Düsseldorf – Ursula Heinen-Esser ist als NRW-Umweltministerin zurückgetreten, aber die „Mallorca-Affäre“ hängt weiter wie ein Damoklesschwert über dem CDU-geführten Teil der Landesregierung. Die Opposition bohrt tief nach den Umständen der Geburtstagsparty am 23. Juli 2021 auf der Baleareninsel, bei der zwei Landesministerinnen, ein Landesminister und eine Staatssekretärin feierten, während in NRW Opfer der Flutkatastrophe vor den Trümmern ihrer Existenz standen. Die Frage, die sich jetzt viele stellen, lautet: Wann erfuhr Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) von der Feier?
Serap Güler feierte mit auf Mallorca und entschuldigt sich
Serap Güler, die im Sommer 2021 Integrations-Staatssekretärin war und heute Bundestagsabgeordnete ist, twitterte am Freitag: „Pietätlos und falsch – leider trifft beides auf mein Verhalten im Juli im Rahmen der Flutkatastrophe zu. Ich hätte eine private Wochenendreise nach Mallorca, die Wochen vorher gebucht war, in dieser Situation nicht antreten dürfen“, schrieb die Kölnerin. Für ihren Fehler entschuldige sie sich aufrichtig.
Güler gehörte jener Geburtstagsgesellschaft vom 23. Juli bei der Familie Heinen-Esser an, die für die Umweltministerin am Donnerstag zum „Mallorca-Gate“ wurde. NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach und Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner hatten ebenfalls mitgefeiert. Scharrenbach verbreitete am Freitag per Facebook ebenfalls eine Entschuldigung: „Es tut mir sehr, sehr leid.“
Skandal ist mit Rücktritt von Heinen-Esser für Opposition nicht vorbei
Für SPD und Grüne ist der Skandal mit Heinen-Essers Rücktritt und mit den Entschuldigungen der anderen längst nicht vorbei. Die Sozialdemokraten schickten der Staatskanzlei eine Liste mit Fragen, die diese innerhalb einer Woche beantworten soll. Die AfD beantragte am Freitag eine Sondersitzung des Landtags.
Die Opposition interessiert sich vor allem für mögliche Verwicklungen von Ministerpräsident Hendrik Wüst und Heimatministerin Scharrenbach in die „Mallorca-Affäre“. Sie will zum Beispiel wissen, ob und wann Wüst von dem Mallorca-Aufenthalt Heinen-Essers und dem Besuch der anderen Regierungsmitglieder dort wusste.
Vielfliegerstatus
Ursula Heinen-Esser muss sich am 22. April im U-Ausschuss erneut den Abgeordneten stellen. Dabei könnte es auch um ihren Vielfliegerstatus („Senatoren-Karte“) bei der Lufthansa gehen und die Frage, ob sie diesen Status durch dienstliche oder private Reisen erflogen hat. Für die Flüge im Sommer 2021 gab es jedenfalls Rabatt. (mk)
Laut Geschäftsordnung muss ein Regierungsmitglied „Urlaubszeiten, Abwesenheiten von mehr als drei Tagen und Reisen nach Orten außerhalb der Bundesrepublik rechtzeitig vorher“ beim Ministerpräsidenten anzeigen. War dies so, dann hätte die Staatskanzlei schon im Sommer gewusst, dass ein Teil des Kabinetts kurz nach der Flut auf Mallorca war.
Staatskanzlei und Wüst wollen von Mallorca-Aufenthalt nichts gewusst haben
Die Staatskanzlei versicherte am Freitag, dass sie beziehungsweise Wüst erst jetzt „im Zuge der Aufklärung von Heinen-Esser über ihren längeren Aufenthalt von dem Abendessen am in Rede stehenden Wochenende im Juli letzten Jahres erfahren“ habe.
Eine Anzeige von Urlaubszeiten und Abwesenheiten von drei oder weniger als drei Tagen erfolge „entsprechend langjähriger und legislaturübergreifender Praxis“ nicht, so eine Sprecherin. Auslandsreisen müssten nur angezeigt werden, wenn es sich um Dienstreisen handele.
Bei Scharrenbach stellen sich Fragen nach der Urlaubsvertretung: Sie hatte im Sommer zeitweise die Vertretung für Heinen-Esser. Unklar ist, ob dies auch am 23. Juli der Fall war, als beide gemeinsam auf der Insel feierten.