Köln – Auch wenn sein eigentliches Revier woanders liegt, tauchte er plötzlich in der gefährlichen Zone auf. Im Powerplay nahm Brady Austin das Zuspiel vor dem gegnerischen Tor perfekt an, umkurvte Goalie Daniel Manzato und setzte die Scheibe eiskalt unter das Quergestänge. „Das nenne ich Angriffspielen“, beschrieb der 1,93-Meter-Hüne sein Tor zum zwischenzeitlichen 3:4 gegen den SC Bern (4:6) mit einem Augenzwinkern. Schließlich ist der Linksschütze mit Händen groß wie Suppenteller eigentlich für Defensivakzente zu den Kölner Haien gekommen.
Im ersten Testspiel zur Vorbereitung auf die Mitte September beginnende Saison 2022/23 der Deutschen Eishockey Liga (DEL) bildete Austin mit Jan Luca Sennhenn ein neu formiertes Defensivduo, ließ aber hin und wieder eben auch sein offensives Potenzial aufblitzen. „Natürlich bin ich in erster Linie Verteidiger und muss hinten hart arbeiten und meine Pässe spielen“, weiß der 29-jährige Kanadier um seine Kernaufgabe. „Wir haben aber genau diese Vorstöße im Training ausprobiert.“
Wiedersehen mit Baptiste
Als der Routinier in der vergangenen Spielzeit mit Tappara die finnische Meisterschaft gewann, steuerte er in 52 Spielen vier Tore und neun Vorlagen bei. „Das finnische Eishockey ist vom defensiven Gedanken geprägt. Dort wird oft in der neutralen Zone auf den Gegner gewartet, um Scheibenverluste zu provozieren“, beschreibt Austin den markantesten Unterschied. „Für mich als Verteidiger ist das in erster Linie gut. Offensiv kann es aber frustrierend sein.“
KEC setzt Testspielreihe fort
Zwei weitere Testspiele stehen in dieser Woche für die Kölner Haie auf dem Programm. Am Freitag (19.30 Uhr) empfängt die Mannschaft von Trainer Uwe Krupp den Kooperationspartner EC Bad Nauheim aus der DEL2 im Trainingszentrum an der Gummersbacher Straße. Sporttotal.tv überträgt die Partie live. An der Tageskasse werden noch wenige Tickets erhältlich sein.
Am Sonntag (15 Uhr) duellieren sich die Haie mit dem Ligakonkurrenten Bietigheim Steelers. Das Spiel findet anlässlich des 50-jährigen Bestehens des KEC in Stuttgart statt, wo der Club 1972/73 den Bundesliga-Aufstieg perfekt machte. (tca)
Nach den ersten vier Vorbereitungswochen mit den Kölner Haien kann Brady Austin sagen, dass der offensivere deutsche Spielstil seinen Stärken mehr entgegenkommt. „Neben der Defensive spielt jeder Eishockeyspieler gerne Angriff. Ich glaube schon, dass ich dort helfen kann“, gibt sich der Kanadier auf seiner fünften Europa-Station nach Dänemark (2019), Tschechien (2020), Russland (2021) und Finnland voller Selbstvertrauen.
Das gute Gefühl kommt nicht von ungefähr. Schließlich ist Austin beim KEC in nordamerikanischer Gesellschaft. „Gab es in meinen bisherigen Teams etwa drei bis fünf Jungs, mit denen ich Englisch sprechen konnte, sind es jetzt mehr als zehn“, freut sich der Kanadier, der großen Wert auf den Teamgedanken legt. „Ich habe in Tampere erlebt, wie es jeden einzelnen Spieler braucht, der sein bestes Eishockey spielt und hart arbeitet, um erfolgreich zu sein.“
Der 103 Kilogramm schwere Defensiv-Koloss aus einem 3000-Einwohner-Ort im Südosten Kanadas bringt zudem den nötigen Faktor Spaß mit in die Millionenstadt Köln. „Wir haben bereits eine Bootstour auf dem Rhein unternommen und waren in der Innenstadt Abendessen. Wir haben die Atmosphäre aufgesaugt. Man kann sich hier wohlfühlen“, findet Austin.
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Auch, weil er wieder mit seinem Kumpel Nick Baptiste (27/Ilves) vereint ist, den die Haie ebenfalls aus Finnland geholt haben. „Wir haben uns im Trainingscamp der Buffalo Sabres (Austin bestritt fünf Spiele für den NHL-Club, Anm. d. Red.) kennengelernt und anschließend noch zwei Jahre AHL bei den Rochesters Americans gespielt“, erinnert sich der 277-malige AHL-Profi an den Beginn der Freundschaft vor sechs Jahren, ehe sich die Wege erst einmal trennten. In der vergangenen Saison wurde der Kontakt wieder intensiver, weil Austin und Baptiste jeweils in Tampere wohnten. „Dass wir jetzt wieder Teamkollegen sind, zumal so weit weg von der Heimat, ist etwas ganz Besonderes.“
Das Duo wohnt mit Defensiv-Zugang Stanislav Dietz (Fischtown Pinguins Bremerhaven) in derselben Straße in Sülz. „Dort gefällt es mir gut, weil nicht so viel Verkehr herrscht und nicht so viele Menschen unterwegs sind wie in der Innenstadt“, sagt Brady Austin, dessen Freundin bald aus Kanada nachreist.
Der Defensiv-Spezialist ist nach Köln gekommen, um mit dem achtfachen Meister erfolgreiche Zeiten wiederzubeleben. „Durch den Gewinn der Meisterschaft mit Tampere bin ich auf den Geschmack gekommen. Dieses Gefühl bei der Feier mit den Fans und der ganzen Stadt, das kann ich kaum erklären. Da war so viel Adrenalin dabei. Genau das will ich wieder erleben“, sagt Brady Austin. Er sieht den KEC schlagkräftig genug aufgestellt, um ein Wörtchen bei der Titelvergabe mitsprechen zu können: „Wir haben eine gute Truppe. Wenn wir es in die Playoffs schaffen und einen Lauf entwickeln, gibt es keinen Grund, warum das nicht klappen sollte.“