- Angesichts eines deutlichen Anstiegs der Infektionszahlen gilt in Berlin nun ab Samstag eine Sperrstunde.
- In der Hauptstadt, die bislang gut durch den Corona-Sommer gekommen war, ist man sauer.
Berlin – „Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben uns informiert. Sie sollten besser kommende Woche nicht anreisen – vielleicht ein anderes Mal.“ Solche Nachrichten flattern derzeit den Berlinern massenweise in ihre E-Mail-Fächer. Seit Berlin bundesweit als CoronaHotspot gilt, sind Berliner in den touristischen Gebieten Deutschlands nicht mehr willkommen. Die Bundesländer beschlossen am Mittwoch ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus inländischen Corona-Risikogebieten.
Das Verbot gilt bundesweit und betrifft alle Einwohner, die aus Landkreisen kommen, in denen es in den vergangenen sieben Tagen mehr als 50 Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner gab. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder machte vorsorglich auf Twitter klar, dass dies auch für Einwohner der bislang vier Berliner Stadtbezirke gilt, die Risikogebiete sind. Die Entscheidung betrifft rund 1,3 Millionen Berliner, obwohl die Stadt insgesamt noch unter der kritischen Marke liegt.Es gibt Widerspruch zu den Regelungen aus den Kommunen. Den Umgang „mit Reisenden aus den wenigen innerdeutschen Hotspots halten wir in der gegenwärtigen Situation für überzogen“, sagt etwa Landtagskreistags-Präsident Reinhard Sager unserer Redaktion.
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In der Hauptstadt, die bislang gut durch den Corona-Sommer gekommen war, ist man sauer. „Da sind einige Hundert, die unsere Erfolge der gesamten Stadtgesellschaft der letzten Monate gefährden“, kritisiert Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) - und geißelt das „feierwütige Volk“.
„Es ist jetzt Schluss mit Partys und privaten Treffen, es ist jetzt Abstand angesagt", sagt auch die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci. „Die Lage in Berlin ist ernst, und da trägt jeder Einzelne Verantwortung“, begründet die SPD-Politikerin den restriktiveren Kurs des Senats. An den steigenden Infektionszahlen sei zu erkennen, dass die Disziplin der Berliner nachgelassen habe - besonders unter den Jüngeren.
Ab Samstag gibt es eine Sperrstunde
Angesichts eines deutlichen Anstiegs der Infektionszahlen gilt in Berlin nun ab Samstag eine Sperrstunde für die Gastronomie und Kioske sowie ein generelles Alkoholverkaufsverbot zwischen 23.00 und 06.00 Uhr, draußen dürfen sich nachts maximal fünf Menschen treffen. Kalayci will mit empfindlichen Bußgeldern durchgreifen. Gastronomen, die sich nicht an die Sperrstunde halten, müssen mit Strafen von bis zu 10.000 Euro rechnen.
Die Gastronomen haben kein Verständnis für die erneute Verschärfung. „In Städten, in denen Öffnungszeiten reduziert wurden und Alkoholverbote galten, berichteten die Wirte von Einbrüchen von 50 bis 70 Prozent. Diese Maßnahmen auf dem Rücken der Vielzahl unserer Betriebe, die sich regelkonform verhalten, sind völlig unverhältnismäßig", betont die Hauptgeschäftsführerin des deutschen Hotel und Gaststättenverbands Ingrid Hartges.
Doch der Berliner Senat steht stark unter Druck. „Es muss in Berlin was passieren“, wurde etwa Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aus dem CDU-Präsidium zitiert. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte, er könne nicht verstehen, dass es in Berlin Restaurants gebe, wo man mit Maske angeguckt werde, als wäre man „vom Mond“. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte öffentlich den Kopf darüber geschüttelt, dass der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg keine Hilfe der Bundeswehr bei der Kontaktverfolgung zulässt.
Pandemie entscheidet sich in den Metropolen
Ärztevertreter betonen immer wieder, dass die Pandemie in den Metropolen entschieden werde. Und sie warnen aktuell vor Einschränkungen bei den Intensivbetten, insbesondere in den Großstädten. „Im Moment ist die Situation auf den deutschen Intensivstationen zwar noch entspannt, allerdings zeigen sich regional, insbesondere in den Großstädten, doch schon deutliche Einschränkungen in den Kapazitäten.
esonders in Berlin“, erklärt Christian Karagiannidis, zukünftiger Präsident der Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DIIN), unserer Redaktion. Die Bevölkerung müsse sich in den kommenden Monaten darauf einstellen, dass intensivpflichtige Patienten auch durchaus über längere Strecken innerhalb Deutschlands verlegt werden müssten, wenn Kliniken überlaufen seien. Insgesamt sind es keine guten Aussichten für die Hauptstadt.