Überblick in Wort und BildDas sind die neuen Ministerinnen und Minister in NRW
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Düsseldorf – Altgediente Landespolitiker und frische Gesichter: Das neue Kabinett, das NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Mittwoch vorstellte, bietet einige Überraschungen. Ein Überblick.
Mona Neubaur (44, Grüne)
Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klima und Energie sowie Vize-Ministerpräsidentin
Neubaur leitet ein mächtiges Ressort und ist neben Ministerpräsident Wüst die Architektin des ersten schwarz-grünen Bündnisses in NRW. Parlamentarische Erfahrung hat sie nicht. Ihre Stärke: Sie versteckt sich nicht im stillen Kämmerlein, sondern geht raus zu den Menschen. Übrigens auch zu denen, die nicht grün wählen. An ihrer etwas umständlichen Rhetorik muss sie noch feilen. Ihr größtes Risiko: Klima- und Umweltschutzaktivisten, bisher natürliche Verbündete der Grünen, könnten sich an in diesen Kreisen unpopulären Entscheidungen der Ministerin Neubaur reiben.
Reul ist als „harter Hund“ im Innenministerium Star der CDU-Basis und Hüter des schwarzen Markenkerns. Er darf, obwohl die Grünen mitregieren, an seinem „Null Toleranz“-Kurs festhalten, Reuls Kampf gegen die Clan-Kriminalität geht also weiter. Unter Polizisten genießt Reul einen guten Ruf, obwohl er als Minister wiederholt auch unangenehme Wahrheiten aussprach, zum Beispiel über rechtsextremistische Chats von Polizeibeamten und Fehler im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen Kindesmissbrauch.
Dorothee Feller (56, CDU)
Ministerin für Schule und Bildung
Feller hat laut Ministerpräsident Wüst als Regierungspräsidentin von Münster bewiesen, dass ihr „keine Aufgabe zu groß ist“. Diese Qualitäten wird sie brauchen, denn das Schulressort gilt als „vergiftet“. Ihre Vorgängerinnen Yvonne Gebauer (FDP), Sylvia Löhrmann (Grüne) und Barbara Sommer (CDU) haben unter den Härten dieses Amtes und eigenen Fehlern gelitten. Feller wird es mit mächtigen Verbänden und großen Herausforderungen zu tun haben: Pandemiefolgen, Integration von Flüchtlingskindern, Digitalisierung der Schulen.
Marcus Optendrenk (52, CDU)
Minister für Finanzen
Optendrenk gilt als „Fachmann für solide Finanzen“ mit jahrzehntelanger Erfahrung auf diesem Gebiet. Der altgediente Landtagsabgeordnete war Büroleiter des früheren NRW-Finanzministers Helmut Linssen (CDU), Gruppenleiter in der Haushaltsabteilung dieses Ressorts und Sprecher der Landtagsfraktion für Haushalt und Finanzen. Optendrenk wird darüber wachen müssen, dass der Haushalt auch diese Krisenzeiten aushält. Die Begehrlichkeiten seiner Kabinettskollegen dürften groß sein, der Landesrechnungshof beobachtet kritisch jede Neuverschuldung.
Karl-Josef Laumann (64, CDU)
Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales
Laumann ist das soziale Gewissen der CDU. Das Original aus dem Tecklenburger Land genießt inzwischen Kultstatus in der NRW-Politik. Der Maschinenschlosser mit Hauptschulabschluss fühlt sich auf einem zünftigen Schützenfest zwar wohler als in der hippen Welt der Großstadt-Grünen. Aber Laumanns Erfahrung und Sachkunde werden auch die neuen Regierungspartner schätzen lernen. In der Pandemie stand er als Gesundheitsminister immer im Fokus. Den Stress hat das Schwergewicht verkraftet.
Ina Scharrenbach (45, CDU)
Ministerin für Heimat, Bauen, Kommunales, Gleichstellung und Digitalisierung
Ihr bisheriges Ressort behält praktisch den alten Zuschnitt und wird mit der Digitalisierung noch aufgewertet. Scharrenbach ist als Chefin der Frauen-Union, Nummer zwei der NRW-Liste ihrer Partei und Mitglied des CDU-Bundesvorstandes ein Schwergewicht in der NRW-CDU. Sie gilt als ungewöhnlich fleißig, ehrgeizig und diszipliniert. Hätte sie in der vergangenen Legislatur ein Landtagsmandat gehabt, wäre sie wohl auch in den Kreis der Kandidaten für das Ministerpräsidentenamt aufgerückt. Durch Nähe zu den Grünen ist sie noch nie aufgefallen.
Benjamin Limbach (52, Grüne)
Minister für Justiz
Schon, dass die Grünen das Justizressort für sich beanspruchen, war eine Überraschung. Limbach, bisher Präsident der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl, hatte erst recht keiner auf der Rechnung. Die Personalie könnte sich als Coup erweisen. Beim Grünen-Parteitag in Bielefeld flogen dem Rheinländer die Herzen zu. Für ihn sind Opferschutz und die Resozialisierung von Tätern gleich wichtig. Limbach ist Sohn der früheren Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes, Jutta Limbach (SPD). Er könnte im Kabinett ein Gegengewicht zu Innenminister Reul sein.
Silke Gorißen (50, CDU)
Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Das Ministerium, zwischen 2017 und 2022 auch für Umwelt zuständig, stand zuletzt unter keinem guten Stern. Gleich zwei Ministerinnen, Christina Schulze Föcking und Ursula Heinen-Esser (beide CDU), räumten vorzeitig ihre Plätze. Wüst unterstrich, dass die Verwaltungsmanagerin Gorißen, bisher Landrätin des Kreises Kleve, den ländlichen Raum gut kenne und dort viel Vertrauen genieße. Die wirtschaftlichen Sorgen vieler Landwirte und das neue Thema Ernährungssicherung dürften ihr viel Arbeit bescheren.
Ina Brandes (44, CDU)
Ministerin für Kultur und Wissenschaft
„Eine echte Powerfrau“, sagt Wüst über jene Frau, die im Herbst 2021 für ihn die Leitung des NRW-Verkehrsministeriums übernommen hatte und gleich mit dem Problem der gesperrten Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid konfrontiert wurde. Brandes ist Quereinsteigerin in der Politik und genießt das besondere Vertrauen des Ministerpräsidenten. Die Infrastrukturmanagerin war zwischen 2011 und 2020 Sprecherin der Geschäftsführung des schwedischen Konzerns Sweco Central Europe.
Oliver Krischer (52, Grüne)
Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr
Der in Zülpich geborene bisherige Bundestagsabgeordnete genießt das Vertrauen von Neubaur und passt in die Rolle eines grünen „Brückenbauers“ zwischen Düsseldorf und Berlin. Als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium hatte er zuletzt den direkten Draht zu Robert Habeck. Krischer ist Experte für wichtige Themen dieser Zeit – Wirtschaft, Energie und Umwelt –, würde damit aber zum Teil Neubaur in die Quere kommen.
Josefine Paul (40, Grüne)
Ministerin für Kinder, Jugend und Familie, Gleichstellung, Integration und Flucht
Sie führte bisher mit Verena Schäffer die Grünen-Landtagsfraktion. „Raue Schale, fairer Kern“, kann man über die Politikern, die in Helmstedt aufwuchs, sagen. Sie streitet mit offenem Visier, insbesondere für die Rechte von Frauen, Schwulen, Lesben, Zugewanderten und Opfern von Rassismus. Die Liebe zum Fußball zieht sich durch Pauls Leben. Motto: „Nach dem Abpfiff ist der Gegner kein Gegner mehr.“ Als „kämpferisch, aber nicht unversöhnlich, ungeduldig und zeitweise vielleicht auch mal etwas grummelig“ beschreibt Paul sich selbst. Sie ist mit Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne) liiert.
Nathanael Liminski (36, CDU)
Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Medien sowie Staatskanzlei-Chef
„Allzweckwaffe“ und „Strippenzieher“ sind Vokabeln, mit denen der alte und neue Leiter der Staatskanzlei (diesmal im Ministerrang) oft beschrieben wird. Der zuweilen etwas unorganisierte Ex-Ministerpräsident Armin Laschet wäre ohne die Management-Qualitäten Liminskis wohl aufgeschmissen gewesen. Im Auftreten ist der noch immer junge Politiker höflich und ausgesprochen diplomatisch. Als konservativer Katholik sah er sich wiederholt mit Anfeindungen konfrontiert.