AboAbonnieren

Rundschau-Debatte des TagesSollten Kinder schneller geimpft werden?

Lesezeit 4 Minuten

Lolli-Tests werden an den nordrhein-westfälischen Grundschulen eingesetzt.

Düsseldorf – Kinderärzte und Oppositionspolitiker fordern die NRW-Landesregierung auf, die möglicherweise ab Juni bevorstehende Impfkampagne für Jugendliche zeitnah und sorgfältig zu planen, um möglichst viele junge Menschen damit zu erreichen. „Wir müssen allen Kindern und Jugendlichen ein Impf-Angebot machen, das sie sich nicht selbst suchen müssen“, sagten die SPD-Landtagsabgeordneten Lisa-Kristin Kapteinat und Josef Neumann am Montag.

Jetzt sei die Gelegenheit, zusammen mit Kinderärzten, Kassenärztlichen Vereinigungen, Schulleitungen, Jugend- und Gesundheitsämtern flächendeckend Impf-Gelegenheiten zu schaffen, zum Beispiel in Schulen, in der Ganztagsbetreuung, in Wohnquartieren oder „nachmittags in der Moschee-Gruppe“, so die Abgeordneten. Mobile Impfteams könnten zunächst in weiterführenden Schulen tätig werden, da sich die für Anfang Juni erwartete Zulassung des Impfstoffes von Biontec/Pfizer nur auf die Gruppe der 12- bis 15-Jährigen bezieht.

Viele Experten sind sich darin einig, dass es auf keinen Fall eine Impf-Pflicht für die Jüngeren geben dürfe. „Ich lehne auch eine Diskussion darüber ab, weil das der Impfkampagne großen Schaden zufügen würde“, sagte der Aachener CDU-Bundestagsabgeordnete und nordrheinische Ärztepräsident Rudolf Henke unserer Redaktion. Menschen, die Impfungen ohnehin kritisch gegenüberstünden, würden andernfalls „in den Protest katapultiert“. Josef Neumann erklärte dazu: „Wir dürfen nicht von Kindern und Jugendlichen etwas verlangen, das wir von Erwachsenen nicht verlangen.“

Der Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte für Westfalen-Lippe, Michael Achenbach, erklärte, dass die Impfkampagne für Jüngere die Praxen vor Probleme stellen dürfte. „Ich werde, wie viele meiner Kollegen, gerne auch Kinder und Jugendliche gegen Covid-19 impfen. Allerdings kommen diese Aufgabe und der große Erwartungsdruck wohl zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt auf uns zu. Denn im Sommer werden viele Praxen geschlossen sein, und die, die geöffnet sind, übernehmen zusätzlich Urlaubsvertretungen“, sagte Achenbach dieser Redaktion. Seine Warnung: „Wir Kinder- und Jugendärzte können nicht die Verantwortung dafür übernehmen, 12- bis 16 -Jährige im Sommer komplett durch zu impfen.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte jüngst in Aussicht gestellt, dass Kinder über zwölf Jahren bis zum August, also zum neuen Schuljahr, geimpft sein könnten. Voraussetzung ist eine schnelle Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA.

NRW startet Lolli-Tests an Grund- und Förderschulen

Keine Viertelstunde braucht die Essener Klassenlehrerin Kamuran Turan (34) am Montagmorgen für den allerersten Lolli-Test in ihrer dritten Klasse. „Ihh. Das kitzelt“, sagt eine Schülerin. Wenig später hat die Lehrerin alle zwölf Proben der Lerngruppe in einem großen Plastikröhrchen eingesammelt. Wie alle Grund- und Förderschulen in Nordrhein-Westfalen hat auch die Maria-Kunigunda-Grundschule in Essen-Karnap am Montag das neue Testverfahren eingeführt. „Die Lolli-Tests werden uns dabei helfen, Infektionen frühzeitiger als mit Selbsttests zu entdecken“, hatte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) im Vorfeld gesagt. Schulleiter Udo Moter ist zufrieden. „Für die Kinder ist es sehr gut gelaufen“, sagt der 51-Jährige am Montagmorgen. Alle hätten motiviert mitgemacht. „Der Ablauf hat sehr gut geklappt.“ Auch Frau Turan ist froh, dass es gut lief. „Grundsätzlich ist diese Testung viel einfacher als die andere“, sagt sie. Die Schnelltests hätten Kinder teilweise nicht hinbekommen. „Hier können sie nicht viel falsch machen.“ Mit dem Test sollen alle mehr als 730 000 Schülerinnen und Schüler der knapp 3800 Grund- und Förderschulen des Landes zwei Mal pro Woche in ihrer jeweiligen Lerngruppe auf das Coronavirus getestet werden. Kuriere sammeln die Proben ein und bringen sie zu den Laboren oder zu Sammelpunkten, wo sie von den Laboren abgeholt werden. Ganz reibungslos klappt es am ersten Tag nicht. In Gelsenkirchen soll eine Schule kein Probenmaterial bekommen haben, im Siegerland hat eine Schule nach Angaben der Schulleitung nicht genügend Material bekommen und wollte erstmal mit den Schnelltests starten. An der Kunigunda-Schule kommt der Kurier eine Viertelstunde später als angekündigt. Auch sonst waren die Tests teilweise erst sehr spät an die Schulen gekommen. An einer Schule in Essen erst am Freitagmittag. An der Kunigunda-Schule sind die Tests rechtzeitig eingetroffen. Trotzdem: „Warum gibt man den Schulen denn nicht wenigstens mal eine Woche Vorlaufzeit? Davon wäre die Welt auch nicht untergegangen“, meint Moter. (dpa)