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„Die Insel der Seligen“Kölner Rundschau-Autor nimmt alte Kriminalfälle in den Blick

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Der Marienplatz ist ein Tatort, der in dem Buch von Anselm Weyer eine Rolle spielt. 

Köln – Früher war alles besser? Mitnichten. Es wurde nicht weniger gemordet, geprügelt und erpresst. Nur der historische Hintergrund der Gräueltaten war ein anderer. Der Autor und praktizierende Historiker Anselm Weyer hat beides in den Blick genommen. In seinem Buch „Die Insel der Seligen“ hat er 23 Kriminalfälle, die im Köln der Jahre 1918 bis 1925 für Schlagzeilen sorgen, aus dem Schatten der Vergangenheit ins Licht der Gegenwart gerückt. Grundlage für das Buch sind seine Artikel aus der Rundschau-Serie „Babylon Köln“.

Es war so vieles abhanden gekommen in den Wirren dieser Tage nach dem Ersten Weltkrieg. Da kam den Kölner Polizisten dieser Mann gerade recht, der seine Schwester seit drei Wochen vermisste. Mürrisch gingen sie ihrer Pflicht nach. Dass der Ehemann etwas unbeholfen beteuerte, sie habe ihn wohl verlassen, befeuerte ihren Ehrgeiz auch nicht recht. Als ihnen aber zu Ohren kam, der Abort in der ehelichen Wohnung sei verstopft gewesen und der Klempner habe kleine Fleischstückchen aus den Rohren gezogen, da wurden sie wach – und aus der Vermisstenmeldung wurde ein Mordfall, der zwischen der Wohnung in der Neusser Straße und einem Schutthaufen am Niehler Kirchweg spielte. Die Wirren der Zeit, die grausige Tat und das Lokalkolorit: Das sind die Zutaten, die Weyers aufgearbeitete Fälle facettenreich machen und Leser verschiedenster Vorlieben anziehen.

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Reine Literatur ist Damian van Melis Sache nicht. Der Geschäftsführer des Greven Verlags mags vor allem historisch. Gegen ein True-Crime-Buch habe er sich zunächst gesträubt. Was ihn umdenken ließ, war Anselm Weyer. „Wir haben einen sehr guten Autor, wir haben Geschichte, wir haben Köln“, fasst van Melis zusammen. Aber was ist es nun: Ein Sachbuch oder Literatur? „Ein Buch, das literarisch wie thematisch sehr gut lesbar ist“, lautet die Antwort des Verlegers.

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„Das war die Zeit meines Großvaters“, ruft der gleichnamige Enkel des damaligen Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer begeistert aus. Die 23 Kapitel hat er mit Begeisterung gelesen und eigentlich nur noch eine Frage an den Autor bei der offiziellen Buchpräsentation: „Wo haben Sie das alles her?“ Weyer: „Ich habe fast alle historischen Zeitungen durchgeblättert, die ich finden konnte.“ Entdeckte er einen interessanten Fall, ging es von der journalistischen Oberfläche in die behördlichen Untiefen: Gerichts- und Polizeiakten.

Rundschau-Serie als Buchvorlage

Viele der Geschichten waren im Kern bereits in der Erfolgsserie der Rundschau „Babylon Köln“ zu lesen. Weyer ist auch nach rund sieben Jahren als Autor für die Rundschau begeistert von dem Raum, der ihm zwischen dem Tagesgeschehen gegeben wird. Das Buch habe dennoch Platz für einen Mehrwert geboten, der in einem Artikel so nicht möglich sei.

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Seine Lieblingsgeschichte? Da schlägt das Herz des Historikers im Autor. Es ist der Fall des rheinischen Separatisten Joseph Smeets, der den Spätfolgen eines Anschlags erlag. Der Täter wäre wohl für immer im Dunkel abgetaucht, hätte die Bewegung, die er sich anschloss, nicht Oberhand bekommen. Als der Kölner Nationalsozialist der ersten Stunde, Hannes Miebach, 1933 eine Pauschalamnestie für seine im „nationalen Überschwang“ begangenen Verbrechen erhielt, gestand er obendrauf, der Attentäter zu sein, der Smeets 1923 in den Hinterkopf schoss.

Der Autor und sein Werk

Anselm Weyer wurde 1976 geboren und studierte in Köln. Er arbeitet als Lektor, Redakteur und Journalist. Beim Greven-Verlag veröffentlichte er unter anderem „Liturgie von links. Dorothee Sölle und das Politische Nachtgebet in der Antoniterkirche. In der Kölnischen Rundschau erscheint monatlich die „Spurensuche“, in der Weyer über Besuche und Bedeutung historischer Persönlichkeiten in und für Köln schreibt. Zudem ist er Autor der Rundschau-Serie „Babylon Köln“, die Grundlage für sein Buch „Die Insel der Seligen“ ist, die in den kommenden Monaten fortgesetzt wird.

Das Buch „Die Insel der Seligen“ ist im Greven-Verlag erschienen. Es beinhaltet 23 Kriminalfälle in Köln zwischen den Jahren 1918 und 1926. Vor dem historischen Hintergrund spielen in den Fällen historische und Kölner Persönlichkeiten wie der einstige Oberbürgermeister Konrad Adenauer, Max Schmeling oder der Nationalsozialist Joseph Goebbels eine Rolle.

Gestaltet wurde der Band von Clara Neumann und Christina Schmid. Er umfasst 176 Seiten mit neun historischen Abbildungen. Das Buch ist im Fachhandelandel für 16 Euro erhältlich. ISBN 978-3-7743-0949-4

Der Fall, bei dem es selbst dem besonnenen Rechercheur und routinierten Autor schauert? Der des Vaters vom Kartäuserwall, der eigenhändig seinen Sohn erwürgte.

Einer dieser Fälle eben, durch den sich die Frage aufdrängt, wie kam es zum Titel: „Die Insel der Seligen“? Weyer schreibt ihm den Engländern zu, die im Zeitraum seiner Fälle das Rheinland besetzt hatten. Deren Erfahrung damit, in einem fremden Land eine ordnende Hand zu sein, habe das Rheinland besser dastehen lassen, als andere Gebiete des einstigen Kaiserreichs.