Kreis Euskirchen – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte im Vorfeld schon mal darauf hingewiesen, dass es beim Start der Impfungen gegen Covid 19 hier und da etwas „ruckeln“ könne. Sein NRW-Amtskollege und Parteikollege Karl-Josef Laumann gestand auf seine westfälisch-bodenständige Art, „vor dieser Mammutaufgabe echt Manschetten“ zu haben.
Glaubt man jedoch den Beteiligten in der Euskirchener Kreisverwaltung, bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und den von dieser Zeitung befragten Leitungen von Pflegeeinrichtungen, ruckelt’s zumindest im Kreis höchstens ein wenig. Elf Tage nach dem Impfstart in den Pflege- und Senioreneinrichtung fällt die Bilanz weitgehend positiv aus.
Wie häufig wurde schon geimpft?
1100 Impfdosen wurden in der Zeit vom 27. Dezember bis zum 2. Januar in Pflegeeinrichtungen im Kreis verabreicht – das sind alle, die dem Kreis bis dahin vom Land zugewiesen worden sind. „Es ist ein besonderer logistischer Erfolg, dass bei uns noch kein Impfstoff verschwendet wurde“, so Sven Gnädig von der Pressestelle des Kreises. Transport und Lagerung bei minus 70 Grad sind eine große Herausforderung. Für diese Woche rechne der Kreis mit weiteren 400 Dosen, so Gnädig.
Wie gut klappen die Abläufe?
Gnädig: „Die Aufgabe ist für alle Beteiligten neu und natürlich müssen sich viele Abläufe erst einmal einspielen. Wir profitieren im Kreis Euskirchen von einem engen Austausch zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und dem Kreis.“ Mit seiner Koordinierenden Einheit unterstütze der Kreis die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein bei der Organisation der Impfungen in den Pflegeeinrichtungen. Der Mediziner Frank Gummelt von der Kassenärztlichen Vereinigung im Kreis, die für die Impfungen selbst verantwortlich zeichnet, schließt sich dieser Einschätzung an.
Manuela Regh, Inhaberin und Leiterin des Hauses Bertram in Mechernich-Berg, in deren Einrichtung bereits geimpft wurde, zieht ebenfalls ein positives Fazit: „Dank der guten Vorbereitung war das eine runde Sache.“ Am 23. Dezember habe sie erfahren, dass das Impfteam am 29. Dezember anrücken werde.
„Da war natürlich für uns viel Arbeit über die Feiertage angefallen“, berichtet Regh. Die meisten Einwilligungen der Angehörigen für die Bewohner, die nicht in der Lage sind, selbst zu entscheiden, ob sie sich impfen lassen, seien im Vorfeld bereits eingeholt worden. Zu den anderen habe man dann noch Kontakt aufnehmen müssen. Doch es habe alles sehr gut geklappt, so Regh: „Das Impfteam war sehr gut organisiert, das lief Hand in Hand.“ Nebenwirkungen der Impfungen seien bisher keine festgestellt worden – weder bei Bewohnern noch bei Mitarbeitern, so Regh.
Sie hoffe nun, dass die notwendige zweite Impfung drei Wochen nach der ersten in wenigen Wochen genau so gut vonstatten gehe, sagte Regh. Erst dann entfalte die Impfung ja ihre etwa 95-prozentige Wirkung.
Auch Malte Duisberg, Geschäftsführer der Stiftung Evangelisches Alten- und Pflegeheim Gemünd (EvA), in der die Impfungen noch anstehen, fühlt sich, die Bewohner und seine Mitarbeiter gut vorbereitet – „vor allem durch die Ärzte hier vor Ort.“
Wie hoch ist die Impfbereitschaft?
Genaue Statistiken ließen sich hierzu noch nicht erstellen, teilt die Kreisverwaltung mit, aber: „Nach ersten Rückmeldungen lassen sich fast alle Bewohnerinnen und Bewohner der stationären Pflegeeinrichtungen impfen. Beim Personal liegt die Quote schätzungsweise bei 40-50 Prozent.“
Das entspricht weitestgehend den Erfahrungen der Einrichtungsleitungen, mit denen die Redaktion gesprochen hat: 97 Prozent der Bewohner hätten sich etwa im Haus Bertram impfen lassen sowie 71 Prozent der Mitarbeiter, teilt Leiterin Manuela Regh mit. Sie kritisiert die aus ihrer Sicht mangelende Aufklärung durch die Politik: „Hier wird mir den Impfgegnern und Coronaleugnern mit ihren abenteuerlichen Aussagen zu sehr das Feld überlassen.“ Wenn in den Sozialen Netzwerken etwa behauptet werde, dass der Impfstoff bei Frauen zur Unfruchtbarkeit führe, mache das junge Mitarbeiterinnen natürlich nachdenklich, sieht sie einen Grund für die allgemeine Zurückhaltung bei den Mitarbeitern der stationären Einrichtungen.
„Da haben aber die Ärzte hier im Haus klar gemacht, dass das mit den Substanzen nicht passieren kann“, sagt Manuela Regh: „Letztlich muss aber jeder selbst entscheiden – und das ist auch gut so.“
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Malte Duisberg, in dessen Einrichtungen die Impfungen noch anstehen, berichtet, dass sich fast alle Bewohner und 65 Prozent der Mitarbeiter bei EvA impfen lassen wollen. Medizinisches und pflegerisches Personal sei quasi berufsbedingt etwas skeptischer. „Wir liegen aber gut über den Schnitt“, so Duisberg, der hinzufügt: „Ich lasse mich auf jeden Fall impfen.“
In der Betreuungseinrichtung Casa in Silva in Kalenberg haben sich 86 Prozent der Bewohner (beziehungsweise deren Betreuer) und 45 Prozent der Mitarbeiter für die anstehende Impfung angemeldet. Warum die Mitarbeiter vergleichsweise zurückhaltend seien, kann Heimleiterin Elisabeth Hanstein nicht sagen und will das auch nicht ergründen: „Das ist ja eine ganz persönliche Entscheidung.“
Casa-in-Silva-Geschäftsführerin Karola dos Santos Ramos lobt die gute Vorbereitung auf die Impfungen, berichtet aber von einzelnen äußerst kritischen Antworten von Angehörigen oder Betreuern, nachdem sie um eine Entscheidung für die von ihnen betreuten Bewohner gebeten worden seien.
Wann geht das Impfzentrum an den Start?
Genaue Auskünfte, wann das Regionale Impfzentrum in Marmagen seinen Betrieb aufnimmt, wo zunächst Menschen ab 80 Jahren geimpft werden sollen, kann die Kreisverwaltung noch nicht erteilen. „Das ist abhängig davon, wann das Land die entsprechenden Impfstoff-Dosen zur Verfügung stellt“, erläutert Gnädig: „Die aktuellen Informationen deuten auf einen Start Anfang Februar hin. Das Regionale Impfzentrum in Marmagen ist jederzeit einsatzbereit.“
Wie erfahren Bürger,wann sie geimpft werden können?
„Derzeit bereiten wir in Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium des Landes ein Anschreiben mit Informationen zur Terminvergabe und zum organisatorischen Ablauf der Impfungen im Impfzentrum vor, das wir an alle über 80-Jährigen versenden werden“, teilt Sven Gnädig von der Kreispressestelle mit.
Eine Aufklärung über die Impfung und weitere Informationen seien bereits jetzt auf der Internetseite des Landes abrufbar, die über das Corona-Dashbaord auf der Homepage des Kreises verlinkt ist. Über die Telefon-Hotline der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Tel. 116117, seien ebenfalls Informationen verfügbar. Die Terminvergabe ist dort jedoch noch nicht freigeschaltet“, stellt Gnädig klar.
www.kreis-euskirchen.de