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Gaststätte „Zur Schützenklause“Ein letztes Kölsch mit Tränen

Lesezeit 4 Minuten

Hannelore und Manfred Stein standen 31 Jahre lang in der Schützeklause hinterm Tresen. (Foto: Schmitz)

ALTENRATH – Zu Pfingsten, zum Schützenfest und eigentlich an jedem Wochenende ging es im Schankraum hoch her. Es wurde geschockt und getuppt, und so manches Kölsch wanderte über den Tresen. Zum Schlachtfest im Frühjahr gab es hausgemachten Panhas und auf das Oktoberfest mit gegrillten Haxen freuten sich viele schon Wochen vorher.

Damit ist nun Schluss: Die traditionsreiche, fast 132 Jahre alte Gaststätte „Zur Schützenklause“ in Altenrath schließt für immer. „Wir haben das Haus verkauft. Mein Mann ist nun 72 Jahre alt. Zum Zumachen ist die Kneipe eigentlich viel zu schade, aber die neuen Besitzer sind nicht an der Fortführung der Gaststätte interessiert, unsere vier Kinder waren es auch nicht“, sagt die Gastwirtin a.D. Hannelore Stein, die nun mit ihrem Mann Manfred zur Tochter, zum nahe gelegenen Schwalbenhof zieht.

„Es war eine schöne Zeit, wir haben viel Spaß gehabt“, erinnert sich Manfred Stein. Hauptberuflich war er Fliesenleger, nach Feierabend und am Wochenende war er Gastwirt. „Es ist ein Abschied mit Tränen in den Augen“, erzählt Hannelore Stein. „Die Hälfte der Gäste bei unserer Abschiedsfeier war auch schon bei unserer Eröffnungsfeier am 1. April 1979 mit dabei.“ Die letzte Feier wird vielen Gästen noch lange im Gedächtnis bleiben. Es gab gegrilltes Hirschkalb. „Wir hatten viele Stammgäste“, sagt die Ex-Gastwirtin. Zur Schützenklause kamen die zweite und die dritte Mannschaft des TuS Lindlar, der Tupp-Club Lindlar und natürlich die St. Johannes Schützenbruderschaft Helling. „Unsere meisten Gäste haben angekündigt, dass sie nun in den Lindlarer Ortskern gehen werden, wenn sie ein Bier trinken wollen“, sagt Hannelore Stein. Wie das Schützenfest 2011 erstmals ohne Schützenklause aussehen wird, vermag sich noch keiner so recht vorzustellen.

Die Gaststätte wurde lange von der Familie Prinz betrieben. Zwei mächtige Linden spenden vor dem Eingang Schatten. Manfred Stein erzählt, es sei überliefert, dass die beiden weit über 200 Jahre alten Bäume anfangs ganz dicht am Haus gestanden hätten. Als die damaligen Hausbewohner merkten, wie schnell sie wuchsen, habe man sie noch umgesetzt.

In den einzigen Gastraum der Wirtschaft passen bequem 55 Gäste. „Natürlich gehen viel mehr Leute rein, zum Beispiel beim Schützenfest, das ist dann aber nicht mehr so bequem“, lacht Manfred Stein.

Es muss früher auch eine Kegelbahn in einer der Scheunen gegeben haben: „Ich habe mal auf dem Speicher Kugeln gefunden. Die waren aber so abgenutzt, dass sie schon eiförmig waren“, erzählt er.

„Unsere wildeste Zeit hier war die Anfangszeit, vor allem die frühen 1980er Jahre“, erinnert sich Hannelore Stein. Doch die Gäste seien mit ihnen älter und auch ruhiger geworden. „Sonntags war immer unser härtester Tag. Da war bei uns am meisten los. Wir haben immer sehr gute Gäste gehabt, die Mischung passte“, erzählt Manfred Stein. Eine der treuen Gäste, Martina Ossendorf, hat zum Abschied sogar ein Fotoalbum angefertigt. Auch mit Fotos der letzten Gerichte, die Hannelore Stein in der Küche der Schützenklause zubereitet hat: Krüstchen mit Spiegelei, und Jägerschnitzel mit frischen Champignons. Sie hat in der Küche alles alleine gemanagt, unterstützt von einer Spülhilfe.

Königlich-preußische

Schankgenehmigung

„Wir haben die Gaststätte damals, 1979, von meinem Onkel übernommen“, sagt Hannelore Stein. Nach dem Krieg, nach 1950 betrieb eine Frau, die alle „Tante Hedwig“ nannten, die Gastwirtschaft. Danach war es Josef Prinz. „Gastwirtschaft Witwe Josef Prinz“ steht auf einer alten Postkarte ohne Datum. Im Jahre 1878 erteilten die königlich preußischen Behörden der Familie eine Schankgenehmigung. Das Haus ist sogar noch viel älter als die Gaststätte: Die Jahreszahl „1764“ steht an einem alten Türbalken über den Durchgang bei der Theke, der früher der Hauseingang gewesen sein soll. Den Namen „H.W. Stein“ kann man in der alten Balkeninschrift lesen. „Die Abkürzung steht wahrscheinlich für Heinrich-Wilhelm. Trotz des gleichen Nachnamens hat der aber mit unserer Familie nichts zu tun“, sagt Manfred Stein.

Es ist noch ein wenig Bier im Hahn, das letzte Kölsch noch nicht gezapft. „Gemeinsam schauen wir nun noch im ganz kleinen Kreis die WM-Spiele der deutschen Mannschaft. Das sind aber geschlossene Veranstaltungen, und danach ist endgültig Schluss“, sagt Manfred Stein.