Nach dem Verzicht von Hendrik Wüst auf die Kanzlerkandidatur sind die Chancen von Friedrich Merz groß. Wie aber wird sich Markus Söder verhalten?
Nach Wüst-ErklärungK-Frage entschieden? Söder und Merz kündigen Erklärung an
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst verzichtet auf die Kanzlerkandidatur und stellt sich hinter CDU-Chef Friedrich Merz. Das gab der 49-Jährige am Montag (16. September) bekannt und erntete im Anschluss viele positive Reaktionen aus seiner Partei. Dieses Signal der Geschlossenheit von Wüst, der immer wieder als Alternative zu Merz im Gespräch war, verhindert rund ein Jahr vor der Bundestagswahl innerparteiliche Diskussionen in der CDU. Wie aber wird sich CSU-Chef Markus Söder verhalten? Eine Entscheidung könnte nun doch schneller fallen als bisher geplant.
ZDF-Journalist Mathis Feldhoff wertete die Erklärung Wüsts zunächst einmal als „wichtigen Schritt“ für Merz. Damit habe sich nach Michael Kretschmer in Sachsen und Manuel Hagel in Baden-Württemberg der dritte CDU-Landesverband hinter den CDU-Chef gestellt. Obwohl sich Wüst in der Vergangenheit als moderner Gegenentwurf zum konservativen Merz präsentiert habe, sei dies nun eine „Einsicht in die Frage der Geschlossenheit“, so Feldhoff.
Dem Fahrplan der Union zur Verkündung eines gemeinsamen Kanzlerkandidaten habe Wüst nun „Drive“ verpasst, so Feldhoff. Zwischen der Brandenburg-Wahl am Sonntag (22. September) und dem CSU-Parteitag am 11. Oktober war dies geplant. Es sei jetzt sehr wahrscheinlich, dass es auf Merz hinauslaufe – allerdings sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Es sei wichtig für Markus Söder (CSU), dass dieser Fahrplan eingehalten werde, damit die beiden „auf Augenhöhe miteinander sprechen können“, meinte der ZDF-Journalist.
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Allerdings identifizierte Feldhoff auch „drei Spitzen“ in Wüsts Statement in Richtung Söder. Neben dem Aufruf zu Geschlossenheit erinnerte Wüst an die Situation von 2021 und sagte, „persönliche Interessen“ dürften keine Rolle spielen. Zudem warb Wüst für eine „Allianz der Mitte“ – was für ihn auch die Grünen einschließt. Eine Schwarz-Grüne Koalition, wie sie in NRW nach Ansicht von Wüst erfolgreich arbeitet, lehnt Söder kategorisch ab.
Politikwissenschaftlerin zur K-Frage: Söder wird nicht „klein beigeben“
Die Politologin Ursula Münch analysierte im ZDF, es sei nicht die Art von Söder, auf den Verzicht von Wüst mit einer eigenen Verzichtserklärung zur Kanzlerkandidatur zu reagieren. „Ganz so schnell wird das mit dem klein Beigeben nicht sein“, vermutete Münch. Der Wettbewerb bereite Söder „viel Freude“, so Münch. Zudem wolle die CSU auch den Preis in die Höhe treiben im Hinblick auf eine mögliche unionsgeführte Bundesregierung. Münch brachte sogar einen CSU-Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten ins Spiel.
Markus Söder hat sich bislang nicht zu Hendrik Wüsts Erklärung geäußert, und bis zum Dienstagvormittag sprach nichts dafür, dass er vorzeitig verzichten wird. Im Gegenteil, die Signale aus der CSU waren äußert zurückhaltend. Der CSU-Fraktionschef im bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, sagte der „Bild“-Zeitung, in der Frage der Kanzlerkandidatur gebe es „überhaupt noch keine Entscheidung. So lange nix beschlossen ist, ist auch nichts entschieden“.
Merz und Söder kündigen gemeinsame Erklärung an
In der CSU berief man sich also zunächst auf das mit der Schwesterpartei vereinbarte Verfahren, die K-Frage im Spätsommer zu klären, und zeigte sich irritiert von Wüsts Erklärung. Holetschek sagte demnach bei der CSU-Fraktionsklausur in Kloster Banz: „Man hat eigentlich ein anderes Verfahren vereinbart zwischen den Parteivorsitzenden – und deswegen finde ich das überraschend an der Stelle“. Wüst müsse „selber wissen, was er kommuniziert. Es war ein gutes Verfahren und an dem hätte man festhalten sollen.“
Wie am Dienstagvormittag allerdings bekannt wurde, soll es ein Treffen zwischen Merz und Söder geben. Für den Mittag ist eine gemeinsame Pressekonferenz der beiden Parteichefs in der Bayerischen Vertretung in Berlin geplant. Es könnte nun also doch noch vor der Wahl in Brandenburg entschieden sein, wer der nächste Kanzlerkandidat der Union wird.
Söder liegt in Umfragen deutlich vor Merz
Markus Söder hatte sich zuletzt selber als Kanzlerkandidaten ins Spiel gebracht und Anfang September im ZDF gesagt, er sei bereit, die Ampel-Koalition abzulösen, „da bin ich bereit dazu, ob als Ministerpräsident oder Kanzlerkandidat“. Mit Blick auf Merz sagte Söder, dass dieser es genauso könne. Er selbst „habe nur eben erklärt, dass einer von beiden infrage kommt, das wäre möglicherweise – könnte auch ich sein“, so Söder.
Selbst wenn die Wahrscheinlichkeit für Söder mit der Erklärung von Wüst gesunken ist, so kann sich der CSU-Politiker immer noch auf seine im Vergleich zu Merz besseren Umfragewerte berufen. Laut einer aktuellen Erhebung des Magazins „Stern“ attestieren 63 Prozent der Deutschen dem CSU-Chef Führungsstärke. Merz kommt demnach auf einen Wert von 51 Prozent.
Noch größer war Söders Vorsprung bei der Frage, ob er wisse, was die Menschen bewege. Über den CSU-Politiker sagen das laut „Stern“ immerhin 49 Prozent, über Merz nur 33 Prozent. Den CDU-Chef halten aber 47 Prozent der Befragten für kompetent, damit lag er einen Prozentpunkt vor Söder.
Für die Erhebung befragte das Institut Forsa am 12. und 13. September 1009 Menschen telefonisch. Die statistische Fehlertoleranz wurde mit plus/minus drei Prozentpunkten angegeben. (mit dpa)