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Plan für Corona-Herbst: Maske, Kita und Schule bleiben offen

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Bochum – Das neue nordrhein-westfälische Landeskabinett hat knapp eine Woche nach seiner Ernennung einen Fahrplan für den „dritten Corona-Herbst” vorgelegt. Der Übergang von Schwarz-Gelb auf Schwarz-Grün sendet ein deutliches Signal: mehr Vorsicht statt Lockerungsdruck - vor allem zugunsten besonders schutzbedürftiger Gruppen wie Alter und Kranker. Nach der ersten auswärtigen Kabinettssitzung seiner neuen Mannschaft stellte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Dienstag auf dem Gesundheitscampus in Bochum zusammen mit mehreren Regierungsmitgliedern Schwerpunkte vor.

„Flächendeckende Schließungen von Kitas und Schulen darf es nicht mehr geben”, sagte Wüst. Nach aktueller bundesrechtlicher Lage sei es derzeit auch gar nicht möglich, Schulen dichtzumachen, erklärte die neue Schulministerin Dorothee Feller (CDU). Sie kündigte an, eine Woche vor dem Ende der Sommerferien über alle wichtigen Fragen zu informieren. Der Unterricht beginnt in NRW am 10. August. Feller hat nach eigenen Worten in ihrem Ministerium bereits einen Corona-Koordinierungsstab eingerichtet, in den das Gesundheitsministerium für kürzere Entscheidungswege gleich eingebunden worden sei.

„Der Schutz durch Masken wird im Herbst und Winter wieder größere Bedeutung erlangen”, betonte Wüst. Basisschutzmaßnahmen in Bussen und Bahnen sowie in Einrichtungen für besonders schutzbedürftige Gruppen würden fortgesetzt. Wenn die Corona-Lage es erfordere, könne die derzeit im öffentlichen Nahverkehr, in Krankenhäusern, Arztpraxen sowie Alten- und Pflegeheimen geltende Maskenpflicht auch auf weitere Innenräume ausgeweitet werden, ergänzte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).

Vor dem Besuch in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sei auch künftig ein Corona-Test nötig, kündigte Wüst an. „Für mich ist klar: Die Tests müssen kostenfrei bleiben.” Die neue Testverordnung des Bundes, die für die meisten Bürger nun eine Eigenbeteiligung vorsieht, habe innerhalb weniger Tage fast zu einer Halbierung der Schnelltests in NRW geführt, berichtete Laumann.

NRW hält laut Wüst an seinen Strukturen für weitere große Impfkampagnen fest. „Wir müssen in der Lage sei, erneut im Rekordtempo impfen zu könne, wenn das notwendig ist.” Auch, wenn noch nicht klar sei, welches Vakzin demnächst zum Einsatz kommen könnte, bleibe es dabei, dass Impfzentren innerhalb von 14 Tagen einsatzfähig sein müssten, um mindestens 250 000 Impfungen pro Woche vorzunehmen, sagte Laumann.

„Die Situation in den Krankenhäusern ist stabil. Es gibt aktuell keinen Grund, erheblich in das Leben der Menschen einzugreifen”, bilanzierte der Regierungschef. Dennoch seien Vorkehrungen für steigende Infektionszahlen in der kalten Jahreszeit nötig. „Im Krankenhausbereich wissen wir eigentlich alles”, sagte Laumann. Alle Daten zur Corona-Lage auf den Stationen und Krankschreibungen des Personals lägen in NRW vor, „so dass wir die Frage der Überlastung des Gesundheitssystems im Griff haben”.

Laumann fordert vom Bund eine bessere Datenlage bei den Geimpften. „Bisher kennen wir nur die Postleitzahl, aber nicht, in welchen Straßenzügen oder in welchem Stadtteil die Geimpften wohnen”, kritisierte er. Auf dieser Grundlage aber könne nicht gezielt ausgewertet werden, welche sozialen Gruppen das Impfangebot nicht annehmen.

Das NRW-Gesundheitsministerium fördert mit 2,4 Millionen Euro Forschungsprojekte zum Infektionsgeschehen, um im Falle einer weiteren Corona-Welle effizienter handeln zu können. In 16 Kommunen gibt es Laumann zufolge bereits Pilotprojekte zur Abwasser-Überwachung.

Der Gesundheitsminister mahnte, Bundesregierung und Bundestag müssten mit einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes zügig Rechtssicherheit schaffen. Andernfalls habe die Landesregierung ab Ende September gar keine Möglichkeiten mehr, die dann erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die neue Landesregierung wolle auch dafür sorgen, dass die Corona-Schutzverordnungen künftig „etwas eher da sind, bevor sie in Kraft treten.” Das könne „die Anwendung erheblich verbessern”. In den vergangenen Jahren kamen die Verordnungen der schwarz-gelben Regierung oft auf den letzten Drücker.

NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) betonte, auch die Unternehmen und ihre Beschäftigten benötigten Planungssicherheit. Schließungen oder Untersagungen könnten im Arbeitsleben nur letztes Mittel sein, dem die Landesregierung mit allen Kräften entgegenwirken wolle. Dabei werde auch an Freiberufler und Solo-Selbstständige gedacht.

© dpa-infocom, dpa:220705-99-918450/5 (dpa/lnw)