Düsseldorf – Nordrhein-Westfalens frisch wiedergewählter Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) verlässt sich bei seinem neuen Regierungsteam vor allem auf erfahrene Weggefährten. Unter den acht Ministern, die die CDU stellt, gehörten fünf schon bisher der Landesregierung an und der neue Finanzminister, Marcus Optendrenk, ist langjähriger CDU-Abgeordneter.
So hatte Wüst am Mittwoch bei der Vorstellung der insgesamt zwölf Ministerinnen und Minister von CDU und Grünen in der Düsseldorfer Staatskanzlei nur zwei echte Neuigkeiten parat. Mit größer Spannung war die Spitzen-Personalie für das Schulministerium erwartet worden. Nachfolgerin von Yvonne Gebauer (FDP) wird die bisherige Regierungspräsidentin von Münster, Dorothee Feller (56).
Die erfahrene Verwaltungsjuristin übernimmt eine große Herausforderung: In mehreren Legislaturperioden galt nicht zuletzt Unzufriedenheit mit der Schulpolitik als triftiger Grund für die Abwahl einer Landesregierung.
Dennoch habe er Feller nicht überreden müssen, sagte Wüst. Als Leiterin der Arbeitsgruppe Schule bei den Koalitionsverhandlungen habe sie schon Zeit gehabt, über diese Frage nachzudenken. „Das hat nicht lange gebraucht.” Der Regierungschef lobte: „Sie hat unter Beweis gestellt, in großen Systemen professionell zu arbeiten”. Das konstatierten sogar einige Lehrer- und Elternverbände.
Die zweite Überraschung: Die bisherige Klever Landrätin Silke Gorißen (CDU) wird Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin. Die 48-jährige „ausgewiesene Verwaltungsmanagerin” komme aus dem ländlichen Raum „und sie genießt das Vertrauen des ländlichen Raums”, sagte Wüst. In diesem Ressort ist das keine Floskel: Immerhin mussten zwei Ministerinnen seit 2017 nach Affären unter starkem öffentlichen Druck das Feld räumen.
Prominenz aus der Bundespolitik hat Wüst nicht in sein Kabinett berufen. Unter anderem waren Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der frühere Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (beide CDU) im Gespräch.
Stattdessen bleiben aufseiten der CDU viele bekannte Gesichter im neuen schwarz-grünen Kabinett, die Wüst in höchsten Tönen lobte: vor allem Innenminister Herbert Reul (69) als Garanten für Innere Sicherheit und den Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Karl-Josef Laumann (64), als „das soziale Gewissen der deutschen CDU”.
Nathanael Liminski bleibt Chef der Staatskanzlei - nun aber im Minister-Rang. Außerdem bekommt er die Ressorts Europa, Internationales und Medien dazu. Liminski habe die Düsseldorfer Regierungszentrale seit fünf Jahren geräuschlos gemanagt, begründete Wüst den schnellen Aufstieg des 36-jährigen Vaters von vier Kindern: „Er ist schlicht der Beste für diese Aufgabe.”
Die bisherige Verkehrsministerin Ina Brandes (CDU) - laut Wüst „eine echte Power-Frau” - wird neue Kultur- und Wissenschaftsministerin. Die 44-jährige Infrastruktur-Expertin folgt damit auf die in Kulturkreisen hoch angesehene Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos). Neu zugeschnitten wurde das Ministerium von Ina Scharrenbach (CDU): Sie ist nun Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung.
Die Grünen hatten ihre Kabinettsmitglieder bereits in der vergangenen Woche benannt: Ihre frühere Landesparteichefin Mona Neubaur ist jetzt Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klima und Energie und stellvertretende Regierungschefin. Bei der Vereidigung der Regierungsmannschaft im Landtag vergaß die unkonventionelle 44-Jährige glatt, die Hand zu heben.
Minister für Verkehr, Umwelt und Naturschutz ist nun der bisherige Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Oliver Krischer. Ministerin für Familie, Kinder und Jugend, Gleichstellung, Integration und Flucht ist Grünen-Fraktionschefin Josefine Paul geworden. Neuer Justizminister ist Benjamin Limbach (52) - bislang Präsident der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung.
„Damit steht die Mannschaft für diese Regierung”, sagte Wüst. „Starke Persönlichkeiten (...) aus allen Teilen des Landes, aus verschiedenen beruflichen Hintergründen, jüngere und erfahrene Kräfte, bekannte Gesichter und neue. Sie alle vereint: Sie haben Lust auf Zukunft.”
Bei der anschließenden Überreichung der Ernennungsurkunden ermahnte der Kabinettschef Nachzügler aber mit gespielter Strenge: „Es ist 13 Uhr. Gewöhnen Sie sich dran, die Kabinettssitzung beginnt auch pünktlich.”
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