So groß wie im vergangenen Jahr war der Andrang nicht. Trotzdem war die Zülpicher Straße schnell voll. Die jungen Leute suchten sich anschließend andere Orte zum Feiern.
Karneval in KölnTrüb, voll und bunt - So lief der Sessionsauftakt im Zülpicher Viertel
Auch der Regen hält die jungen Leute nicht vom Frühstart ab. Bereits um 9 Uhr herrscht auf der Zülpicher Straße ein beachtlicher Andrang. Als die dichten Wolken sich am Himmel langsam verziehen, wagen sich die letzten bunt verkleideten Menschen unter den Markisen der Bars hervor. Schon früh am Tag ist der letzte Regentropfen gefallen. Und die große Freiluft-Party im Kwartier Latäng eröffnet.
Wie erwartet, sind deutlich weniger Jung-Jecken auf den Straßen unterwegs als im vergangenen Jahr, als das Univiertel völlig überrannt wurde. Da fiel der Elfte im Elften auf einen Samstag, und die Sonne schien. Voll ist es dieses Mal trotzdem. Stellenweise sogar sehr voll. Erneut schwappt eine Welle zehntausender junge Erwachsener und Jugendlicher ins Viertel.
Um die Welle unter Kontrolle zu halten, hat die Stadt erneut ein aufwendiges Sicherheitskonzept erstellt. Im Vergleich zum vergangenen Jahr beschränken sich die Veränderungen auf Details. Die Basis bilden kilometerweise Gitter und Sichtschutzzäune, bewacht von stadtweit 2000 externen Sicherheitskräften. Nur zwei Eingänge, auf der Roonstraße und an der Unimensa, führen auf die Zülpicher Straße.
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„Ein unverhältnismäßiger Riesenapparat“, nennt ein Anwohner in der Heinsbergstraße den Aufbau, ein Wirt der Zülpicher Straße wählt am Morgen einen anderen Begriff: „Dystopische Hochsicherheits-Festung“. So sicher, wie es unter den gegebenen Umständen sein kann, ist es auf der Zülpicher Straße vor allem deshalb, weil die Stadt die einzigen beiden Eingänge auf die Straße schließt, als sie annähernd voll ist. Kurz vor dem Countdown um 11.11 Uhr ist es in diesem Jahr so weit.
Elfter Elfter in Köln: Kein Ort für Menschen mit Platzangst
Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker zeigt sich am Mittag auf der Zülpicher Straße. „Es sind mehr Menschen unterwegs, als ich erwartet hatte“, sagt die OB. Dennoch empfinde sie die Situation als deutlich ruhiger als im vergangenen Jahr. „Ich bin froh, dass ich kaum Minderjährige sehe. Der Großteil der Feiernden ist volljährig“, beobachtet Reker. Auch die Streetworker, denen Reker auf der Zülpicher Straße einen Besuch abstattete, hätten einen verhältnismäßig ruhigen Tag.
Auffällig viele Menschen, die es nicht bis in den Mittelpunkt der Feierzone geschafft haben, strömen nach 11 Uhr Richtung Uniwiese. „Es ist einfach zu eng“, erklärt ein junger Mann im SWAT-Kostüm die Massenwanderung. Damit meint er voll allem den Bereich um den Zülpicher Platz, der rammelvoll und nichts für Menschen mit Platzangst ist. Weiterer Kritikpunkt: „Musik gibt es nur aus kleinen Boxen, die die Leute mitgebracht haben.“
Von der Zülpicher Straße, aber auch vom Barbarossaplatz und vom Südbahnhof, leitet die Stadt die Feiernden über die Luxemburger Straße zur Uniwiese. Problem nur: Die Luxemburger Straße ist noch immer nicht für den Autoverkehr gesperrt. Nicht ungefährlich, zumal bei den meisten auch der Alkohol-Pegel steigt. Am frühen Nachmittag wird der Weg durch die Sperrung für alle Beteiligten schließlich sicherer. Die positive Nachricht: Durch die Umleitung bleibt die gefährliche, weil enge Unterführung an der KVB-Haltestelle „Dasselstraße/Bahnhof Süd“ wie geplant gesperrt.
Karneval im Zülpicher Viertel: Kein Alkoholausschank auf der Uniwiese
Die auf der Uniwiese eingerichtete Ausweichfläche füllt sich rasch, ist aber lange nicht so voll wie im vergangenen Jahr. Erneut hat die Stadt mindestens 1,5 Millionen Euro investiert, um die Wiese in eine 30.000 Quadratmeter große und mit Bodenplatten bedeckte Feierzone zu verwandeln. Kritiker nennen die Fläche ein Festival, das nur noch mehr Menschen ins Viertel locke. Wenn, dann ist es ein Festivalgelände ohne Festival. Alkohol wird auf der Fläche erstmals nicht ausgeschenkt, der Andrang am kleinen Softdrink-Stand hält sich in Grenzen, das Gleiche gilt für die Essensausgabe. Im Angebot: belegte Brötchen, Frikadellen und Riesen-Bockwurst.
Aus den Boxen tönen fast ausschließlich kölsche Töne, nicht von einem DJ, sondern von der Playlist. Querbeats „Guten Morgen, Barbarossaplatz“ grölt die ganze Wiese mit. Getanzt wird nur vereinzelt. Bei Bläck-Fööss-Klassikern („Dat Wasser vun Kölle“, „Kölsche Bröck“) sind die meisten mit ihrem Kölsch am Ende. „So richtig überzeugend ist das alles nicht", meint ein 18-Jähriger Matrose. Mit seinen Freunden ist er aus Osnabrück angereist, in der Schule haben die Drei sich krankgemeldet. Letztes Jahr sei die Stimmung besser gewesen, sagt auch eine Gruppe Panzerknacker. „Attraktiv ist die Fläche nicht wirklich“, stellt einer von ihnen fest. Dass man auch anderswo in der Stadt feiern kann, habe er nicht gewusst. „Der Boden ist durch die Platten total uneben und unser mitgebrachter Alkohol ist alle“, sagt ein junge Frau, verkleidet als Reh. „Wirkliche Partylaune kommt hier nicht auf.“
Die Feiernden, die sowohl mit der Situation auf der Zülpicher Straße als auch auf der Uniwiese unzufrieden sind, zieht es als Anlaufstelle Nummer Drei zum Aachener Weiher. Große Teile der Waldstücke im angrenzenden Hiroshima-Nagasaki-Park hat die Stadt umzäunen lassen. Das weiterhin zugängliche Waldstück nahe des Weihers verwandelt sich schnell in eine riesige Freiluft-Toilette. Drumherum feiern die jungen Menschen größtenteils friedlich zur Musik aus den eigenen Boxen. Anders als auf der Uniwiese ist der Rasen ungeschützt. Dass die AWB die Zahl der Müllcontainer und -Tonnen noch einmal aufgestockt hat, interessiert hier die wenigsten. Auf das Grünflächenamt dürfte in den kommenden Tagen viel Arbeit zukommen.