zweitklassigkeit auf den letzten Drücker noch abwenden können. Doch nach der Entlassung des glücklosen Sport-Geschäftsführers Horst Heldt nur einen Tag später bestand rascher Handlungsbedarf, um die anstehende Sommer-Transferperiode mit all ihren Herausforderungen in Zeiten der Corona-Pandemie nicht führungslos anzugehen.
Heraus sprang eine interne Lösung: Jakobs (50), der bislang den Vorstand in sportlichen Fragen beraten hatte, verantwortet künftig die Kaderplanung. „Er hat unser volles Vertrauen“, betonte Präsident Dr. Werner Wolf bei der Vorstellung der neuen sportlichen Führung am Montag in einer mehr als einstündigen virtuellen Pressekonferenz. Unterstützung erhält Jakobs vom langjährigen FC-Torhüter Thomas Kessler, der als operativer Leiter der Lizenzspielerabteilung fungieren wird. Als Dauerlösung ist der an der Sporthochschule beschäftigte Jakobs aber nicht eingeplant. „Der Begriff interim steht als Überschrift darüber. Ich sehe mich nicht in einer langfristigen Rolle“, sagte der gebürtige Trierer.
Krösche war Kandidat
Dennoch verspürt Vizepräsident Eckhard Sauren bei der Suche nach einem dauerhafteren Heldt-Nachfolger keinen Grund zur Eile: „Wir haben genügend Zeit. Wenn man sich anschaut, was am Markt kurzfristig verfügbar ist an Sportdirektoren, die in der Vergangenheit Erfolge hatten und zu unserem Club passen, wird man feststellen, dass er überschaubar ist.“ Markus Krösche (40) hätten die Kölner nach Rundschau-Informationen gerne für sich gewonnen. Doch der Sportdirektor von RB Leipzig zog einen Wechsel zu Eintracht Frankfurt vor. Einen externen Plan B gab es nicht.
Deshalb ist nun Jörg Jakobs in Zusammenarbeit mit Thomas Kessler, Lukas Berg (Leiter Administration) und dem zukünftigen Trainer Steffen Baumgart voll gefordert. „Wir haben eine unglückliche Kaderstruktur, stehen vor der Glaskugel und wissen nicht, wie der Sommer ablaufen wird“, sagte Jakobs, der nach der Relegations-bedingten Saisonverlängerung keine weitere Zeit verlieren will. „Es geht darum, so schnell wie möglich in die Gespräche einzusteigen.“ Ziel sei es, einen Kader zusammenzustellen, „mit dem man in die Bundesliga gehen kann“.
Thomas Kessler sprüht bei dieser Aufgabe vor lauter Tatendrang. „Ich freue mich über die Chance“, erklärte der 35-Jährige, der nach dem Ende seiner aktiven Karriere im vergangenen Sommer ein Trainee-Programm auf der Geschäftsstelle des FC sowie einen Management-Lehrgang der DFL begonnen hatte. Nun übernimmt er früher als geplant Führungsaufgaben bei seinem Heimatverein. „Das wird eine Umstellung.“
Wechsel nach Stuttgart vom Tisch
Finanzchef Alexander Wehrle (46), der mit Horst Heldt gerne weiter in der Geschäftsführung zusammengearbeitet hätte, wird dem FC derweil erhalten bleiben. „In einer der wohl schwierigsten finanziellen Situationen der Clubhistorie ist man sich der Verantwortung ganz bewusst. Ich könnte nicht in den Spiegel schauen, wenn ich jetzt sagen würde, ich übernehme keine Verantwortung mehr. Wir haben extreme Herausforderungen vor uns“, sagte Wehrle mit Blick auf die Coronakrise, die dem FC einen Umsatzverlust von 63 Millionen Euro zugefügt hat.
Ein Wechsel zum VfB Stuttgart ist für den gebürtigen Schwaben damit vom Tisch: „Ich respektiere die Haltung meines Arbeitgebers, dass man mich nicht aus einem Vertrag heraus lässt, der bis 2023 geht. Deshalb habe ich den Verantwortlichen des VfB abgesagt. Das Thema ist erledigt.“ Allerdings hinterlegte der Finanzchef den ausdrücklichen Wunsch, bei der Neubesetzung des Sport-Geschäftsführerpostens nicht allzu viel Zet ins Land streichen zu lassen. „Es ist sicherlich auf Dauer nicht ratsam, als alleiniger Geschäftsführer zu agieren.“
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Trotz der nun entstandenen Vakanz zeigte sich der Vorstand überzeugt, mit der Trennung von Horst Heldt richtig gehandelt zu haben. „Wir mussten diese Entscheidung so fällen“, bekräftigte Vizepräsident Sauren. Zuvor hatte die FC-Spitze auch eine Saison-Analyse Heldts am Sonntagvormittag „nicht so recht zufrieden“ gestimmt. Dass die fehlende Konstanz auf Führungspositionen dem Vorstand zum Verhängnis werden könnte, hält Präsident Wolf („Wir sind in der Verantwortung für alles, was hier passiert“) mit Blick auf die Mitgliederversammlung am 17. Juni für unwahrscheinlich: „Wir sind zuversichtlich, dass die Mitglieder die aktuelle Situation verstehen werden.“