AboAbonnieren

Statistik bescheinigt WohlstandPulheim profitiert von Eigenheimen, hohen Einkommen und Nähe zu Köln

Lesezeit 5 Minuten
Ein Luftbild einer Stadt.

Die Stadt Pulheim gehört zu den Kommunen mit den höchsten Durchschnittseinkommen.

Die Stadt Pulheim spielt ganz oben mit. Das zumindest hat IT.NRW, der Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen, ermittelt.

Im Jahr 2019 verfügten die Pulheimer mit durchschnittlich 55.739 Euro über das höchste Einkommen in den zehn Kommunen des Rhein-Erft-Kreises. Im NRW-weiten Vergleich belegte die Stadt, in der 28.268 Steuerpflichtige leben, Platz zehn der insgesamt 396 Kommunen. Die Zahlen beruhen auf den Ergebnissen der Lohn- und Einkommensteuerstatistik für das Jahr 2019. Da sie erst nach Ablauf der Einspruchsfristen veröffentlicht werden können, sind es die aktuellsten.

„Solch ein Durchschnittswert sagt viel über die städtebauliche Struktur aus“, sagt Matthias Wirtz, Leiter der Abteilung Marktbeobachtung/Research der KSK-Immobilien, eines Tochterunternehmens der Kreissparkasse Köln.

Attraktiver Speckgürtel zwischen Köln, Neuss und Düsseldorf

In Pulheim gebe es einen hohen Anteil an schönen Eigenheimquartieren. „Die Stadt ist schon seit vielen Jahren einer der teuersten Wohnungsmärkte in unserer Region.“ Die gute Lage im Speckgürtel zwischen Köln, Neuss und Düsseldorf macht die Stadt attraktiv. Die Autobahnen 1 und 57 sind schnell zu erreichen.

„Die Anbindung an den ÖPNV ist sehr gut“, sagt Immobilienmakler Rainer Iven. Von Pulheim oder Stommeln sei der Kölner Hauptbahnhof mit der RB 27 und die RE 8 schnell erreicht. „Viele Familien, die nicht möchten, dass ihre Kinder in der Großstadt aufwachsen, ziehen von Köln nach Pulheim“, weiß der Pulheimer von Kundinnen und Kunden.

Diesen Schritt ist Felix Görner auch gegangen. Der RTL-Sportreporter lebt seit bald 20 Jahren mit seiner Familie in Brauweiler. Wie viele andere schätzt er nicht nur das Eigenheim, sondern den Umstand, „dass man auch grüne Wiese drumherum hat“, sagt der 57-Jährige.

Eben anders als in Köln. Pulheim sei für ihn so etwas wie ein Dorf, umgeben von vielen anderen Dörfern, und auch wegen der guten Autobahnanbindung ein geeigneter Ort, „um schöner zu wohnen“. Aus seinem privaten Umfeld wisse er, dass viele nach Leverkusen zu Bayer oder sogar täglich nach Frankfurt zur Arbeit pendelten.

Pulheim ist viel Understatement.
Felix Görner, Sportreporter

Görner sagt auch: „Pulheim sieht man diesen relativen Wohlstand nicht an. Hier ist der Bauchumfang bei den Leuten nicht größer als anderswo. Pulheim ist viel Understatement, ist nicht Schicki-Micki, was man vielleicht mit dieser Zahl verbinden würde.“ Das spiegele sich auch im Stadtzentrum von Pulheim selbst, „das ist nicht gerade das Monaco des Westen“. Es reiche für den täglichen Bedarf, aber auch mehr nicht.

Auch andere Prominente wissen die Vorzüge Pulheims zu schätzen. Musiker Henning Krautmacher lebt dort, ebenso Heike Henkel, einst Hochsprung-Olympiasiegerin. Und mehreren Quellen zufolge wohnt auch der TV-Entertainer Jan Böhmermann vor den Toren Kölns.

Geboren und aufgewachsen in Pulheim ist die CDU-Landtagsabgeordnete Romina Plonsker. Genauer: in Stommelerbusch, darauf legt sie Wert. Sie führt das hohe Durchschnittseinkommen darauf zurück, dass es im Vergleich zu anderen Städten wenig Sozialhilfeempfänger gebe.

Pulheim hat sich eine gewisse Dörflichkeit erhalten

Dazu habe auch die Stadtentwicklung beigetragen, die es vermieden habe, den Bau großer mehrgeschossiger Wohnsiedlungen voranzutreiben. Daraus ergebe sich auch ein höheres Bildungsniveau der Pulheimer, oftmals die Voraussetzung für ein höheres Einkommen, so die 35-Jährige.

Der frühere NRW-Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers (CDU) sieht im Erhalt einer gewissen Dörflichkeit und dem Abwenden eines Wachsens um jeden Preis den Charme und die Stärken der 55.000-Einwohner-Stadt.

Für Mitarbeitende des Autoherstellers Ford ist Pulheim seit jeher ein attraktives Pflaster, sagt Rainer Iven. In den 1960er-Jahren habe das Unternehmen sehr viel Geld in die Ford-Siedlung investiert, in Mehrgeschosswohnungsbau und Einfamilienhäuser. „Viele normal verdienende Mitarbeiter sind hierhergezogen, aber auch extrem viele, die im höheren Management arbeiten. Auch die Nähe zu Bayer macht sich bemerkbar. Wir wissen, dass in der Chemie gut bezahlt wird.“

Die Preise für Immobilien in Pulheim haben angezogen

Die Beliebtheit wirkt sich aus: Seit der Jahrtausendwende haben die Preise angezogen. „Für Häuser der Baujahre 2000 bis 2018 wurden im letzten Jahr 863.000 Euro, für Neubauten sogar eine knappe Million im Durchschnitt aufgerufen“, sagt Matthias Wirtz. Im gehobenen Segment liege auch der Mehrgeschosswohnungsbau. „Der durchschnittliche Mietpreis in Bestandshäusern betrug zwölf Euro pro Quadratmeter.“

„Günstig ist es nicht, man merkt, dass Pulheim im Einzugsbereich von Köln liegt. Doch mit zwei Gehältern geht es“, sagt Lena Roux. Die 28-Jährige und ihr Mann (30), beide sind Maschinenbau-Ingenieure, leben seit 2022 in der Stadt. „Wir haben lange gesucht, die Wohnung, ein Neubau, ist ein absoluter Glücksgriff.“ Die Entscheidung, nach Pulheim zu ziehen, hat das Paar „ganz bewusst“ getroffen – weil die Stadt günstig liegt. Lena Roux arbeitet in Troisdorf, ihr Mann in Krefeld. „Für uns ist die Stadt eigentlich perfekt.“

Auch Christoph Maria Wagner, Komponist und Leiter des E-Mex-Ensembles, wohnt gerne in Pulheim. „Ich habe jahrzehntelang etwas gesucht, wo ich mein eigenes Atelier habe, wo ich ungestört arbeiten und komponieren kann, ohne jemanden zu stören. In Pulheim habe ich es gefunden.“ Er schätzt die Mischung „aus Stadt und ländlichem Charakter“.


Die meisten Millionäre

Eine Übersicht der Agentur für Arbeit in Brühl belegt, dass 2019 20 196 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Pulheim lebten. Davon hatten lediglich 3756 ihren Arbeitsplatz in Pulheim, die übrigen 16 439 waren außerhalb der Stadt tätig. „Viele Käufer und Mieter ziehen von Köln nach Pulheim. Sie arbeiten in der gesamten Region, der Großteil allerdings in Köln.

Auch im Rhein-Erft-Kreis gibt es eine hohe Anzahl an gut bezahlten Jobs, beispielsweise in Dienstleistungsunternehmen in Hürth, Frechen und Kerpen“, berichtet Matthias Wirtz, Leiter der Abteilung Marktbeobachtung Research der KSK-Immobilien, aus Gesprächen mit seinen Kolleginnen und Kollegen mit Kauf- und Mietinteressenten.

Das zweithöchste Einkommen im Rhein-Erft-Kreis hatten Frechenerinnen und Frechener, es betrug 47 576 Euro. Platz drei belegten die Erftstädterinnen und Erftstädter mit 47 360 Euro. Laut IT.NRW lebten 2019 25 Einkommensmillionäre in Pulheim, in Frechen und Hürth waren es hingegen lediglich 15. Damit war Pulheim die Stadt mit den meisten Einkommensmillionären im Rhein-Erft-Kreis. (mma)