- „Den Menschen ist es egal, welche Feuerwehr sie oder ihre Habseligkeiten rettet“, sagt Euskirchens Feuerwehrchef Peter Jonas.
- Bei Notfällen an Grenzen, egal ob zur nächsten Kommune, einem anderen Bundesland oder gar einem anderen Staat, arbeiten die Einsatzkräfte grenzübergreifend zusammen.
- Wir haben nachgefragt, warum diese Regel sinnvoll ist, welche Pronleme es geben kann und wie gut die Zusammenarbeit funktioniert.
Kreis Euskirchen – Es geht um Sekunden, um Leben oder Tod – oder darum, ob persönliche Dinge ein Raub der Flammen werden oder nicht. Die Feuerwehren im Kreis Euskirchen kennen im Ernstfall keine kommunalen Grenzen. Es gilt die Schnellste-Hilfe-Strategie.
„Den Menschen ist es egal, welche Feuerwehr sie oder ihre Habseligkeiten rettet“, sagt Euskirchens Feuerwehrchef Peter Jonas, der die Zusammenarbeit der Rettungsdienste beispielhaft an der Monikastraße erklärt. Diese Straße verbindet Rheinbach und Palmersheim miteinander. Im Falle eines Schadensereignisses werde sich dort sogar über die Kreisgrenze hinweg unterstützt, so Jonas: „Je nachdem wie groß die Schadenslage nach einem Verkehrsunfall ist, kommt man von einer Seite nicht an die entscheidenden Stellen heran.“
„Die Zusammenarbeit funktioniert absolut problemlos“
Daher sei es sinnvoll, dass parallel zu den Palmersheimer Kollegen auch die Rheinbacher Wehr alarmiert werde. „Kommen die Palmersheimer nicht dran, können die Rheinbacher helfen – oder eben umgekehrt“, sagt Jonas. Zudem spielt ein anderer wichtiger Aspekt eine Rolle: Wo hat sich der Unfall genau ereignet? „Nicht selten haben wir auf der B 56n zwischen Frauenberg und Zülpich einen Unfall. Doch hat er sich auf Zülpicher oder Euskirchener Stadtgebiet ereignet? Da ist es mehr als sinnvoll, dass sowohl die Euskirchener als auch die Zülpicher Kollegen alarmiert werden“, sagt der Feuerwehrchef: „Die Zusammenarbeit funktioniert absolut problemlos.“
Das gelte auch für die Einsätze auf den Autobahnen, wobei dort die Zuständigkeiten speziell geregelt seien. „Dort fahren wir beispielsweise auf Mechernicher Gebiet, weil die Wißkirchener Feuerwehr schnell in Richtung Burg Veynau unterwegs ist, die Mechernicher Kollegen über die A 1 erstmal bis zu zur Anschlussstelle Wißkirchen müssten, um dann wieder in die Gegenrichtung zu fahren“, erklärt Jonas. Solche Absprachen gelten laut dem Palmersheimer auch für die Feuerwehren Nettersheim oder Weilerswist.
Feuerwehren in Hellenthal arbeiten über Staatsgrenzen hinweg
Im Bereich Hellenthal helfen sich die Feuerwehren sogar über die Staatsgrenze hinweg. Am 14. Juli 1998 wurde der entsprechende Staatsvertrag unterschrieben – drei Wochen, nachdem der Hellenthaler Rat den Beschluss gefasst hatte.
Entstanden sei die Idee, die Zusammenarbeit der Feuerwehren vertraglich zu fixieren, nach einem Großbrand eines Bauernhofs im belgischen Krewinkel, berichtet Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gebe es aber bereits wesentlich länger.
Da die Feuerwehrfahrzeuge in Belgien und Deutschland anders ausgerüstet sind, ist die Zusammenarbeit nicht immer unkompliziert. Im Gerätehaus in Udenbreth lagere ein Kupplungsstück, mit dem die Eifeler Feuerwehrleute im Ernstfall das Wasser mit ihren Schläuchen aus dem belgischen Tankfahrzeug entnehmen können. „Wir leben hier in dieser Region Europa in seiner Reinform“, sagt Westerburg.
„Solche Einsätze sind zum Glück überschaubar“
Die gute Zusammenarbeit beschränkt sich laut dem Verwaltungschef aber nicht nur auf die belgischen Grenzgebiete der Gemeinde Büllingen. Auch in die rheinland-pfälzischen Gebiete rund um die Orte Auw bei Prüm oder Roth bei Prüm rücke die Hellenthaler Wehr aus. Mit der Feuerwehr aus Hallschlag werde zudem regelmäßig der Ernstfall geprobt.
„Solche Einsätze sind zum Glück überschaubar. Mehr als zwei, drei pro Jahr in solchen Dimensionen haben wir nicht“, so Westerburg, der sich noch an fast steinzeitartige Zustände bei der Alarmierung der belgischen Feuerwehr erinnert.
Die Notrufe der Gemeinde Büllingen seien vor 15 Jahren nicht etwa bei der Leitstelle in Lüttich aufgelaufen, sondern bei einem Friseur in Büllingen, der in einer Schublade ein Telefon liegen hatte. „Der Friseur hat dann die Leitstelle alarmiert oder löste direkt die Sirene aus“, so Westerburg. Diese Alarmierungskette habe natürlich wertvolle Minuten gekostet. Deshalb hätten die Menschen lieber einen ihnen bekannten Feuerwehrmann in Losheim angerufen, so der Bürgermeister, der viele Jahre auch Hellenthaler Wehrleiter war. Der Feuerwehrmann habe dann die Euskirchener Leitstelle alarmiert. Die Helfer seien so wesentlich schneller gekommen.
„Wir führen als Feuerwehren des Kreises Euskirchen keine Mittelmeer-Diskussionen“
Wie gut die Zusammenarbeit zwischen Hellenthal und Schleiden funktioniere, habe sich bei der Brandserie vor einigen Monaten gezeigt, sagt Westerburg. Eine solche Kooperation für den Ernstfall haben nun auch die Zülpicher und die Nideggener Feuerwehr vereinbart. Der Zülpicher Wehrleiter Jörg Körtgen und sein Kollege Karl-Heinz Latz haben einen entsprechenden Vertrag unterschrieben, der die Zusammenarbeit bei zeitkritischen Einsätzen und bei Ausfall von Sonderfahrzeugen regelt.
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Beschränkt ist die Zusammenarbeit auf die Verbindungsstraßen nach Zülpich sowie für die Ortschaften Bürvenich, Eppenich, Juntersdorf, Langendorf, Embken und Wollersheim. „Wir müssen weg vom Kirchturmdenken, sondern Hilfsfristen einhalten. Eine solche Kooperation ist der einzig sinnvolle Weg“, so Körtgen. Gerade tagsüber sei es teilweise schwierig genug, Einsatzkräfte zusammenzubekommen, sagt der Zülpicher Feuerwehrchef. Da werde nicht selten ein kompletter Löschzug alarmiert, nur um einsatzfähig zu sein.
Für Weiler in der Ebene gibt es eine Kooperation mit den Feuerwehren aus dem Rhein-Erft-Kreis. „Dort gibt es nur ein Fahrzeug. Das hat weder Wasser noch einen Rüstsatz. Und der Ort ist weit weg von unseren anderen Einheiten. Alles andere als eine Kooperation wäre im Ernstfall fatal“, sagt Körtgen. Kreisbrandmeister Udo Crespin ist zufrieden mit der Arbeit der Feuerwehren im Kreis: „Hilfe kennt keine Grenzen – wir führen als Feuerwehren des Kreises Euskirchen keine Mittelmeer-Diskussionen.“
6 Fragen an Kreisbrandmeister Udo Crespin
Wo ist wie geregelt, wer für den Brandschutz zuständig ist?
Die Sicherstellung des Feuerschutzes ist zunächst gesetzliche Pflichtaufgabe der Kommunen, sprich der Städte und Gemeinden. In diesem Rahmen besteht ebenfalls ein Brandschutzbedarfsplan, der das örtliche Feuerschutzkonzept ausweist. Das NRW-betreffende Feuerschutzgesetz sieht die interkommunale Zusammenarbeit optional vor.
Wie sieht es im Kreis aus?
Hier sind in den Alarm-und Ausrücke-Ordnungen, die in der Leitstelle zur Alarmierung geführt werden, unabhängig von öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen der Kommunen, geordnete und probate Nachbarschaftshilfen bereits existent.
Es gibt also kein Kirchturmdenken?
Grenzprobleme, wie noch vor 30 Jahren im Sinne „mein Feuer, dein Feuer“, gibt es vielleicht noch als Überbleibsel längst vergangener Zeiten in dem einen oder anderen Kopf, aber nicht im operativen Geschäft der Feuerwehren im Einsatzfall. Und nur so geht's.
Wie arbeitet die Leitstelle?
Unterstützungspotenziale in Grenzbereichen sind in die Alarm- und Ausrücke-Ordnungen der Feuerwehren implementiert. Das bedeutet, dass der Disponent in der Leitstelle genau weiß, wen er alarmiert. Im Zweifel wird lieber zu viel als zu wenig alarmiert. Darüber hinaus sichert die enge Zusammenarbeit der Leitstellen in den Kreisen untereinander eine jederzeitige Übersicht über verfügbare Potenziale.
Wird die Zusammenarbeit geübt?
Das Tagesgeschäft dient dazu, diese zu üben. Hier kann man als jüngstes Beispiel die Einsätze während der Brandserie im Bereich der Stadt Schleiden und der Gemeinde Hellenthal anführen.
Wie sieht der Kreisbrandmeister die interkommunale Zusammenarbeit?
Die Feuerwehren einschließlich die Träger des Feuerschutzes, also die Städte und Gemeinden, sind mit der Forcierung der interkommunalen Zusammenarbeit seit Jahren auf dem absolut richtigen Weg. Aber natürlich gibt es weiterhin Optimierungsmöglichkeiten. So mancher Weg muss zu Ende gegangen werden.